24. März 2018 Dieter Sauer u.a. | Tom Strohschneider

Arbeitsweltliche Zuspitzung – Rechtspopulismus im Betrieb

Die Betriebsratswahlen laufen – noch bis Ende Mai wählen die Beschäf­tig­ten ihre betrieblichen Interessen­vertreter*innen. Diese Wahlen sind ein Indikator für die Stimmung in den Unternehmen und im Land. Weil die rechte Gruppierung »Zentrum Automobil« erstmals in mehreren Betrieben antrat, wurde darüber spekuliert, ob ein Rechtsruck in den Betrieben bevorstehe. Soviel lässt sich bereits sagen: Das ist nicht der Fall.

Insgesamt errang das »Zentrum« bislang in sechs Standorten 19 Betriebsrats-Sitze – von insgesamt etwa 180.000. Im Verhältnis zu den ­Sitzen, die die IG Metall erreichen konnte, ist das eine verschwindende Minderheit, die in der täglichen Arbeit kaum eine Rolle spielen wird.

Dennoch stellt »Zentrum«-Chef Oliver Hilburger das Ergebnis als Erfolg dar. Nicht Durchbruch auf breiterer Front war das Ziel, sondern »Leuchttürme« zu schaffen, Referenzpunkte, die signalisieren, dass man den »Kampf um die Köpfe« auch in der Arbeitswelt aufgenommen hat.

Die meisten Stimmen bekam das »Zentrum« am BMW-Standort in Leipzig (11%) und im Daimler-Werk Untertürkheim (13%), in dem auch Oliver Hilburger kandidierte. Die Ergebnisse entsprechen in etwa dem Prozentsatz, den die rechtspopulistische AfD bei der Bundestagswahl 2017 erreicht hatte (12,6%). In den Daimler-Werken Rastatt und Sindelfingen blieb das »Zentrum« dagegen deutlich im einstelligen Prozentbereich – wie auch bei Porsche in Leipzig und Opel in Rüsselsheim.

Aber auch wenn der Einfluss der rechten Gruppen in den Betriebsräten künftig eher gering sein wird, stehen die Gewerkschaften vor einer Herausforderung. Gewerkschaftsmitgliedschaft und rechtes bis rechtsextremes Gedankengut schließen sich schon lange nicht mehr aus. Bei der Bundestagswahl wählten 15% der Gewerkschaftsmitglieder die AfD – ein höherer Prozentsatz, als die Partei insgesamt erhielt.

Wie kann das sein? »Nicht jeder AfD-Sympathisant ist rechts«, sagt der DGB-Vorsitzende von Baden-Württemberg Martin Kunzmann. Er bezeichnet die Drift nach rechts als »Spiegelbild der Gesellschaft«. Viele Leute hätten Sorgen, die man ernst nehmen müsse. »Drei Millionen Beschäftigte haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag.« Prekäre Beschäftigung sei eine Angriffsfläche. Auch in der reichen Region Stuttgart gebe es »einige Themen mit Sprengstoff« – zum Beispiel Hartz IV und die Wohnungsnot.

Den arbeitsweltlichen Nährboden dieser Herausforderungen zu untersuchen, war eine Intention der Studie »Rechtspopulismus und Gewerkschaften«,[1] deren Ergebnisse Dieter Sauer, Ursula Stöger, Joachim Bischoff, Richard Detje und Bernhard Müller hier in Kurzform vorstellen. Zudem dokumentieren wir in gekürzter Fassung den Bericht von Tom Strohschneider über die Vorstellung der Studie am 15. März 2018 im Salon der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin.

Dieter Sauer und Ursula Stöger arbeiten im Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung München (ISF), Joachim Bischoff, Richard Detje und Bernhard Müller sind unter anderem in der Wissenschaftlichen Vereinigung für Kapitalismusanalyse und Gesellschaftspolitik e.V. (WISSENTransfer) sowie in der Redaktion Sozialismus aktiv. Diese Zusammenfassung erschien zuerst in der März-Ausgabe 2018 von OXI.

[1] Dieter Sauer/Ursula Stöger/Joachim Bischoff/Richard Detje/Bernhard Müller: Rechtspopulismus und Gewerkschaften. Eine arbeitsweltliche Spurensuche, Hamburg 2018; die Studie wurde finanziell unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und transform! Europäisches Netzwerk für alternatives Denken und politischen Dialog.

Tom Strohschneider ist Redakteur von OXI, der hier leicht gekürzte Bericht erschien am 15.3.2018 auf der Website des Projektes: oxiblog.de/rechtspopulismus-betriebe-afd-linkspartei-spd-studie-vsa-verlag-stoeger-bischoff/.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

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