1. März 2008 Karl Georg Zinn

Die legale Kriminalität des Finanzkapitalismus

Von der Vielzahl objektiv betrügerischer Finanztransaktionen werden nur die wenigsten als solche auch klar bezeichnet, selbst wenn längst offenkundig wurde, dass mit fremdem Geld, das durch seriös wirkende Beratung zur Anlage fand, verantwortungslos umgegangen wurde. Die abmildernden Adjektiva "spekulativ" oder "dubios" für einschlägige Finanzgeschäfte erhalten den Vorzug, was nicht zuletzt juristischen Überlegungen geschuldet sein dürfte.

Denn ein Betrugsvorwurf, also die Sache beim richtigen Namen zu nennen, kann heutzutage unangenehme juristische Konsequenzen für diejenigen haben, die ihn erheben, zumal wenn es um kapitalkräftige und politisch einflussreiche Figuren geht, die in die "dubiosen Finanzgeschäfte" involviert sind. Wegen der Fülle derartiger Fälle wäre es auch äußerst abträglich für den ohnehin brüchig werdenden Glauben an die Marktsteuerung und die Selbstheilungskräfte des Marktes, die Dinge mit allzu deutlicher Sprache zu beschreiben.

Die Eskalation der "dubiosen" Finanzpraktiken hat jedoch eine längere Geschichte und ist identisch mit der Geschichte der "Politik der Globalisierung", die bis in die 1970er Jahre zurückreicht. Damals begann der Abbau der Finanzmarkt- und Kapitalverkehrskontrollen, die zum erheblichen Teil bereits in den 1930er Jahren als Reaktion auf den Zusammenbruch der Börsenspekulationen 1929 eingeführt worden waren. Die Lehren aus der Geschichte wurden in den 1970er Jahren wieder einmal in den Wind geschlagen.

Der Siegeszug der neoliberalistischen Marktreligion spielte die ideologische Begleitmusik für die wirtschaftspolitischen "Innovationen", die den Kapitalismus in den westlichen Industrieländern wieder auf vorkeynesianisches Niveau zurückwarfen. Es sind nicht nur die unmittelbaren Profiteure, die die "innovativen Finanzprodukte" hochjubel(t)en, sondern auch politische und amtliche Meinungsführer bekamen glänzende Augen, wenn sie das "effiziente" Marktgeschehen priesen, das das Kapital dem tüchtigsten Investor und der profitabelsten Anlage zuführe.

Ein Krimineller als Namenspatron des modernen Kasinokapitalismus

In den englischsprachigen Ländern gibt es für die "dubiosen" bzw. "spekulativen" Finanzgeschäfte eine Art Gattungsbegriff – "Ponzi scheme" –, der den Bezug zum Kriminellen, zu betrügerischen und/oder durch Veruntreuungen im großen Stil charakterisierten Transaktionen, nicht scheut. Jüngst taucht der Name "Ponzi" gelegentlich auch in deutschen Medien auf, wenn sich Autoren erstaunt zeigen, dass der lange wenig beachtete US-amerikanische Ökonom Hyman Minsky (1919-1996) schon vor Jahrzehnten die (Fast-)Zwangsläufigkeit eines Finanz-Crashs vorhergesagt hatte.

Der Begriff "Ponzi scheme" assoziiert jene Art von Geldgeschäften mit dem Namen des Kriminellen Charles Ponzi (1882-1949), der laut der Internet-Enzyklopädie Wikipedia "einer der größten Schwindler und Betrüger der amerikanischen Geschichte" gewesen sei. Dennoch wurde er – um nochmals "Wikipedia" zu zitieren – öffentlich bei seiner Abschiebung aus den USA nach Italien im Jahr 1934 "als Held betrachtet, und gerade unter den Italienern – sei es in den USA oder Italien – hatte seine Verehrung geradezu mythisches Ausmaß." Für eine Scheckfälschung in Höhe von 423 (vierhundertdreiundzwanzig) US-Dollar, mit der er seine kriminelle Karriere 1907 eröffnet hatte, erhielt er drei Jahre Gefängnis. Nach seiner Entlassung "entdeckte" er die Chancen, mit Schneeball- und Pyramiden-Geschäften reich zu werden.

