1. Mai 2007 Lutz Brangsch

Sozialstaat in Russland?

Jüngst rückte Russland erneut aufgrund des repressiven Vorgehens der Polizei gegen eine oppositionelle Demonstration in den Mittelpunkt der westlichen tagespolitischen Wahrnehmung. Neben der offenbar zunehmend autokratisch agierenden Putin-Regierung im Inneren steht die russische Energiepolitik unter kritischer Beobachtung im Ausland. Doch für die Menschen in Russland selbst ist die Sicherung ihrer materiellen Existenz vorherrschendes Thema. Lutz Brangsch skizziert im Folgenden empirische Untersuchungen zur sozialen Lage und diskutiert die politische wie wissenschaftliche Debatte über den Sozialstaat.

Wenn von Russland die Rede ist, wird wohl am allerwenigsten von Sozialstaatlichkeit gesprochen werden. Der tiefgreifende Umbruch in den 1990er Jahren hat eine eigentümliche Form des Kapitalismus hervorgebracht, in der sich bis heute paternalistische Züge, bürgerliche Wohltätigkeit, familiare Solidarität, brutalste soziale Degradation und einige Elemente alter sozialistischer Sozialstaatlichkeit überlagern. Der Hintergrund dieser Gemengelage ist übersichtlich: In Russland existieren die Kontrahenten, die einen sozialstaatlichen Kompromiss tragen könnten, einfach nicht. Weder gibt es eine starke Gewerkschafts- oder vergleichbare Bewegung, noch eine breit organisierte, korporierte UnternehmerInnenschaft. Auch sieht die wirtschaftliche, kulturelle und politische Elite, anders als im Westeuropa der Nachkriegszeit, keine unmittelbare Gefahr einer umstürzlerischen Entladung der sozialen Konflikte. Sehr wohl aber ist die Ruhe, die zu herrschen scheint, trügerisch.

Im Ausland entsteht oft der Eindruck, dass für die russische Öffentlichkeit Fragen der Pressefreiheit oder der Freiheit politischer Organisationen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) zentral wäre – dies ist mit Sicherheit nicht der Fall. Die Sorgen und Nöte der überwiegenden Masse der Bevölkerung sind viel elementarer Natur und in den Großstädten wie etwa Moskau und St. Petersburg kaum oder gar nicht sichtbar. Der Boom der letzten Jahre, wesentlich getragen durch die hohen Rohstoffpreise, hat die Handlungsmöglichkeiten des Staates erweitert und hätte auch zu einer Konsolidierung der sozialen Verhältnisse beitragen können – er ist aber nicht in diesem Sinne genutzt worden. Da zudem die Einkommensteuer als flat tax erhoben wird, werden die ohnehin extrem ungerechten Verteilungsverhältnisse auch von dieser Seite her vertieft.

Entsprechend wird die Situation im Lande von einem wesentlichen Teil der Bevölkerung als ungerecht empfunden. Daneben, so zeigen jüngste soziologische Forschungen, treten weitere Faktoren, die als mögliche Quellen sozialer Auseinandersetzungen berücksichtigt werden müssen. V.E. Boikov, Leiter des Soziologischen Zentrums der Akademie des öffentlichen Dienstes beim Präsidenten der Russischen Föderation, hebt folgende hervor:

  die Alltäglichkeit des Verbrechens – 22% der Befragten in repräsentativen Umfragen wurden im Laufe eines Jahres Opfer eines Verbrechens,

  die Unmöglichkeit, aus dem erzielten Einkommen elementare soziale Dienstleistungen zu bezahlen; er nennt Medikamente, medizinische und kommunale Dienstleistungen,

  drohende ethnische Konflikte, vor allem in städtischen Regionen,

  die Spaltung in Arm und Reich.[1]

