1. April 2008 Redaktion Sozialismus

Neue Programmatik oder Globalisierungs-Ideologie?

Der Ypsilanti-Effekt, die Mobilisierung der Parteiorganisation und die Rückeroberung eines Teils der in vorangegangenen Landtagswahlen abgedrifteten WählerInnen, hat in der Sozialdemokratie nicht lange vorgehalten. Das demoskopische Ansehen des Parteivorsitzenden Kurt Beck ist geradezu kollabiert und die SPD ist in Meinungsumfragen weit unter die 30%-Marke gedrückt worden.

Die interne Zerrissenheit der Sozialdemokratie tritt in Hessen besonders krass zutage: Während eine klare Mehrheit der Parteimitglieder weiterhin zu ihrer Spitzen- und Ministerpräsidentenkandidatin hält, wollen starke Kräfte in der Landtagsfraktion dem Kurs, Koch auch mit den Stimmen der LINKEN abzuwählen, nicht folgen. Für den bekennenden SPD-Fan und Kabarettisten Dieter Hildebrandt ist die hessische SPD ein Sauhaufen. Letztlich habe auch sie den Karren – vor den man sich früher einmal habe spannen lassen – tiefer in den Dreck gefahren.

Aber auch außerhalb von Hessen liefert die SPD ein Bild der Zerrissenheit: Einerseits engagiert sie sich für eine Politik des Mindestlohns und der Armutsbekämpfung; andererseits propagiert sie eine strikte Haushaltskonsolidierung und eine weitere Senkung der Sozialabgaben, damit Arbeit preiswerter wird und die Beschäftigten mehr von ihrem Bruttolohn behalten. Dieser Kampf zweier Linien drückt sich nicht zuletzt in unterschiedlichen Präferenzen für mögliche Koalitions- und Bündnispartner aus. Während sich der rechte Flügel der Sozialdemokratie eine gemeinsame Regierungsarbeit mit der neoliberalen FDP vorstellen kann, will die SPD-Linke tendenziell gemeinsame Sache mit der Partei DIE LINKE machen.

Wie soll eine Partei mit der LINKEN umgehen, die zum einen zur Kenntnis nehmen muss, dass der Demos – nicht einige Strategen – das Parteiensystem in Deutschland erweitert hat, die zum anderen aber am Selbstverständnis einer "Volkspartei" festhält, die links von sich keinen eigenständigen politischen Ausdruck zulässt?

Die SPD-Linken Detlev Albers, Ralf Stegner, Johanno Strasser und Wolfgang Thierse plädieren für eine Zusammenarbeit mit der LINKEN – mit dem Ziel, die­se überflüssig zu machen. Für sie lautet die Kernfrage: "Leitet sich politische Glaubwürdigkeit eher aus programmatischen Festlegungen ab (etwa für eine zukunftsgewandte Bildungspolitik, die jeder und jedem gleiche Chancen einräumt, eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die faire Löhne für gute Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe sichert, oder eine nachhaltige Umwelt-, Energie- und Klimapolitik), oder bleibt es bei der formalen Festlegung beziehungsweise dem Ausschluss möglicher Koalitionsoptionen vor und nach Wahlen? ... Sozialer Fortschritt in Deutschland hängt wesentlich davon ab, dass es auch künftig zum gemeinsamen politischen Handeln der progressiven Kräfte in einer großen linken Volkspartei kommt. Dies kann nach unserer Überzeugung nur die SPD sein. Die Zersplitterung in Radikale und Gemäßigte hat dagegen die Sache der Linken immer wieder geschwächt und zurückgeworfen." (Süddeutsche Zeitung vom 10.3.2008)