Die Beträge, mit denen Ponzi jong­lierte, wurden erheblich ansehnlicher, aber sie gingen nicht über dreistellige Millionenzahlen hinaus, blieben also von den heute üblichen Milliardensummen weit entfernt. Also eher ein kleiner, allenfalls mittelgroßer Fisch verglichen mit den Haien. Doch wie bei Letztgenannten beruhte Ponzis (nur zeitweiliger) Erfolg – er starb schließlich völlig verarmt in einem Krankenhaus in Rio de Janeiro – auf dem Zusammentreffen einer mit krimineller Energie gepaarten Beredsamkeit und der Gier von Geldgebern, die von astronomischen Renditeversprechen nicht abgeschreckt, sondern haufenweise angelockt wurden.

Das "Ponzi scheme" hat inzwischen eine wissenschaftlich honorige Begriffskarriere gemacht. Der bereits erwähnte US-amerikanische Nationalökonom Hyman Minsky, der als Keynesianer im weiten Sinn eingeordnet wird, sah die Eigendynamik im Mechanismus der Finanzmarkttransaktionen unvermeidlich im (Quasi-) Kriminellen münden.[1] Für diese Endphase der mehr oder weniger lange ablaufenden Ausweitung verantwortungsloser Finanzmarktgeschäfte führte Minsky die Bezeichnung "Ponzi finance" ein. Theoretischer Ausgangspunkt von Minsky´s Überlegungen war die von Keynes begründete Gegenposition zum klassisch-neoklassischen Glauben an "effiziente Gleichgewichtsmärkte" (efficient market hypothesis).

Der Marktmechanismus, so die Keynesianer, ist gerade nicht effizient und gleichgewichtsgerichtet, sondern wegen der prinzipiell existierenden Unsicherheit (im Unterschied zum wahrscheinlichkeitstheoretisch bestimmten Risiko) können die Märkte gar nicht anders als fortlaufend Ungleichgewichte und immer wieder ineffiziente Ergebnisse hervorbringen. Keynes war zwar nicht der Erstentdecker des Unterschieds zwischen kalkulierbarem/r Risiko/Ungewissheit einerseits und der rein subjektiven, von individuellen Persönlichkeitseigenschaften (animal spirits) abhängigen Unsicherheit andererseits; Fank H. Knight kommt die Ehre zu, die versicherungsmathematisch zu bestimmenden, somit auch versicherbaren Risiken klar von der nicht-versicherbaren Unsicherheit unterschieden zu haben. Doch Keynes gab der Unsicherheit erst den Stellenwert einer gesamtwirtschaftlich relevanten Einflussgröße, die gleich einem Tornado die theoretisch gepflegte Landschaft der Gleichgewichtsgärtner wiederkehrend verwüstet. Auf diese Keynessche Realitätssicht gründete Minsky seine "Hypothese der Finanzmarktinstabilität" (financial instability hypothesis = FIH).[2]

Es lässt sich darüber streiten, ob Hyman eine Theorie im eigentlichen Sinn aufgestellt hat oder "nur" wirtschaftsgeschichtliche Erfahrungen verallgemeinerte und aus der Beobachtung, dass sich Fehlentwicklungen wiederholten, den Schluss zog, dass dies auch künftig wieder der Fall sein werde. Minsky unterscheidet drei Entwicklungsstufen der expansiven Kreditfinanzierung:

1. Absicherungsfinanzierungen (hedge finance), was bei Minsky nichts mit den heute beargwöhnten Hedgefonds zu tun hat: Kredite werden in vollem Umfang bedient, d.h. die Schuldner können Zins und Tilgung vertragsgemäß aufbringen.

2. Spekulationsfinanzierungen (speculative finance): Die Schuldner zahlen zwar pünktlich Zinsen, aber für die Tilgung reichen die Einnahmen nicht mehr, sodass für die Tilgung immer wieder neue Kredite aufgenommen werden. Dieses "Roll over" kommt den Kreditgebern (Banken und andere Finanzinstitutionen) dann durchaus entgegen, wenn sie Probleme haben, liquide Mittel rentierlich für Sachkapitalinvestitionen auszuleihen, wie dies im Verlauf der vergangenen drei Jahrzehnte in steigendem Maße der Fall war.