Diese Spaltung in Arm und Reich beziffert das Gesamtrussische Zentrum zum Studium des Lebensniveaus folgendermaßen: Im Durchschnitt übersteigt das Einkommen der reichsten das der ärmsten Russen um das 15,3fache; dies sei jedoch in den Regionen unterschiedlich – hinter diesem Durchschnitt stünden erhebliche regionale Differenzen. In Moskau betrage dieser Faktor 40.[2] Der Direktor dieser Einrichtung V.N. Bobkov beschreibt die Schichtung der gegenwärtigen russischen Gesellschaft so: 3% Reiche, 14% Mittelklasse (z.T. in unsicheren Verhältnissen lebend), die Übrigen – Arme und Ärmste. Dazu muss man wissen, dass der gesetzliche Mindestlohn unter dem Existenzminimum liegt. Entsprechend geht das Institut davon aus, dass 42% der Russen in die "niedrigste Klasse der Armen" einzuordnen seien.[3] Diese Schicht, die von einigen Wissenschaftlern auf bis zu 50% der Bevölkerung geschätzt wird, sind nach deren Einschätzung nicht nur einfach einkommensarm, sie haben vielmehr insgesamt keine Chance, ihre Lebensbedingungen zu verbessern.[4] Die erwähnte Untersuchung von Boikov u.a. kommt zu dem Ergebnis, dass 74,3% der repräsentativ Befragten ein Monatseinkommen nach Steuern von 10 Tsd. Rubel (etwas weniger als 300 Euro) und weniger haben.[5] Das Realeinkommen erreichte dabei im Jahr 1999 einen Tiefpunkt, es betrug zu diesem Zeitpunkt 35% dessen von 1990. Seitdem hat es sich bis 2004 wieder auf 72% erhöht,[6] während die Produktivität schon seit längerem über der des Jahres 1990 liegen soll.

Sozialer Protest vs. Fatalismus

Die krasse Spaltung in Arm und Reich und die Unsicherheit der Lebensverhältnisse schlagen sich aber kaum in Protestaktionen nieder. Lediglich im Zusammenhang mit der Umstellung von materiellen Vergünstigungen für Rentner und Kriegsveteranen auf Geldleistungen kam es zu sichtbaren sozialen Potesten (es wird von 400 nennenswerten Aktionen gesprochen). Die Untersuchungen von Boikov u.a. dokumentieren aber eine generelle und deutliche Bereitschaft zum Protest – wenn es sich denn lohnen würde. Vom Staat wird dabei nicht viel erwartet – 50% der Befragten meinen, dass der Staat die Interessen der Reichsten vertritt, etwas mehr als 50%, dass die Interessen der Bürokratie im Mittelpunkt stehen. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, dass trotzdem die Partei des Präsidenten "Edinaja Rossija" von 32,1% der Befragten als vertrauenswürdig bewertet wird, während die Kommunistische Partei und andere Parteien der linken Opposition auf magere 8,1% kommen[7] – das Vertrauen der Menschen ist hier noch geringer als der Stimmenanteil dieser Parteien bei Wahlen. Der hier deutlich werdende Fatalismus erfasst weiteste Teile der Gesellschaft. Die Frage nach der Zukunft Russlands wird von keinem Gesprächspartner in Russland mit einer klaren Aussage beantwortet.

Dies bedeutet nicht, dass nicht versucht werden würde, Bewegung in die Sozialpolitik zu bringen. Die hier nur kurz skizzierten Arbeiten von Boikov und Bobkov zeigen, dass nicht nur die Probleme statistisch erfasst, sondern auch soziologisch bearbeitet werden. Ein Resultat dieser Arbeiten, die von verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen und mit Unterstützung von Duma-Abgeordneten und Gewerkschaften durchgeführt wurden, war die Übergabe eines "Konzeptes des Sozialstaates der Russischen Föderation" an Präsident Putin im Februar 2004. In der russischen Verfassung aus dem Jahre 1993 ist der Sozialstaat deklariert – eine Ausgestaltung erfuhr dieses Sozialstaatsgebot bisher nicht, daran hat auch das erwähnte Konzept aus dem Jahr 2004 nichts ändern können. In der Botschaft des Präsidenten an das russische Parlament vom Sommer 2004 spielten entgegen den Hoffnungen einiger Protagonisten des Sozialstaatskonzeptes soziale Fragen nur eine untergeordnete Rolle. Zwar wurde etwa die Lösung des Wohnungsproblems ausführlich angesprochen, allerdings dies wiederum fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Bildung von Wohneigentum, was angesichts der realen Einkommensverteilungen nichts an der katastrophalen Gesamtsituation hätte ändern können. Zwar werden in der Verfassung an verschiedenen Stellen soziale Rechte garantiert, allerdings sind die Garantien wirkungslos geblieben. Neben der desolaten sozialen Situation war für diesen Vorstoß sicher auch das Bestreben, die russische Staatlichkeit neu zu bestimmen und zu legitimieren ein wesentlicher Grund. Vor diesem Hintergrund sind auch die von Putin 2005 in Gang gesetzten Nationalen Projekte zu Bildung, Landwirtschaft, Wohnungsbau und Gesundheitswesen zu sehen, die allerdings kaum Wirkung entfalten konnten.