Der Vorwurf der politischen Spaltung ist hart. Insbesondere in einem Land, in dem die Spaltung der Arbeiterbewegung zur erschütterndsten Tragödie der Neuzeit geführt hat. Aber gerade deshalb sollten Albers & Co. nicht geschichtsvergessen argumentieren. Die Entstehung der LINKEN ist nicht zu verstehen ohne den tiefen, äußerst komplexen, weil dreifachen Strukturbruch in der Entwicklung des Kapitalismus nach dem Ende seines viel gerühmten "goldenen Zeitalters": erstens dem Erschöpfen der Potenziale der fordistischen Betriebsweise, zweitens einer nicht mehr beschleunigten, sondern von dauerhafter Massenarbeitslosigkeit begleiteten Akkumulation in den hochentwickelten Sektoren des Realkapitals, und drittens der Herausbildung eines äußerst instabilen, immense Reichtümer bewegenden, aber im Krisenfall auch schnell entwertenden Finanzmarktkapitalismus. Das politische Scheitern bestand und besteht darin, dass die deutsche Sozialdemokratie an keinem dieser Knotenpunkte eine Strategie der Ausweitung und Demokratisierung gesellschaftlicher Regulation verfolgt hat.

Umgekehrt: Ihr Substanzverlust an politischer Interventionsfähigkeit mündete schließlich in der deutschen Variante des "Dritten Weges", die aktiv die Abwicklung des Rheinischen Kapitalismus betrieben hat. Strukturveränderungen und eindeutige Positionswechsel der Sozialdemokratie haben schließlich einen eigenständigen Weg der sozialistischen Linken gleichermaßen erzwungen und möglich gemacht.

Eines der Probleme der SPD-Linken besteht darin, einerseits ein neues sozialdemokratisches Profil entwickeln zu müssen, das nach einem Vierteljahrhundert sozio-ökonomischer Fehlentwicklungen in erheblichem Maße Projekte der Umgestaltung und Transformation beinhalten muss, andererseits jedoch immer in einen sozialdemokratischen Mehrheitskonsens eingebunden zu sein, der zweifelsohne immer wieder Raum für Programmdebatten zur Verfügung gestellt hat, nicht jedoch Organisationsfelder für einen Politikwechsel. Deshalb war der Wind aus Hessen durchaus erfrischend: eine klare Positionierung gegen den Neoliberalismus in den eigenen Reihen: "Dieser Neoliberalismus, dem für ein paar kurze Jahre nicht nur Politiker der ›Mitte‹ aufgesessen sind, ist ... offenkundig nicht nur sozial und ökologisch, er ist auch wirtschaftlich gescheitert ... Bis weit in die Mittelschichten wächst die Sehnsucht nach einer neuen, zeitgemäßen Existenz- und Zukunftssicherheit. Es ist töricht, diese Stimmungen als rückwärtsgewandt, unaufgeklärt oder naiv-nostalgisch abzutun." (ZEIT, 5.3.2008) Nur: Andrea Ypsilantis "Projekt Soziale Moderne" bietet selbst noch keine Antworten auf die Strukturbrüche und Strukturveränderungen der "kapitalistischen Moderne". Auch deshalb schlägt immer wieder die Stunde der SPD-Rechten.

Trotz massiver gesellschaftlicher Kritik nach fünf Jahren Agenda 2010 wähnt sich die SPD-Rechte keineswegs in der Defensive. Auch wenn sie auf dem Hamburger Parteitag ein wenig zurücktreten musste, wissen Seeheimer, Netzwerker und Schröder-Fans doch ihre Machtpositionen in der Regierung und im Parteiapparat zu nutzen. Hinter der vordergründigen Frage "Wie hälst Du es mit der LINKEN?" schreitet sie in der innerparteilichen Auseinandersetzung zur positionellen Gegenoffensive.

In der Debatte über den Kurs der SPD fordert der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises, Klaas Hübner, das Ziel der Vollbeschäftigung zum Wahlkampfthema 2009 zu machen. "Die SPD muss wieder die Partei des sozialen Aufstiegs werden und sich auch so klar von der Linkspartei unterscheiden, die mit ihrer Alimentierungspolitik die Arbeitslosigkeit zementiert." (SZ, 22./23.3.2008) Hübner, der stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist, plädierte für eine Fortsetzung der Agenda-Politik von Altkanzler Schröder, um möglichst schon 2015 Vollbeschäftigung zu erreichen. "Die Agenda 2010 hat mit zum Abbau der Arbeitslosigkeit beigetragen. Das Motto hieß und heißt Fordern und Fördern. Wir haben von den Menschen viel gefordert und sollten das weiter tun, denn der Weg ist erfolgreich; gerade ältere und sehr junge Arbeitslose haben wieder Jobs gefunden. Wir müssen aber auch fördern". Für diesen Kurs machen sich auch Außenminister Steinmeier, Finanzminister Steinbrück und der offenkundig hinter den Kulissen höchst aktive frühere Vorsitzende Müntefering stark.