3. Ponzi-Finanzierungen (Ponzi finance): Die Schuldner nehmen mehr und mehr Kredite auf, nicht nur um die Tilgung zu bedienen, sondern auch um den Zinsverpflichtungen nachzukommen, was logischer Weise nur eine gewisse Zeit lang möglich ist, ehe es dann zu (massenhaften) Insolvenzerklärungen und dem folgenden Zerreißen der Kreditketten kommt.

Vom industriellen Mehrwert zu finanzkapitalistischen Luftbuchungen

Minsky sieht in der langfristigen Entwicklung des Kapitalismus (seit Beginn des 19. Jahrhunderts) – in Anlehnung an Schumpeters Geschichtsverständnis – einen Wandel im Verhältnis der Kreditgeber und Schuldner und synchron dazu eine Veränderung des finanzkapitalistischen Bereichs in Relation zu den produzierenden, nichtfinanziellen Unternehmen. Es ließen sich hierbei folgende Evolutionsphasen unterscheiden:

1. Kommerzieller Kapitalismus (commercial capitalism): Kredite dienen vorrangig der Finanzierung des industriellen Aufbaus oder Wiederaufbaus, fließen also in die Sachkapitalbildung. Renditen basieren ganz überwiegend auf der Wertschöpfung, d.h. der Produktion von Waren. Gewinne haben sozusagen eine reale Entsprechung in Form eines real wachsenden Stroms von Sachgütern und Dienstleistungen.

2. Finanzkapitalismus (financial capitalism): Spekulationsgeschäfte und umfangreiche Börsentransaktionen treten zumindest zeitweilig gegenüber der auf der Produktion bzw. realen Wertschöpfung gründenden Renditesuche in den Vordergrund, womit Börsencrashs die Gesamtwirtschaft erschüttern (so u.a. in der Großen Depression nach 1929).

3. (Sachkapital-) Manager-Kapitalismus (manager capitalism): Aufgrund der staatlichen (antizyklischen) Stabilisierungspolitik und zentralbankpolitischer Liquiditätssicherung bei drohendem Zusammenbruch des Finanzsystems wächst den Managern der nichtfinanziellen Unternehmen (wieder) mehr Unabhängigkeit vom Finanzsektor zu (so etwa während des New Deal von US-Präsident F.D. Roosevelt und in der relativ stabilen Regenerationsphase nach dem Zweiten Weltkrieg).

4. Geld-Manager-Kapitalismus (money manager capitalism): Infolge des rapiden Wachstums von institutionellen Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungen, Investmentfonds und dergleichen, jüngst aber auch der "Heuschrecken" jedweder Art, wurden die Unternehmen des nichtfinanziellen Bereichs sozusagen wieder (etwas) entmachtet und ihre Unternehmenspolitik auf die Vorstellungen jener institutionellen Anleger ausgerichtet. Faktisch entmachtet wurden aber auch die traditionellen "Kleinaktionäre", deren "Gemecker" auf Hauptversammlungen wohl kaum noch ernst genommen wird und denen man eher mit ironischer Aufmerksamkeit als mit aufrichtiger Höflichkeit begegnet. Zu diesem Geld-Manager-Kapitalismus gehört auch das relativ neue Phänomen der Rating-Agenturen, die öffentlichkeitswirksam (meist) gute und (seltener) schlechte Noten für öffentliche und private Kreditnehmer, für Banken und andere Finanzmarktakteure erteilen. Mehr als nur ein Schönheitsfehler ist aber, dass diejenigen, denen Zensuren erteilt werden, die Preisrichter bezahlen, d.h. Rating-Agenturen werden von denen finanziert, deren Kreditwürdigkeit sie evaluieren sollen, und die sind natürlich auf "gute Noten" angewiesen, denn sie wollen an das Geld potenzieller Anleger. Das sind keineswegs alles reiche Leute, wenn auch nicht die ganz Armen. Die Interessenkollision zwischen Prüfer und Prüfling ist also dem Rating-System eingebaut.

