1. Dezember 2009 Winfried Wessolleck

Schweinegrippe: Globales Massen­impfungs-Desaster

Im April/Mai 2009 wurden die ersten Erkrankungsfälle bei Menschen, die sieh mit dem so genannten Schweinegrippe-Virus infiziert hatten, aus Mexiko gemeldet. Die epidemiologischen und virologischen Untersuchungen ergaben, dass es sich um menschliche Grippeinfektionen handelte, die von dem seit Jahrzehnten in der Virusforschung bekannten Influenzastamm A MINI verursacht worden waren.

Dass die Schweinegrippe gerade in Mexiko zum kontingenten und virulenten Vorschein kam, sollte niemanden wundern. Denn dort bilden ökologisch instabile, mit Nahrungsmangel und verschmutztem Trinkwasser einhergehende, materiell und sozialhygienisch eingeschränkte Lebens- und Arbeitsbedingungen, die von einer unzureichenden (sozial-)medizinischen Grundversorgung wiederum verstärkt werden, den "idealen" gesundheitsfeindlichen Nährboden für die absehbare Wiederkehr und schnelle Ausbreitung ernsthafter bis tödlich verlaufender Grippekrankheiten, alter und "neuer" infektiöser Kollektivseuchen.

Die zunächst auf Mexiko begrenzte, unter virologischen Merkmalen klassifizierte "Schweinegrippe" (ein Influenza-Virus, das Tiere, Schweine, Vögel, Geflügel und Menschen gleichermaßen angreift und grippekrank macht) nahm die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum unmittelbaren Anlass, um am 11. Juni 2009 die "Mexikanische oder Schweine-Grippe" tatsächlich zur Pandemie, d.h. zu einer weltweit auftretenden Grippe- und Gesundheitsbedrohung, zu erklären. Die WHO stufte die "Schweinegrippe" in die höchste Pandemie-Warnstufe 6 ein, was ein taktisches Novum bei einer regional oder einzelstaatlich auftretenden Grippe darstellt. Vorausgegangen waren dieser damals schon höchst fragwürdigen, heute noch bedenklicher erscheinenden Pandemie-(Fehl)Entscheidung des WHO-Gremiums wirkungsmächtige pharmaindustrielle Lobbyeinflüsse und konstruierte Pandemie-Szenarien, u.a. des einflussreichen Beraters der britischen Regierung Sir Roy Anderson, der die in Mexiko aufgetretene Viruserkrankung bereits am 1. Mai 2009 als eine "drohende Pandemie" bezeichnete.

Was sich hier zwischen Sir Anderson und dem fachwissenschaftlichen WHO-Entscheidungsgremium im Vorfeld der vermuteten bis fabulierten "neuen Schweinegrippe" abspielte, ist nichts als ein abstoßendes, von privatwirtschaftlichen Absprachen und Markt­interessen infiltriertes Lehr- und Schurkenstück aus dem Tollhaus der längst global agierenden, neoliberal aufgeladenen Pharmalobby. Wie keine andere Lobbyvereinigung anderer Industrie­branchen und privater Produktionsmonopole, greifen die global tätigen Konzernstrategen und Lobbygruppen der Pharmabranche permanent auf diverse Methoden und Mittel der Korruption, Bestechung, selbst kriminelle Einflussnahmen und Gewalt, zurück, um Regierungen, Gesundheitsministerien, UN-Organisationen/WHO und medizinisches Führungspersonal in staatlichen Gesundheitseinrichtungen auf ihre pharmaindustriellen Interessenlinien und globalen Konzernstrategien zu bringen oder auch zu zwingen. Glasklar in diesen unüberbietbaren Korruptionssumpf passt die bislang, in den bürgerlichen Massen- und Meinungsmedien zumindest, unbekannte oder verschwiegene Nachricht und Tatsache, dass der feine Sir auf der Gehaltsliste (jährliches Salär ca. 136.000 Euro) des englischen Pharmagiganten GlaxoSmithKline (kurz: GSK) steht, der u.a. den pharmakologisch sehr umstrittenen Pandemie-Grippeimpfstoff PANDEMRIX herstellt und global verkauft.