Vorkämpfer für diese programmatische Ausrichtung ist der so genannte elder statesman Klaus von Dohnanyi, der sich keiner taktischen Rücksichtnahmen mehr befleißigen muss: "Es wird Zeit für eine deutliche inhaltliche Auseinandersetzung der SPD mit den Linken. Dafür muss die SPD-Führung zunächst die Härte für eine klare innere Kursbestimmung finden. In zentralen Fragen darf es keine faulen Kompromisse mit der Parteilinken geben" (SZ, 11.3.2008).

Der politische Diskurs der Parteirechten bündelt sich in einigen wenigen Formeln:

1. "Die Globalisierung ist ein irreversibler Prozess." (Peer Steinbrück, NG/FH 3-2008) Da mit der Globalisierung das Ende nationaler Wirtschaftssteuerung eingeleitet sei, müsse – so wird gefolgert – Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik grundsätzlich eine wettbewerbsorientierte Ausrichtung haben. "Um den Standort zu sichern, wird deutsche Politik künftig immer mehr Rücksicht auf die Wettbewerbslage der Unternehmen nehmen müssen. Gerechtigkeit ist wichtig – aber ohne Arbeitsplätze gibt es sie nicht. Hier liegt der Kern des Streites der SPD-Linken mit Peer Steinbrück." (Dohnanyi)

2. Ebenso irreversibel wie die Globalisierung sei die davon ausgehende Veränderung der sozialen Kräfteverhältnisse. "Niemand kann bestreiten, dass neue Konkurrenz aus einer aufstrebenden Welt die reichen Industriestaaten unter wachsenden Wettbewerbsdruck setzt. Mit niedrigen Kosten und Löhnen, von Polen bis China. Das und nicht etwa geizige Unternehmer, Manager oder öffentliche Dienstherren, verursacht den Lohndruck auf die deutschen Arbeitnehmer, die Angst vor Jobverlusten haben." (Dohnanyi) Teile der SPD und die Mehrheit der Gewerkschaften hätten sich stets geweigert, diese neue Realität anzuerkennen; daher die massiven Auseinandersetzungen um die Agenda 2010.

3. Soziale Gerechtigkeit muss als Chancengerechtigkeit in einer Leistungsgesellschaft verstanden werden. "Wir alle wissen, unsere auf Wettbewerb beruhende Wirtschaftsordnung führt zu Ungleichheiten. Das ist prinzipiell in Ordnung, solange diese Ungleichheiten auf Leistung beruhen und alle eine echte Chance bekommen." (Steinbrück) Mehr noch: Ungleichheit ist der Stachel, der zu Leistung motiviert und wirtschaftlichen Erfolg generiert. "Bleiben ... die Differenzen zu gering, verzichten wir auf Wachstum." (ebd.) Dementsprechend müsse der Sozialstaat zu einem aktivierenden Wettbewerbsstaat umgebaut werden.

4. Die zentralen sozialen Zukunftsaufgaben ergeben sich aus der demografischen Entwicklung: Generationengerechtigkeit und Alterssicherung. Beides sei im Zeitalter der Globalisierung nur mit privater Vorsorge sicherzustellen. Dadurch und durch die hierzulande bisher nur schleppende Entwicklung einer "Aktienkultur" erhalten Finanzmärkte eine wachsende Bedeutung für den "Standort Deutschland" (ebd.).

Das Selbstverständnis und politische Selbstbewusstsein der Protagonisten des fortgesetzten Agenda-Kurses in der SPD besteht darin, eine Politik auf der – noch einmal: "irreversiblen" – Grundlage eines globalisierten Finanzmarktkapitalismus zu formulieren. Nicht die Entfesselung des Kapitalismus und seine Transformation in eine Logik der bloßen Vermögensbesitzer sind für niedrige Löhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Armutsrenten und gesellschaftliche Ausgrenzung verantwortlich, sondern das veränderte weltweite Kräfteverhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital.