Staatsfonds – die wachstumsstarken Neulinge

Wie angemerkt ist Hyman Minsky vor zwölf Jahren verstorben und er konnte allenfalls ahnen, wie die jüngste Entwicklung auf den Finanzmärkten verlaufen würde. Seit Beginn des neuen Jahrtausends zeichnete sich ab, dass völlig neue Akteure im internationalen Finanzgeschäft zu einflussreichen Mitspielern werden – die staatlichen Investitionsfonds bzw. Staatsfonds (sovereign wealth funds) der ölexportierenden Staaten und der asiatischen Aufsteiger. Ganz neu ist dieser Typ von Finanzmarktagent nicht; Norwegen hat schon vor längerer Zeit einen solchen Fonds eingerichtet, dessen Aufgabe die Alterssicherung der Norweger ist. Doch der norwegische Staatsfonds unterscheidet sich von den Neulingen zumindest in zweifacher Hinsicht: Erstens ist Norwegen ein demokratisches Land und das spiegelt sich auch in der Anlagepolitik seines Fonds wider. Der Fonds darf sich zu maximal 5% an Unternehmen beteiligen, und er achtet auch darauf, dass gewisse moralische Standards von diesen Unternehmen eingehalten werden. So gab er beispielsweise im November 2005 seine Beteiligung an Wal-Mart auf, weil diese Einzelhandelskette die gewerkschaftliche Organisation ihrer Beschäftigten diskriminierte und ihr Ausnutzung von Kinderarbeit vorgeworfen wurde. Staatsfonds demokratischer Länder stehen – anders als private Fonds – nicht nur unter stärkerer Beobachtung der Öffentlichkeit, sondern der Staat als Eigner ist in der Regel gehalten, moralisch verwerfliche Praktiken nicht zu dulden bzw. abzustellen.

Die neuen Staatsfonds kommen bisher ausnahmslos aus nicht-demokratischen Ländern. Sie werden sich für ihre Renditesuche der Hedgefonds und der Private Equity gern bedienen und deren Skrupellosigkeit wohl kaum aus moralischen Gründen beargwöhnen. Die vier neuen "Power Brokers", wie sie vom McKinsey Global Institute apostrophiert werden, hatten Ende 2006 ein nach Anlagen suchendes Gesamtvermögen von weit über 8,5 Billionen US-$; im Jahr 2000 lag die Summe erst bei ca. 3,2 Billionen US-$.[3] Die staatlichen Investitionsfonds, so die Befürchtung, werden ihre wirtschaftliche Macht auch politisch nutzen. Das erstaunt und verschreckt zwar nur Leute mit und ohne akademischem Hintergrund, die meinen, Politik und Wirtschaft seien verschiedene Bereiche – sozusagen zwei Monaden –, aber was sich als neu herausstellen könnte, ist die veränderte Machtrelation: Statt dass die kapitalistische Wirtschaft die Politik gängelt, nutzt die Politik die wirtschaftliche Macht, um ihre Zielvorstellungen auf internationaler Ebene besser durchzusetzen. Jedenfalls wird die neue "Viererbande" – Ölexporteure, asiatische Staatsfonds, Hedgefonds und Private Equity – in den nächsten Jahren ihre globale Finanzmachtstellung noch erhebliche ausbauen.[4] Für die neoliberalistische Fraktion werfen die Staatsfonds ein Dilemma auf. Einerseits ist aus ihrer Sicht privat gut und staatlich böse und diese Perspektive dürfte bei den jüngsten Abwehrdiskussionen, die in Berlin, Brüssel und anderswo gegen die Staatsfonds geführt werden, nicht unwichtig sein. Andererseits erscheint jedoch die protektionistische Staatsintervention gegen den "freien Kapitalverkehr" ebenfalls als Übel und es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass es äußerst schwierig sein dürfte, zwischen "guten" Staatsfonds (das Beispiel Norwegen steht dafür) und "schlechten" zu differenzieren.[5]

Die Staatsfonds könnten jedoch auch als stabilisierendes Element auf den Kapitalmärkten fungieren. Denn sie haben den Vorteil, nicht von irgendwelchen Kapitalgebern abhängig zu sein, die auf kurzfristige Renditeerfolge drängen; sie können also in aller Ruhe strategisch handeln und sind in der Lage, auch Durststrecken, wenn etwa die Börsenkurse abrutschen, ohne Verkaufsdruck durchzustehen. Zudem werden auch nicht-demokratische Regierungen auf ihr internationales Ansehen achten und sich somit nicht aus reiner Rendite-Gier Vorwürfen aussetzen, massiv sozialethische Normen zu verletzen. Es wird der internationalen Gemeinschaft jedenfalls gegenüber Staatsfonds weit eher als gegenüber Privatkapitalisten gelingen, moralische Ansprüche geltend zu machen und auf eventuelle Gegensätze zwischen öffentlichen Bekenntnissen einer Regierung und ihrer Fondspolitik mahnend hinzuweisen. Insgesamt betrachtet gibt es kein überzeugendes Argument dafür, dass die Weltwirtschaft und insbesondere die internationalen Finanzmärkte mit den staatlichen Akteuren schlechter bedient wären als mit den privatkapitalistischen.