Allianz von Pharmaindustrie und biologischem Sicherheitsstaat

Der intransparenten WHO-Entscheidung folgend, gingen die WHO-Mitgliedsstaaten, hier also die EU-Staaten und die damalige schwarz-rote Bundesregierung, daran, sowohl EU-weite als euch national vorhandene Pandemiepläne aus ihren Schubladen zu holen, um der vermeintlich "drohenden Schweinegrippe" den gesundheitsstaatlichen Abwehrkrieg zu erklären. All dies geschieht hierzulande unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit, der operativen Anwendung des nationalen Pandemieplans des Robert-Koch-Instituts (RKI) und mit der erforderlichen Einbeziehung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Das letztere ist für die Begutachtung, Auswahl und Sicherheit des Impfstoffes der Massenimpfung bei einer Influenzapandemie zuständig und trägt damit gegenüber der impfwilligen bzw. geimpften Bevölkerung die impfmedizinische Verantwortung: Das ist ein gesundheitspolitisches und impfmedizinisches Krisen-Triumvirat, das die pandemiegläubige, zu allen Entscheidungen entschlossene "Speerspitze" des biologischen Sicherheitsstaats im staatlichen Abwehrkampf gegen einen imaginierten Viruserreger bildet.

In großer Eile und Zielstrebigkeit – die viel beschworene Kostendämpfung und Privatisierungsideologie im Gesundheitswesen einfach beiseite schiebend – mutierte der schwarz-rot beherrschte "Gesundheitsstaat" (der neue schwarz-gelbe wird ihm darin folgen) im politischen Abwehrkrampf der künstlich heraufbeschworenen Grippepandemie zu einem biologischen "Hochsicherheitsstaat". Sein eindimensionales gesundheitstechnokratisches "Pandemie-Verständnis", seine eigenen Entscheidungen und Handlungsschritte gegen die vermutete bis fabulierte Virus-Pandemie belegen und fundieren diese Staats-Diagnose: So plante bzw. plant die Regierung ab Herbst 2009 zunächst die Impfung von 22,5 Millionen Menschen in Deutschland. Die organisatorischen Vorbereitungen und Durchführungsbedingungen der Massenimpfung liegen bei den Ländern. Die Kommunen wiederum sind für örtliche Koordinierung und Vornahme der Schutzimpfungen, die von den öffentlichen Gesundheitsdiensten, insbesondere aber von den niedergelassenen Ärzten geleistet werden, verantwortlich. Bestellt wurden zunächst 50 Millionen Impfdosen, die nach den ersten Schätzungen der Krankenkassen ca. 700 Millionen Euro verschlingen werden. Damit längst nicht genug: Der pharmaindustriell manipulierte biologische Sicherheitsstaat fasst sogar die "Durchimpfung" der Gesamtbevölkerung ins Auge, was mit über zwei Milliarden Euro zu Buche schlagen würde. Da diese exorbitant hohen Impfkosten bzw. Impfausgaben nicht im Gesundheitsfonds zur Verfügung stehen, entbrannte schon in den Sommermonaten wegen der Finanzabsicherung der Massenimpfung ein heftiger Streit zwischen der Bundesregierung, den Krankenversicherungen und den Ärzteverbänden. Dagegen erschien die Bezahlung/Vergütung der vorgesehenen Doppelimpfung je Versicherten, für die die impfenden Ärzte nur 28 Euro erhalten, als finanzielles "Kleinholz".

Das eilig aufgestellte "Impfkonzept" des Bio-Staates beinhaltet, dass in der Startphase der Massenimpfung vorrangig die so genannten Risikogruppen, also chronisch Kranke, Herz-/Kreislaufpatienten, Diabetiker, Asthma- und Lungenkranke sowie Schwangere, zu impfen sind. Für die Berufstätigen in Krankenhäusern, im allgemeinen Gesundheitswesen, bei Feuerwehr, Polizei und Technischen Hilfsdiensten gilt diese Vorrangigkeit auch. Dass diese erhöht exponierten Berufsgruppen die notwendige, d.h. die medizinisch angemessene Grippe-Schutzimpfung vorrangig erhalten, ist unter arbeitsfeldspezifischen und arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten sowie den präventiven Anforderungen des individuellen Infektionsschutzes der Beschäftigten in den öffentlichen Infrastruktur- und Dienstleistungsbereichen eine impfmedizinische Selbstverständlichkeit. Darüber ist kein weiteres Wort mehr zu verlieren.

Großexperiment an 25 Millionen Menschen

Erwies sich – damals wie aus heutiger Problemsicht – der WHO-"Pandemie-Alarm" als ein voreiliger und völlig überzogener, letztlich als falscher Pandemie-Alarm (alarmistischer GAU Nr. 1), weil von einer tatsächlichen globalen, regionalen oder nationalen "neuen Pandemie" offenkundig keine Rede sein kann, so folgte ihm fast folgerichtig unmittelbar ein zweiter, wesentlich schwerwiegenderer biostaatlich zu verantwortender "Impf-GAU", wie es der Biologe Kekule in Halle auf den richtigen Begriff brachte. Dem liegt keine subjektive Sensationsmache oder unwissenschaftliche Panikmache zugrunde, geht es hier doch primär und ausschließlich um die biochemische Qualität und Zusammensetzung, die (klinische) Arzneimittelprüfung und -sicherheit und das lebenswichtige (!) immunisierende (Neben-) Wirkungsprofil der bestellten und eingesetzten Impfstoffe, wie z.B. Pandemrix, Tamiflu, Relenza, die von den Pharmafirmen GlaxoSmithKline und Novartis produziert und für die Massenimpfung an die Bundesländer ausgeliefert werden.