Die russische Diskussion selbst kann sich generell auf vielfältige analytische und verallgemeinernde theoretische Arbeiten zur Situation stützen. Zur Sozialpolitik sind verschiedene Lehrbücher erschienen, es gibt eine Vielzahl von Untersuchungen zu Arbeitslosigkeit, Armut usw., regelmäßig werden von verschiedenen Institutionen Analysen zu diesen Themen herausgegeben. Die Analysen zur Situation erstrecken sich nicht nur auf die Russische Föderation, sondern auch auf die ehemaligen sowjetischen Unionsrepubliken. Die internationale Diskussion wird in ihren dominierenden Linien in der Literatur ausführlich referiert, die geschichtlichen Wurzeln der Sozialstaatsmodelle ausführlich beschrieben. Weitgehend unberücksichtigt bleiben die ausländischen Debatten, die sich außerhalb der dominierenden ideologischen Grundströmungen bewegen. Ebenfalls wird die kapitalistische Grundstruktur der Gesellschaft in den hier betrachteten Diskurslinien nicht infrage gestellt, wobei deren letztliche Ausgestaltung durchaus offen bzw. strittig ist. Falsch wäre es, diesen Sachverhalt etwa als "pro-kapitalistisch" zu bezeichnen – es wird eine Gegebenheit reflektiert, die kurzfristig nicht änderbar scheint. Insoweit spiegelt dieser Diskurs die oben festgestellte Unentschiedenheit wider.

Die wissenschaftliche Debatte

Grundsätzlich sind, soweit die wissenschaftliche und politisch-konzeptionelle Ebene berührt wird, drei Lager zu beobachten: die "Liberalen", deren Kritik an der frühen Reformpolitik sich darauf konzentriert, dass die soziale Katastrophe durch die Inkonsequenz dieser Reformen verursacht wurde, entsprechend also die Sozialstaatsdiskussion überflüssig sei, die BefürworterInnen einer Sozialstaatskonzeption und eine unentschiedene (zahlreiche) Fraktion, die die Durchsetzung sozialer Ansätze für notwendig erachtet, aber die Realisierungschancen für ein ausgebautes Sozialstaatskonzept für zu gering hält und in diesem Zusammenhang vor Illusionen warnt. Gemeinsam ist den zwei letztgenannten Gruppen, dass sie übereinstimmend eine schnelle und wirksame Intervention des Staates zugunsten der Ärmsten durch eine aktive "Einkommenspolitik", also etwa Anhebung des Mindestlohnes und sozialer Leistungen, fordern.

Um diese Debatten zu illustrieren, hier einige Aussagen aus der wissenschaftlichen Diskussion.

In einem Lehrbuch, das von der Russischen Akademie für den Staatsdienst beim Präsidenten der Föderation (RAGS) herausgegeben wurde, wird die Funktion der Sozialpolitik folgendermaßen beschrieben:
"1. Sicherung der sozialen Stabilität, der sozialen Sicherheit der Gesellschaft...
2. Sicherung der politischen Stabilität der Macht...
3. Sicherung einer solchen Verteilung der wirtschaftlichen Macht (Eigentum), die von einer Mehrheit als gerecht betrachtet wird und entsprechend keine grundsätzlichen Auseinandersetzungen herausfordert.
4. Errichtung eines solchen Systems der Verteilung der ökonomischen Ressourcen und Ergebnisse, das einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung annehmbar erscheint...
5. Sicherung eines für Gesellschaft und Staat notwendigen und hinreichenden Niveaus ökologischer Sicherheit.
6. Sicherung eines für Gesellschaft und Staat notwendigen und hinreichenden Niveaus sozialen Schutzes, sowohl der Bevölkerung insgesamt wie auch jeder einzelnen sozialen Gruppe."[8]

In einem Anfang 2004 erschienen Lehrbuch mit dem Titel "Grundlagen des Sozialstaates"[9] wird dieser Ansatz weiter ausgeführt, indem der Sozialstaat wie folgt definiert wird:

"Unserer Meinung nach ist ein Sozialstaat ein Staat, der in vollem Maße seine sozialen Funktionen (neben den ökonomischen, politischen und geistig-kulturellen) erfüllt und gleichzeitig ein Rechts- und demokratischer Staat ist."[10] Sodann wird die bereits erwähnte Konzeption eines Sozialstaates in Russland zitiert: "Ein Sozialstaat ist ein demokratischer Rechtsstaat, der sich zu dem höchsten Wert sozialer Gerechtigkeit bekennt, dessen Politik auf die Gewährleistung eines sicheren Lebens, sozialen Schutzes, die Minimierung sozialer Risiken sowie die Schaffung von Bedingungen für die Selbstverwirklichung des individuellen schöpferischen (Arbeits-)Potenzials für alle Bürger gerichtet ist. Der Sozialstaat ist ein selbstständiger Typ eines Rechtsstaates, der die Schaffung optimaler Wechselbeziehungen von Persönlichkeit, Kollektiv und Staat sichert und auch die notwendigen Bedingungen und Möglichkeiten für die vollständige Realisierung der unveräußerlichen Rechte und Freiheiten des Menschen, einschließlich des Rechtes eines jeden Menschen auf ein sicheres Leben, schafft... Der Sozialstaat ist die zweckmäßigste Art und Weise der Verbindung der Prinzipien der Freiheit und der Macht mit dem Ziel der Sicherung des Wohlergehens der Persönlichkeit und der Wohlfahrt der Gesellschaft, der Sicherung der sozialen Gerechtigkeit bei der Verteilung der Ergebnisse der Arbeit."[11] Dieses Lehrbuch wurde von der Akademie für Arbeit und soziale Beziehungen herausgegeben, die als Hochschule den Gewerkschaften nahe steht. In der Literatur wie auch in dem vorliegenden Sozialstaatskonzept wird völlig selbstverständlich von einer hohen Intensität staatlicher Intervention in die Wirtschaft ausgegangen – hinsichtlich des sozialen Schutzes, hinsichtlich der Beförderung wirtschaftlichen Wachstums wie auch hinsichtlich der Bewahrung der "individuellen wirtschaftlichen Freiheit".

Soziale Verantwortung des Unternehmertums

Vor diesem Hintergrund und im Kontext der weiter oben beschriebenen instabilen Lage erhalten bestimmte Überlegungen und Herangehensweisen, die in Deutschland GewerkschafterInnen und Linken suspekt erscheinen müssen, einen anderen Stellenwert – etwa die Frage nach der sozialen Verantwortung des UnternehmerInnentums. Diese "soziale Verantwortung" wird wie folgt gefasst:

  Sicherung von qualitativ hochwertiger Produktion und Kampf gegen Verfälschung von Produkten, vor allem Nahrungsmitteln und Arzneimitteln,

  rechtzeitige Zahlung eines angemessenen Lohnes und die Schaffung von günstigen Bedingungen für die Reproduktion der Arbeitskraft,

  Gewährleistung der Arbeitssicherheit,

  Hebung der Niveaus der Beschäftigung und die Teilnahmen an Umschulungsprogrammen beim Abbau von Arbeitsplätzen,

  Rechtzeitige und vollständige Begleichung der Beitragszahlungen zur Renten-, Kranken- und Sozialversicherung,

  zielgerichtete Unterstützung der ärmsten Schichten der Bevölkerung,

  Entwicklung und Kofinanzierung von Objekten der sozialen Infrastruktur,

  Entwicklung von betrieblichen Rentenversicherungen,

  Kofinanzierung freiwilliger Versicherungen der Beschäftigten,

  Realisierung von Formen sozialer Unterstützung der Beschäftigten (Kredite und Darlehn, Familienzuschüsse usw.),

  Wohltätigkeit.[12]

Diese Punkte finden sich in gleicher Weise in dem Putin übergebenen Sozialstaatskonzept und sind auch Gegenstand von Ausbildungsgängen der erwähnten Hochschule.

