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Peter Wahl
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Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

31. August 2015 Otto König / Richard Detje: Zum Antikriegstag 2015

Goldene Zeiten für Waffenproduzenten

Am 1. September – dem Antikriegstag – erinnern Gewerkschafter und Aktivisten der Friedensbewegung an den Einmarsch Nazi-Deutschlands 1939 in Polen, gedenken der über 55 Millionen Toten des barbarischen Vernichtungskrieges und mahnen: »Nie wieder darf Krieg von deutschem Boden ausgehen.«

Initiativen wie »Gewerkschafter für den Frieden« engagieren sich für eine aktive Friedenspolitik, fordern den Stopp von Waffenexporten und plädieren für eine Umstellung von der Rüstungsproduktion auf eine sozial nützliche und ökologisch sinnvolle Produktion.

Dieses Engagement ist wichtiger denn je: Nie gab es seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges weltweit mehr regionale Konflikte, zwischenstaatliche Kriege und Bürgerkriege. In kaum einem der Krisen- oder Kriegsgebiete sind nicht Waffen aus deutschen Rüstungsschmieden im Einsatz. Der Rüstungsexport »Made in Germany« boomt, insbesondere in sogenannte Drittländer, also Staaten außerhalb von NATO und EU wie Ägypten, Katar, Oman, Saudi-Arabien, in denen Menschenrechte keine geschützte zivilgesellschaftliche Errungenschaft sind. Todbringende Waffenexporte sind eine wesentliche Ursache von Krieg und Elend.

Das Jahr 2015 könnte für die deutschen Waffenproduzenten zum Rekordjahr werden. So wurden schon in den ersten sechs Monaten Ausfuhren von insgesamt 6,35 Milliarden Euro genehmigt.[1] Damit wurde bereits der Gesamtwert der Waffenexporte erreicht, den die Bundesregierung im ganzen Jahr 2014 genehmigte.

Es ist gerade mal ein Jahr her, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für eine restriktive Exportpolitik plädierte und damit einen Sturm der Entrüstung unter den Chefs der Waffenschmieden auslöste, dabei aber auch Betriebsräte sowie die für Wehrtechnik zuständige IG Metall alarmierte.[2] Heute können sie sich zufrieden zurücklehnen: der SPD-Vorsitzende, die Konzernchefs, die betrieblichen und parlamentarischen Rüstungslobbyisten. Rüstungsexporte werden inzwischen »als aktive Friedenspolitik« verstanden, getreu dem Motto »Frieden schaffen mit deutschen Waffen!«, wie Jakob Augstein im Spiegel (34/2015) bissig anmerkt.

In der Tat: Wer in den »Rüstungsexportbericht« der Bundesregierung für 2014 schaut, stellt fest: Während die Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsexporte in 2014 im Vergleich zum Vorjahr von 8,34 Mrd. auf 6,5 Mrd. Euro zurückgingen, verdoppelte sich gleichzeitig der umstrittene Export von Kriegswaffen von 757 Millionen auf 1,486 Milliarden Euro.

In die Staaten des Mittleren Ostens und Nordafrikas gingen Waffenlieferungen im Wert von 1,34 Mrd. Euro, das ist ein Drittel aller Einzelausfuhrgenehmigungen.[3] Unter den Top Ten der Empfängerländer deutscher Militärtechnik steht auf Platz 6 Saudi-Arabien. 2014 erteilte die Bundesregierung Exportgenehmigungen im Wert von 209 Millionen Euro für das Königreich, das im Nachbarland Jemen Krieg führt.

Allein zwischen Januar und Mai 2015 wurden vom geheim tagenden Bundessicherheitsrat Lieferungen im Wert von 146 Millionen Euro genehmigt. Dazu zählt die Lieferung von 15 deutschen Patrouillenbooten auf die arabische Halbinsel. Der Verkauf sei unproblematisch, wiegelt die Bundesregierung ab, da mit diesen Booten »eine Verletzung von Menschenrechten oder die Gefahr von Repressionen« nicht verbunden sei.

Positiv geht aus dem Regierungsbericht hervor, dass sich der Wert der Exporte von Kleinwaffen wie Pistolen, Maschinenpistolen und Gewehre um fast die Hälfte von 82,6 Mio. auf 47,4 Mio. Euro verringert hat. Der Sprecherkreis der Kampagne »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel« wertet dies als Erfolg der laufenden Strafanzeigen gegen Heckler & Koch, SIG SAUER und Carl Walther und die damit verbundenen Exportverbote.[4]

Allerdings: 2014 bewilligte die Bundesregierung unter anderem folgende Lieferungen: 3.012 Maschinenpistolen und 20.000 Mörsergranatzünder sowie Munition an die Vereinigten Arabischen Emirate, 1.027 vollautomatische Maschinengewehre und 47 Maschinenpistolen an Jordanien, 500 Maschinenpistolen sowie mehrere Maschinengewehre und vollautomatische Gewehre »zur Erprobung« an Oman, usw.[5]

Selbst wenn Wirtschaftsminister Gabriel bei seiner Entscheidung bleibt, keine »Leos« für Saudi-Arabien zu genehmigen, ändert das nichts an Rüstungsdeals wie der beabsichtigten Fusion zwischen dem deutschen Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und dem französische Rüstungskonzern Nexter Sytems SA. Das Ziel, gemeinsam eine Art »Airbus für Panzer« zu bilden, soll nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Panzerbauer in den NATO-Ländern verbessern, sondern durch das künftige Aushebeln »deutscher Rüstungsexportrichtlinien durch die laxeren französischen Vorschriften« soll wieder leichter in Krisengebiete geliefert werden können (IMI-Analyse 2015/024).

