23. Februar 2018 Friedrich Steinfeld: Zu den außen- und sicherheitspolitischen Vorstellungen der SPD

Die Zukunft der Welt gestalten, statt erdulden

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz debattierten Experten und Politiker – darunter 20 Staats- und Regierungschefs sowie etliche Minister – den Ist-Zustand der globalen Konflikt- und Krisensituation und suchten nach neuen außen- und sicherheitspolitischen Problemlösungen.

Bereits im Vorfeld hatte der Chef der Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, eindringlich vor neuen Kriegen gewarnt: »Wir haben noch nie seit dem Ende der Sowjetunion eine so hohe Gefahr auch einer militärischen Konfrontation von Großmächten gehabt.«

Der mit der Implosion der Sowjetunion sichtbar gewordene Zerfallsprozess der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen globalen Ordnungsstruktur ist weit vorangeschritten. Auch der NATO-Partner USA ist nach Trumps Wahlerfolg in den USA mit der Leitparole »America first« für die EU und ihre Mitgliedstaaten kein verlässlicher Partner mehr. Berechenbarkeit und Verlässlichkeit seien derzeit »die knappsten Güter« auf der Welt, sagte Sigmar Gabriel, noch geschäftsführender SPD-Außenminister, auf der Konferenz. Umso mehr müssten die EU-Mitgliedstaaten in die Zukunft der Gemeinschaft investieren, um nicht in die Bedeutungslosigkeit abzugleiten.[1] In den vergangenen Jahren sei es »zu massiven Verschiebungen in unserer Weltordnung mit unabsehbaren Konsequenzen« gekommen. Er werbe bei den EU-Partnern dafür, »dass wir unsere Zukunft gestalten und nicht erdulden«.

Im Rahmen einer Politik der Stärkung Europas ist angesichts der globalen Herausforderungen auch eine Neuaufstellung der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik unabdingbar. Was heißt dies konkret?

Da die Entwicklung eines geeinten Europas vor allem den Ausbau der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten fördern sollte, war Europa bisher nicht die Rolle eines globalen Akteurs zugedacht. Die Verpflichtung auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Mitgliedstaaten stand nicht im Vordergrund. Europa segelte bisher meistens im Windschatten von USA und NATO. Dieses außenpolitische Rollenverständnis Europas ist nun massiv infrage gestellt.

Friedrich Steinfeld ist Diplom-Psychologe. Von ihm erschien 2016 im VSA: Verlag das Buch Religiöser und politischer Fundamentalismus im Aufwind. Die Sehnsucht nach Identität.

[1] Zur zentralen Bedeutung Europas Joachim Bischoff/Bernhard Müller/Björn Radke, Koalitionsvertrag – Aufbruch oder Signal des Scheiterns?, Sozialismus.de Aktuell, 9.2.2018.

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