Wie bereits gesagt, sind diese Konzeptionen in weiten Teilen nicht politikwirksam geworden. Vielmehr wurde im August 2004 ein Gesetz angenommen, das eine andere sozialpolitische Tendenz verkörpert. Dieses Gesetz sollte den Übergang zu "subsidiären" Prinzipien der Sozialpolitik gegenüber einem sozialstaatlichen, als paternalistisch bezeichneten Verständnis erreichen. Dieses Gesetz sah nicht nur die Einschränkung sozialer Leistungen, sondern vor allem ihre Verlagerung in die Zuständigkeit der Regionen und Kommunen vor. Allerdings folgte dieser Verlagerung der Aufgaben keinesfalls eine Verlagerung von finanziellen Mitteln – vielmehr wurde diese Maßnahme als Beitrag zur Entlastung des Haushaltes der Föderation betrachtet. Die Bewertung des Gesetzes in der Öffentlichkeit war und ist überwiegend negativ. Dafür werden folgende Gründe angeführt:

  Das Gesetz trägt von seinem Konzept her "Elemente sozialer Ungerechtigkeit" in sich; vor allem wird hier die Verlagerung von Leistungen auf regionale Ebene angeführt, die die Leistungen in Abhängigkeit von der Wirtschaftskraft der Region stellt;

  ungeklärt bleiben wichtige Fragen, wie z.B. die Anpassung der Höhe sozialer Leistungen an die Entwicklung von Lebenshaltungskosten und Inflation;

  ebenfalls ungeklärt sind die Mechanismen, nach denen die Leistungen von dem bisherigen System in das neue System zu überführen sind.[13]

Untersuchungen kommen zum Ergebnis, dass im Zuge der Realisierung des Gesetzes vor allem die Ärmsten mehr verloren als gewonnen haben.[14]

Damit wird deutlich, dass der eingangs charakterisierte Fatalismus bezüglich der Zukunftserwartungen auch im Jahre 2007 eine stabile Grundlage hat. Wie sehr die Problemlagen verhärtet sind, zeigt sich z.B. in der Übereinkunft zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Regierung, die als Rahmen für wesentliche wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklungsrichtungen für die Jahre 2005 bis 2007 betrachtet werden kann:

  Empfohlen wird, in Lohnvereinbarungen solche Abschlüsse zu erreichen, die nicht unter dem Existenzminimum in der entsprechenden Region liegen,

  es soll die termingerechte Zahlung von Löhnen in jeweils vollem Umfang angestrebt werden,

  ein Projekt zu einer Konzeption eines Systems von sozialen Minimalstandards soll vorbereitet werden.

Es mögen hier Fortschritte erreicht worden sein – so hört man z.B. wenig über ausstehende Lohnzahlungen – ein Problem, das in den 1990er Jahren in einigen Regionen fast Normalität war. Das Fazit muss dennoch ernüchternd ausfallen: Trotz des Überschusses des Staatshaushaltes und trotz des Reichtums der russischen Oberschicht bleibt ein Sozialstaat in Russland erst einmal Vision.

Lutz Brangsch ist Leiter des Bereiches Politische Bildung in der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

[1] Socialnaja naprjasonost v russkom obcestve. Materialy kruglogo stola in Sociologija vlasti No. 6/2006 S. 20-21
[2] V.N. Bobkov, Direktor des Instituts, in einem Interview mit dem Radiosender Majak www.vesti24.ru/news.html Stand: 3.4.07
[3] V tesnote i v obide in Rossiskaja gazeta www.rg.ru/2007/02/09/vcuzh-bednost.html Stand: 3.4.2007
[4] Socialnaja naprajasonost... a.a.O., S. 25
[5] Ebenda S. 45
[6] Dinamika sisnenogo urovnja nacelenja v uslovjach rynosnych reform/V.G. Jarmolcuk in Sociologija vlasti a.a.O., S. 52
[7] Socialnaja naprjasonost... a.a.O., S. 44
[8] Socialnaja politika, Moskva 2003 S. 22-24
[9] Gricenko N.N./Šarkov F.I. Osnovy socialnogo gosudarstva, Moskva 2004
[10] Ebenda, S. 40
[11] Ebenda, S. 40-41
[12] Gricenko N.N./Šarkov F.I. Osnovy socialnogo gosudarstva, Moskva 2004 S. 13
[13] Bewertung der Effektivität der Sozialpolitik auf föderaler, regionaler und lokaler Ebene. Vortrag auf einem gemeinsamen Seminar des Zentrums zum Studium des Lebensniveaus mit der Friedrich-Ebert-Stiftung am 24.2.2006, S. 31ff. www.vcug.ru/novosti.html Stand: 15.4.2007
[14] Ebenda S. 35

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