Der kritische fachwissenschaftliche Streit entfachte sich speziell an dem zur Massenimpfung vorgesehenen Pandemie-Impfstoff Pandemrix, von dem GSK die ersten 50 Millionen Dosierungen liefert (zum Gesamtpreis von 700 Millionen Euro). Dabei handelt es sich um einen Spaltvirusimpfstoff, der nur 3,75 Mikrogramm Antigen, ein ausgetauschtes Schweinevirusantigen, enthält. Zum Vergleich: Die saisonalen Grippeimpfstoffe enthalten 45 Mikrogramm Antigen! Zum Ausgleich der äußerst geringen Antigenmenge wird Pandemrix der Wirkungsverstärker ASO3 hinzugefügt, eine Öl-in-Wasser-Imulsion, auch als Adjuvanziengemisch bezeichnet, das niemals zuvor in einem handelsüblichen Impfstoff zur Verwendung kam. Es kann daher nur als verharmlosend und irreführend bezeichnet werden, wenn der Präsident des PEI eine Nichtimpfung mit dem gesundheitlich riskanten Impfstoff als "unlogisch", die chemische Impfstoffzusammensetzung, insbesondere die allgemeinmedizinisch und neurotoxokologisch äußerst bedenklichen Adjuvanziengemische, in biologiefremder Rhetorik quasi als "Bio-Verstärker" hinstellt (vgl. arznei-telegramm 9/09: 78).

Aber auch die Ständige Impfkommission (= STIKO – angesiedelt beim RKI) spielt ihre falsche Rolle in dieser unheilvollen pharmaindustriell-biostaatlichen Allianz, denn "die STIKO hingegen empfiehlt die Verwendung adjuvantierter Impfstoffe, die in den USA nicht zugelassen sind." (A. Spelsberg in: Blätter für deutsche und internationale Politik 11/09: 24) Dass diese untragbare Empfehlung sogar bei der Bundeswehr auf taube Ohren stieß, belegt die Tatsache, dass sie von diesen biochemisch "schnell gestrickten" Impfstoffen Abstand nimmt und nicht adjuvantierten Impfstoff bestellt hat.

Noch drängendere Fragen und wesentlich größere Sorgen werfen diese adjuvantierten Impfstoffe auf, wenn es um die "vorrangige Schweinegrippe-Schutzimpfung" von Schwangeren, chronisch und Mehrfachkranken und Menschen ab 65 geht. Ihnen allen, einschließlich der nicht zu diesen Alters- und Risikogruppen zählenden Menschen, ist der gute impfmedizinische Rat zu geben, eine Impfung mit adjuvantierten Impfstoffen nicht anzunehmen. Stattdessen sollten sich die betroffenen Impfgruppen und weitere Menschen, die an einen Grippe-Impfschutz denken, mit den bewährten, hinreichend geprüften, biochemisch verträglichen und saisonal indizierten Grippeschutzimpfungen, die auch vor so genannten Schweinegrippe-Viren schützen, impfen lassen. Denn, so schreibt der Arzt und Apotheker Becker-Brüser zu Recht: "Dass der Pandemie-Impfstoff nach knapper Testung sofort an 25 Millionen Bundesbürger verimpft werden soll, erachten wir daher als bedenklichen Großversuch." (arznei-telegramm 9/09: 78)

Und wem die Schweinegrippe-Panikmache dennoch Ängste und Sorgen bereitet, der kann einen Blick auf die epidemiologischen Daten und Fakten werfen, die die "neue Pandemie" als vorwiegend fabulierte Pharmaerzählung entlarven: Bis Ende Oktober 2009 gab es in der BRD etwa 25.000 Infektionsfälle, die allesamt einen milden und komplikationslosen Verlauf hatten. Die Todesfälle, bei denen Patienten mit schweren Grunderkrankungen eine zusätzliche Grippeinfektion erlitten und dann leider gestorben sind, können an den fünf Fingern jeder Hand abgezählt werden.

Winfried Wessolleck arbeitet als Sozialwissenschaftler und Wissenschaftsjournalist in Berlin.

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