Krokodilstränen löschen keinen Großbrand

Kürzlich trafen sich die Finanzminister und Notenbanker der G7, und man/frau war sich einig, dass an den Finanzmärkten Ärgerliches geschieht, dass mehr "Transparenz" geboten sei und dass selbstverständlich gehandelt werden müsse. Doch die eigentliche Botschaft lief darauf hinaus, Entwarnung zu geben. Nur keine Panik; in der Tat bewahrte sie ja auch nicht vor dem Untergang der Titanic. Es ist zu vermuten, dass kaum jemand, der am G7-Gipfel teilnahm, mit dem Namen Hyman Minsky und jenen aktuellen Schlagworten "Minsky-Effekt", "Minsky-Moment" und dergleichen allzu viel zu verbinden wusste. Jedenfalls wiederholt sich eben immer wieder die Kassandra-Misere. Das aufziehende Gewitter am US-amerikanischen Hypothekenmarkt war von interessierten und informierten Wirtschaftsmeteorologen schon erkannt worden, ehe es mit voller Stärke losbrach.[6]

Die Ignoranz der politischen, insbesondere der wirtschaftspolitisch verantwortlichen Machtprominenz gegenüber den keynesianisch fundierten Langfristprognosen über das Ende der vermeintlich "ewigen" Wachstumsprosperität und die Notwendigkeit eines Wechsels zur Wohlstandsprosperität (eine Frage der sozial vernünftigen Verteilung und der Arbeitszeitpolitik) ist schon mindestens eine Generation alt – datiert also zurück in die 1970er Jahre. Das Kassandra-Schicksal widerfuhr auch Hyman Minsky´s Prognose(n), und trotz der von der virulenten Krise katalysierten "Entdeckung" jenes weitsichtigen Autors durch einige Medien wird das Wegschauen, Abwiegeln und Ableugnen noch fortgesetzt werden. Die Erwartung des Minsky-Experten Charles Whalen auf eine späte, aber doch politikwirksame Anerkennung des Propheten der Finanzmarktkrise(n) Hyman Minsky dürfte verfrüht sein.[7] Minsky selbst war eben ein realistischer Skeptiker.

Karl Georg Zinn ist emeritierter Hochschullehrer der Volkswirtschaftslehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule, Aachen.
<br/>[1] Zum Überblick vgl. Charles Whalen, Understanding the Credit Crunch as a Minsky Moment, in: Challenge, vol. 51, no 1 (Jan./Feb. 2008), S. 91-109.
[2] Hyman Minsky, Can "It" Happen Again? Essays on Instability and Finance, Armonk, NY 1982; derselbe, The Financial Instability Hypothesis. Levy Economics Institute Working Paper 74, Bard College, Annandale-on-Hudson, NY 1992; derselbe, Uncertainty and the Institutional Structure of Capitalist Economies, in: Journal of Economic Issues, vol. 30, no 2, (Juni 1996), S. 357-368.
[3] Angaben nach: Diana Farrell/Susan Lund, The New Power Brokers. The big four who run the new global economy, in: The International Economy, Winter 2008, S. 38-42.
[4] Vgl. Farrell/Lund, The New Power Brokers, a.a.O.; Stefan Schönberg, Sovereign Wealth Alarm. Will the bi sovereign wealth fund surge lead to European protectionism?, in: The International Economy, Winter 2008, S. 56-59, 81.
[5] Vgl. Schönberg, Sovereign Wealth Alarm, a.a.O.
[6] Vgl. u.a. die Hinweise bei Whalen, Understanding the Credit Crunch, a.a.O., S. 91ff.
[7] "Having worked with him … I know Minsky would not have been surprised at all by the 2007 credit crunch and its impact on the U.S. employment report. While the reaction of the main-stream economists was 'I´m shocked', Minsky would likely have just nodded, and the twinkle in his eyes would have gently said. 'I told you so.'" Siehe ebenda, S. 105.

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