In immer neuen Wellen wurden von den Lohnabhängigen und subalternen sozialen Schichten Abstriche am gesellschaftlichen Reichtum gefordert. Doch damit erweisen sich Seeheimer, Netzwerker oder schlicht Schröder-Fans als das, was sie immer der Linken vorhalten: nicht realitätstauglich, sondern hochgradig neoliberal.

Zum Kapitalismus gehörten stets massive Lohn- und Einkommensunterschiede zwischen den Metropolen und der Peripherie. Die Aneignung von Rohstoffen und billiger Arbeitskraft durch die reichen Metropolen ist Bestandteil der Grundkonstellation der kapitalistischen Gesellschaftsformation. In dem Globalkapitalismus des 20. Jahrhunderts vor der Weltwirtschaftskrise, der Politik des New Deals sowie der sozialstaatlichen Zügelung und Regulation prägten sowohl die imperialistische Aneignung als auch die ungleiche Reichtums- und Machtverteilung in den Hauptländern das Alltagsbild.

Die große Krise des Systems in der Zwischenkriegszeit eröffnete dann veränderte Kräfteverhältnisse und eine andere Wirklichkeitsdeutung: Die Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums könnte ohne Krisen, ohne imperialistische Abhängigkeitsverhältnisse und ohne Kriege erfolgen, wenn dem Konkurrenzkampf und seinen ideellen Wasserträgern ein Ende bereitet wird. Um es mit einem Vertreter dieser neuen Weltsicht zu sagen: "Wenn aber die Nationen lernen können, sich durch ihre In­lands­politik Vollbeschäftigung zu verschaffen ..., braucht es keine wichtigen wirtschaftlichen Kräfte mehr zu geben, die bestimmt sind, das Interesse eines Landes demjenigen seiner Nachbarn entgegenzusetzen ... Internationaler Handel würde aufhören, das zu sein, was er ist, nämlich ein verzweifeltes Mittel, um die Beschäftigung im Inland durch das Aufzwingen von Verkäufen in fremden Märkten und die Einschränkung von Käufen aufrechtzuerhalten, der, wenn er erfolgreich ist, lediglich das Problem der Arbeitslosigkeit auf den Nachbarn schiebt, der im Kampf unterliegt." (J.M. Keynes, Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, 24. Kap., S. 322)

Nachdem die große Weltwirtschaftskrise vorüber war und die Blütezeit des sozial regulierten Kapitalismus sich mehr und mehr in massive Verteilungskämpfe auflöste, wandten sich die Parteien und Ideologen des bürgerlichen Lagers wieder dem alten Konkurrenzdenken zu. Durch diesen Rückfall in Konkurrenzkämpfe und massive Verteilungsunterschiede entsteht aber keine neue Qualität der gesellschaftlichen Entwicklung.

Diese muss und kann in einer entwickelten, reifen Ökonomie durch politische Willensbildung und soziale Bestrebungen für eine Zivilisierung des Kapitalismus geschaffen werden. Selbst der Wirtschaftsjournalist Nikolaus Piper, der noch vor kurzem diesen neoliberalen Rückfall publizistisch sekundiert hat, sieht angesichts der gegenwärtigen Finanz- und Immobilienmarktkrise die New-Deal-Rezepte eines Roosevelt "wieder salonfähig" (SZ, 9.3.2008).

Die Agenda-Rechte und andere, die "das unglaublich kurze Gedächtnis der Wirtschaftstheoretiker und -praktiker" (Hobsbawm) über die Lehren aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts teilen, haben auf ihre Weise Recht: Die LINKE will gewinnorientiertes unternehmerisches Handeln gesellschaftspolitischen Schranken und Regeln unterwerfen, weil die Entfesselung im Finanzmarktkapitalismus zur Zerstörung der Lebensgrundlagen und zu Krieg führt. Sie agiert und argumentiert also keineswegs rückwärtsgewandt, sondern versucht, in Anknüpfung an die positiven Erfahrungen mit einem gefesselten Kapitalismus, die immer bedrohlicheren Zustände des Raubtierkapitalismus zu beenden.