Insgesamt bereitet die Bundesregierung eine stärkere »Europäisierung« der Rüstungsindustrie vor, wie ein Strategiepapier aus den Häusern von der Leyen und Gabriel deutlich macht.[6] Darin wird u.a. kritisiert, dass dieser Industriezweig nach wie vor zu stark national ausgerichtet sei, was unrentable Entwicklungen vergleichbarer Systeme zur Folge habe. Andererseits wird jedoch darauf insistiert, dass U-Boote und gepanzerte Plattformen, Aufklärungstechnik und Schutzausrüstung zu jenen Schlüsseltechnologien gehören, die auch künftig zwingend in Deutschland hergestellt werden müssten. Kooperation zur Kostensenkung ja, aber keine Aufgabe der gewichtigen Rolle als Rüstungsproduzent auf dem Weltmarkt.

Nach Berechnungen des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hat China im vergangenen Jahr Deutschland vom dritten Rang der weltweit führenden Waffenexporteure verdrängt – auf dem ersten Platz stehen weiterhin die USA, gefolgt von Russland. Dennoch gehören die deutschen Waffenbauer zu den Gewinnern. »Dank« der Ukraine-Krise investieren die NATO-Staaten wieder Milliarden in Kriegsgerät. »Davon profitiert insbesondere die deutsche Rüstungsindustrie«, merkt Hauke Friederichs auf Zeit online an (24.6.2015).

Für Waffenausfuhren an Bündnispartner gibt es kaum politische Auflagen. So stiegen z.B. die Rüstungsausfuhren nach Polen von 43 Millionen Euro im Jahr 2013 auf 56 Millionen in 2014. Auch im Baltikum nimmt das Interesse an deutschen Militärgütern zu: Lettland möchte bis zu 200 geschützte Militärfahrzeuge beschaffen, Litauen will seine Armee mit 100 gepanzerten Radfahrzeugen aus Deutschland verstärken.

Selbst in der Bundesrepublik, wo im vergangenen Herbst großkoalitionäre Wehrpolitiker Horror-Meldungen über den »desolaten« Zustand der Bundeswehr verbreiteten, nehmen Aufrüstungspläne wieder Gestalt an. Die Beschwörung des »Schrott-Chaos« zahlte sich aus: Der Wehretat der Bundesrepublik wurde erhöht. Das Verteidigungsministerium orderte für rund 620 Millionen Euro weitere Boxer-Transportfahrzeuge. Zudem soll das deutsche Heer Mehrzweckkampfschiffe und das Luftverteidigungssystem Meads erhalten. Dafür sollen mehr als acht Milliarden Euro investiert werden.

Für den DGB und seine Einzelgewerkschaften müsste das Grund genug sein, nicht nur am Antikriegstag zu deklamieren »Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus«, sondern sich als Gewerkschaftsbewegung wieder stärker als bisher öffentlich als aktiver Teil der Friedensbewegung zu positionieren. Die Grundlage dafür könnten die Delegierten der IG Metall mit Diskussionsbeiträgen und ihrem Votum zum Thema »Für eine aktive Friedenspolitik« auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall im Oktober schaffen.

Viele der insgesamt 24 aus Verwaltungsstellen eingebrachten Anträge gehen über den vom IG Metall Vorstand vorgeschlagenen Text der »Entschließung 1« hinaus, der sich darauf beschränkt, an die Politik zu appellieren: »Die Beschäftigten der Wehr- und Sicherheitsindustrie haben ein Recht auf Planungssicherheit. Hier ist vor allem die Politik gefordert, alternative Projekte und die Erschließung ziviler Märkte voranzutreiben.«

Einer Gewerkschaft wie der IG Metall, die über viele Jahrzehnte Vorreiter im Kampf für eine aktive Friedenspolitik war, stände es gut zu Gesicht, wenn sie mit eigenen Aktivitäten eine breite Debatte über das »gesetzliche Verbot von Rüstungsexporten in Krisenregionen«, »ein totales Exportverbot von Kleinwaffen« und über »Rüstungskonversion und Diversifikation« anstoßen würde. Eine entsprechende Beauftragung des Vorstandes der IG Metall durch die Delegierten des Gewerkschaftstages wäre ein wichtiger Beitrag zur Aufhebung des Widerspruches zwischen dem friedenspolitischen Engagement der Gewerkschaften und der Sorge der Beschäftigten um den Erhalt der Arbeitsplätze.

[1] Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der LINKEN.
[2] Vgl. Otto König/Richard Detje: Rüstungskonversion statt profitabler Waffenexporte. Mit Kampfdrohnen Arbeitsplätze sichern?, Sozialismus Aktuell vom 28. Juli 2014.
[3] Vgl. Jan van Aken: Kurzauswertung des Rüstungsexportbericht 2014, 24. Juni 2015.
[4] Vgl. Newsletter der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! Nr. 55 vom 3.7.2015.
[5] Stern.de vom 3.10.2014.
[6] www.n-tv.de/politik/Berlin-will-weite-Teile-Europas-einbinden-article15468646.html

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