Hajo Funke
AfD-Masterpläne
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Den Krieg verlernen
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Frank Deppe
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Peter Wahl
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

18. Oktober 2014 Otto König / Richard Detje: Evo Morales in Bolivien wiedergewählt

Die demokratische und kulturelle Revolution wird fortgesetzt

Die bolivianischen WählerInnen des elf Millionen Einwohner Staates in den Anden bestätigten ihren ersten indigenen Präsidenten Evo Morales mit über 60% der Stimmen als Hausherrn im Palacio Quemado in der Hauptstadt La Paz. Sein Kontrahent von der Mitte-Rechts-Koalition Unidad Demócrata – ein Bündnis von Nationale Einheit (UN) und Soziale Demokratische Bewegung (MDS) –, der Unternehmer Samuel Doria Medina, landete bei rund 25% abgeschlagen auf Platz 2.

Es folgt der Ex Präsident Jorge Quiroga von der konservativen Partido Demócrata Cristiano mit knapp 9%. Wahlberechtigt waren rund 6,3 Millionen Bolivianer. Die einstige Spaltung der Morales-Wählerschaft in andines Hochland und amazonisches Tiefland scheint aufgehoben. Die Movimiento al Socialismo (MAS) siegte in acht der neun Departements Boliviens. Selbst in der Oppositionshochburg Santa Cruz sprach sich fast die Hälfte der WählerInnen für Morales aus. Nur in der nordöstlichen Region Beni errang die Nationale Einheit (UN) einen knappen Sieg.

Der wiedergewählte Präsident verkörpert das neue Gesicht Boliviens: selbstbewusst, aufstrebend und antikolonial – seine Vita widerspiegelt »die Geschichte einer durch Armut und die Hinterhof-Politik der USA erniedrigten Gesellschaft«.[1] Seit der streitbare Aymara – neben den Quechua die zweitgrößte indigene Volksgruppe – die politische Bühne betreten hat, ist Bolivien ein anderes Land geworden.

Mit der Parlamentsmehrheit seines Regierungsbündnisses MAS wurde eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die den Indigenen mehr Rechte einräumt und die indianischen Gruppen und deren Sprachen anerkennt.[2] Der in 2006 eingesetzte Verfassungskonvent rief nach einem Referendum drei Jahre später den »Plurinationalen Staat« mit 36 verfassungsrechtlich festgeschriebenen Nationalitäten aus.

Es war der »Aufstand des Zorns«, der wesentlich dazu führte, dass zwei Jahrzehnte neoliberaler Herrschaft in Bolivien überwunden werden konnten. Die gesellschaftliche Integration der indigenen Bevölkerungsmehrheit ist die größte Errungenschaft von Präsident Morales. Damit wurde einen Wandel eingeleitet, der als unumkehrbar gilt: Die indigenen Völker werden es nie wieder akzeptieren, ins zweite Glied zurückgeschickt zu werden. Eine umwälzende politische Leistung in einem Land mit den meisten Militärputschen.

Morales, sein Vizepräsident, der Mathematiker und Soziologe Álvaro García Linera, und die MAS-AktivistInnen verschrieben dem verarmten Land ein linkes Reformprogramm, das sozialen und ökonomischen Fortschritt herbeiführte. Die Wirtschaft wuchs im Durchschnitt jährlich um 5%; 2013 waren es sogar 6,8%, im ersten Quartal 2014 erneut 5,6%. Sogar Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) bescheinigen Bolivien eine gesunde makroökonomische Verfassung und gute mittelfristige Aussichten (Telepolis, 14.10.2014).

Mit dazu beigetragen haben die hohen Rohstoffpreise. Diese Einnahmequelle wurde noch ergiebiger, nachdem die linksgerichtete Regierung den Erdgas- und Erdölsektor, die Wasserressourcen, den Bergbau und die Telekommunikation des Landes nationalisierte und neue Verträge mit besseren Konditionen mit den ausländischen Konzernen aushandelte. Seither fließen statt 20% rund 80% der Einnahmen in die Staatskasse (Neue Züricher Zeitung, 8.10.2014). In Staatshand befinden sich u.a. Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos (YPFB), der größte Energiekonzern des Landes, der Stromerzeuger Empresa Nacional de Electricidad (Ende), die kommunalen Wasserwerke, der Telecom-Anbieter Entel und die Fluggesellschaft Boliviana de Aviacion (BoA).

Durch die Nationalisierung der Rohstoffe hat sich das Bruttoinlandsprodukt Boliviens von 9,525 Mrd. Dollar im Jahr 2005 auf 30,381 Mrd. in 2013 erhöht. Die Steuereinnahmen stiegen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich von 11 auf 60 Mrd. $, was eine Politik der Umverteilung ermöglichte. »Verstaatlichen ist kein ideologisches Ziel, das ist ein ökonomisches Kalkül. Damit Überschüsse bleiben, statt im Ausland zu verschwinden. Das schafft Mittel für Sozialprogramme und Industrialisierung. Wir stärken die Unterstützung für Kinder, Alte und Renten.« (Álvaro García Linera in: Süddeutsche Zeitung vom 11.10.2014)

Linera spricht von einem neuen nationalen bolivianischen Wirtschaftsmodell – einer gemischten Wirtschaft, »in der überkommener Tauschhandel auf Gemeinschaftsebene, Staatswirtschaft und Privatinitiative und genossenschaftliche Zusammenschlüsse« nebeneinander existieren. In diesem Wirtschaftsmodell ist es die zentrale Aufgabe des Staates, die natürlichen Ressourcen zu kontrollieren und deren industrielle Verarbeitung in Staatsbetrieben voranzutreiben. Die Sozialprogramme trugen dazu bei, dass die extreme Armut laut der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und Karibik von 39% (2005) auf 18% (2013) zurückgegangen ist. In einer einst extrem ungleichen Gesellschaft beginnt sich die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen.

Es war »der historische Kampf der sozialen Bewegungen, insbesondere der originären bäuerlichen Indigenenbewegung, (der) es uns ermöglicht (hat), auf friedlichem Wege mittels Wahlen und ohne Gewaltanwendung eine demokratische und kulturelle Revolution in die Wege zu leiten, die die Ausgrenzung, Ausbeutung, Hunger und Hass verbannt.« (Evo Morales) In dieser Tradition widmete er den Wahlsieg der Movimiento al Socialismo »allen Völkern in Lateinamerika und der Welt, die gegen den Kapitalismus und den Imperialismus kämpfen«.

[1] »Vor zehn Jahren brauchte hier jemand die Zustimmung der US-Botschaft, um Minister zu werden. Der IWF machte uns Vorschriften auf Englisch. Minister bekamen Zusatzgehälter von europäischen Botschaften oder Kooperationen.« (Vize-Präsident Álvaro García Linera in der Süddeutschen Zeitung vom 11.10.2014)
[2] Die indigene Gemeinschaft Lateinamerikas zählt heute 826 verschiedene Völker. Bolivien hat mit rund 62% der Gesamtbevölkerung den größten Anteil indigener Bürger (insgesamt 6,2 Millionen Menschen), gefolgt von Guatemala (41%, 5,9 Millionen) und Peru (24%, 7 Millionen). Bericht der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (Cepal) auf der ersten UN-Weltkonferenz zu indigenen Völkern: »Über Fortschritte und Defizite bei der Verwirklichung indigener Rechte«.

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