26. Oktober 2017 Björn Allmendinger: Hintergründe und aktuelle Herausforderungen

Rechtspopulisten in Betrieb und Gesellschaft

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Die »Alternative für Deutschland« (AfD) zog nach der Bundestagswahl im September 2017 als drittstärkste Kraft mit einem Stimmenergebnis von 12,6% in den Deutschen Bundestag ein. Da ihr auch der Einzug in den niedersächsischen Landtag im Oktober 2017 gelang (obgleich mit einem deutlichen geringeren Anteil von 6,2%), ist die Partei mittlerweile in 14 Landesparlamenten vertreten, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt sogar als zweitstärkste Kraft hinter der SPD bzw. CDU.

Erstmals konnte sich nun auch in Deutschland eine rechtspopulistische Partei im parlamentarischen System verfestigen und die bisherige Parteienlandschaft nachhaltig verändern. Gerade deshalb ist es umso dringlicher, sich mit den Hintergründen und Merkmalen ihrer Erfolge auseinanderzusetzen und Wege aufzuzeigen, wie vor allem im betrieblichen Kontext Gegenstrategien entwickelt werden können.

Wahlerfolge und Wählerpotenziale

Mit großer Erleichterung nahmen die Parteien des Deutschen Bundestages im Mai 2017 die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahlen auf: Die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Front National hatte gerade einmal 33,9% der Stimmen erhalten und war damit am Ende doch recht klar dem politischen »Newcomer« und parteilosen, wirtschaftsliberalen Pro-Europäer Emmanuel Macron unterlegen. Dennoch sollte hier die Tragweite und Bedeutung der Wahlen für den Rechtspopulismus in Frankreich und Europa nicht unterschätzt werden. Immerhin erzielte Marine Le Pen mit mehr als 11,5 Millionen Stimmen ein Rekordergebnis für den Front National – niemals zuvor entschieden sich so viele Franzosen für einen rechtspopulistischen Präsidentschaftskandidaten. Zudem erlangte der Front National vor allem in den Wählergruppen der Arbeiter und Arbeitslosen geradezu Spitzenwerte: So stimmten 56% der Industriearbeiter und immerhin 47% der Arbeitslosen für Marine Le Pen (vgl. etwa Stahnke et al. 2017 oder Schmid 2017).

Auch bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden konnte Geert Wilders im März 2017 mit seiner rechtspopulistischen »Partei für die Freiheit« (PVV) seine Stimmenanteile vergrößern. Zwar interpretierten viele Beobachter und Kommentatoren das Wahlergebnis angesichts der hohen Erwartungen im Vorfeld – immerhin waren zahlreiche Analysten zuvor davon ausgegangen, dass die Rechtspopulisten sogar stärks­te Partei werden könnten – und der selbstgesteckten Ziele der Rechtspopulisten als Niederlage, de facto gewann die PVV aber fünf Parlamentssitze hinzu und wurde damit hinter der rechtsliberalen »Volkspartei für Freiheit und Demokratie« (VVD) zweitstärkste Kraft in den Niederlanden. Punkten konnte Wilders vor allem mit sozialpolitischen Themen: So forderte er im Wahlkampf bspw. mehr Geld für die Pflege oder ein festes Renteneintrittsalter mit 65 Jahren. Um Projekte wie diese finanzieren zu können, gab er an, »die Ausgaben für Entwicklungshilfe, Kunst, den Rundfunk und Innnovation« (Diemand/Kohrs 2017) nach Regierungsübernahme gänzlich streichen zu wollen. Noch vor wenigen Jahren machte Wilders mit eher wirtschaftsliberalen Forderungen von sich Reden und propagierte Bürokratieabbau, Kürzungen von Sozialausgaben und Steuererleichterungen für den Mittelstand. Dieser sicherlich nur bedingt glaubhafte programmatische Schwenk war mit Blick auf die letzten Wahlen aber durchaus erfolgreich – speziell mit Blick auf die Wählergruppe der Arbeiter.

Björn Allmendinger ist Studienleiter im Bildungszentrum HVHS Hustedt e.V. Dieser Artikel stützt sich auf den Beitrag des Autors »Hetzer entlarven – Demagogen entzaubern« in dem von ihm gemeinsam mit Joachim Fährmann (IG Metall Wolfsburg) und Klaudia Tietze (Verein »Mach meinen Kumpel nicht an!«) herausgegebenen Buch »Von Biedermännern und Brandstiftern. Rechtspopulismus in Betrieb und Gesellschaft«, das Anfang November im VSA: Verlag Hamburg erscheint.

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