24. August 2016 Armando Fernández Steinko
Spanien: von der politischen Blockade zur Hegemonie der Linken
Spanien ist seit den Wahlen in Dezember 2015 politisch blockiert. Die Ergebnisse des zweiten Wahlganges im Juni 2016 haben keine qualitativ neue Situation gebracht. Die Partido Popular (PP) hat, entgegen den Erwartungen, 700.000 Stimmen zugelegt und ist auf 33% gekommen (2015 hatte sie 28% erreicht) und zwar nur teilweise auf Kosten der neuen Zentrums-Partei Ciudadanos, sondern auch in den ärmeren Regionen des Südens.
Die PSOE hat ihre 22% behaupten können und Podemos hat es, auch gegen alle Wahlprognosen, nicht geschafft seine 21% von Dezember 2015 zu erweitern. Ciudadanos selbst, eine durch die nationale Dynamik in Katalonien großgewordene liberale Option, haben fast 400.000 Stimmen verloren, die nationalistischen Parteien aller Couleur haben ihre Positionen behauptet, aber nichts dazugewonnen. Die erste offizielle Wahlumfrage nach dem Juni 2016 signalisiert keine Veränderung der politischen Landschaft in einer hypothetischen dritten Wahlrunde, was alle Parteien dazu zwingt, alles Mögliche zu machen, um ein dritte Wahlrunde zu vermeiden.
Mariano Rajoy, der Vorsitzende der PP, ist gestärkt aus der zweiten Wahlrunde hervorgegangen. Relevante Meinungsmacher, aber auch Teile des Staatsapparats (Armee, Krone, hohe Funktionäre) und des Großkapitals – der sogenannte IBEX-35 – haben im Stillen den Rücktritt von Rajoy gewünscht und ziehen ein neues, von Korruption befreites Gesicht der PP vor.
Eine erneuerte, aber auch etwas geschwächte PP würde viel besser dastehen, um den ersehnten Konsens mit der PSOE und Ciudadanos zu erreichen, aber auch um das nationale Problem zu entschärfen. Die PP von Rajoy gilt nämlich als »Fabrik für die Befürworter der Selbständigkeit«, was sich in ein regelrechtes Staatsproblem (problema de Estado) verwandelt hat.
Armando Fernández Steinko lehrt Soziologie an der Universidad Complutense in Madrid. In Sozialismus 5/2015 erschien von ihm der Beitrag: »Folgt Spanien auf Griechenland?«