Aus dem gewerkschaftlichen Umfeld der SPD hat der Hamburger ver.di-Vorsitzende Wolfgang Rose in die Debatte eingegriffen ("Wir sollten die Linke behandeln wie alle anderen Parteien auch", in: Hamburger Abendblatt vom 15.3.2008). In einer öffentlichen Replik auf die Position von Klaus von Dohnanyi unterstützt er dessen Forderung nach inhaltlicher Auseinandersetzung mit der LINKEN. Aber der These eines "Linksrucks" der SPD stellt er entgegen: "Wem die Chance auf Aufstieg und Selbstverwirklichung genommen wird, verliert auch Freiheit. Sie wird so zunehmend zu einem Privileg der Reichen und Mächtigen. Dieser gesellschaftliche Trend wird von immer mehr Menschen als ungerecht empfunden und abgelehnt. Das ist der eigentliche ›Linksruck‹ in Deutschland, nicht die bisher noch zaghaften Kurskorrekturen der SPD oder der Berliner Regierungskoalition."

Zu Recht weist er darauf hin, dass das Beharren auf der These der notwendigen "Anpassung an die vermeintlichen Zwänge der Globalisierung" die "Erfahrungen und Brüche der letzten zehn Jahre kaum zur Kenntnis nimmt." Die Schröder-Agenda ist gescheitert. "Steuer- und Lohnsenkungen, Kürzungen bei öffentlichen Investitionen und bei den Sozialleistungen, Privatisierungen, Deregulierungen, Rückzug des Staates und Aufweichungen beim Kündigungsschutz – alles das, was angeblich so zwingend und alternativlos ist, um Arbeit und Wohlstand in Zeiten der globalen Konkurrenz erhalten zu können, war erfolglos."

Er ist der Auffassung, dass in der Umsetzung des "Hamburger Programms" der Ausweg der SPD liegt. Denn: "Die Politik, die dort formuliert ist, kann man durchaus links nennen. Aber eben links in einer Weise, wie sie den Erfahrungen und Erwartungen der breiten Mehrheit der Bevölkerung, der gesellschaftlichen ›Mitte‹ gerecht wird. Das Bemerkenswerte des Linksrucks in Deutschland ist ja, dass die gesellschaftliche Mitte nach links rückt, viel mehr als die Parteien."

Während ein Gerhard Schröder in der gegenwärtigen Debatte behauptet, die SPD sei "die Partei des aufgeklärten Bürgertums" und sie lasse sich nicht durch den angeblichen Linksruck aus dem bürgerlichen Lager "ausgrenzen", der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck schon laut über einen Kanzlerkandidaten Steinmeier nachdenkt, Franz Müntefering von seinem Parlamentssitz aus mit Argusaugen auf die Einhaltung des Agenda-Kurses achtet, plädiert Wolfgang Rose für einen "scharfen, aber konstruktiven Wettbewerb der Ideen und Konzepte (Anm.: mit der LINKEN), in den auch die manchmal irrlichternden Grünen einzubeziehen sind: Wer hat die besten Lösungen für die Praxis? Wo bleiben Differenzen, wo entwickeln sich Übereinstimmungen?"

Für Rose ist eine gerechte Verteilung "Voraussetzung einer erfolgreichen Wirtschaft, jedenfalls in einer entwickelten Industriegesellschaft. Gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung sind Voraussetzungen für Qualität und Produktivität, mindestens auf Dauer." Wie dies angesichts einer sich immer deutlicher abzeichnenden veritablen Krise der Finanzmärkte und der beginnenden Abschwächung der Konjunktur in praktisches Handeln umgesetzt werden soll, lässt Wolfgang Rose offen.

Derzeit bildet die SPD das Bild innerer Zerrissenheit und Spaltung. Die innere Spaltung der SPD blockiert die durchaus möglichen Ansätze einer Kooperation und gesellschaftspolitischen Bündnispolitik nicht nur mit der politischen Linken, sondern auch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen (Gewerkschaften, Sozialverbänden, globalisierungskritischen Organisationen etc.). Mit einem einfachen Schröderschen Basta ist der strukturelle Riss in der Sozialdemokratie nicht zu beheben.

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