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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
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176 Seiten | EUR 14.80
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Peter Wahl
Der Krieg und die Linken
Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
Eine Flugschrift
100 Seiten | Euro 10.00
ISBN 978-3-96488-203-5

Heiner Dribbusch
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Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

20. Januar 2016 Joachim Bischoff / Nobert Weber: Nach der Schließung der SoFFin

Neues Reglement für Banken

Italiens Banken stehen erneut im Visier der Europäischen Zentralbank (EZB). Mehrere Kreditinstitute, darunter auch die Bank-Austria-Mutter Unicredit, haben Briefe der EZB erhalten, in denen diese eine Prüfung ankündigt. Das besondere Augenmerk liegt auf den notleidenden Krediten. Die EZB hatte vor kurzem mitgeteilt, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Banken mit einem hohen Anteil an notleidenden Krediten checkt und weitergehende Aktionen plant.

Italiens Geldhäuser weisen Problemkredite im Volumen von 200 Mrd. Euro aus, davon entfallen 50 Mrd. Euro auf Unicredit. Die Bank erklärte, die dubiosen Kredite seien zu 60% gedeckt – weit mehr als im italienischen Schnitt. Beruhigt hat dies die Anleger nicht. Unicredit-Kurse kannten auch am Dienstag nur eine Richtung: nach unten. Seit Jahresbeginn hat Unicredit bereits 20% an Wert eingebüßt, weit mehr als der Bankenbranchenindex in Mailand. Besorgt sind Investoren auch wegen der dünnen Kapitaldecke.

Auch die im Baseler Ausschuss zusammengeschlossenen Bankaufsichtsbehörden aus den führenden Wirtschaftsnationen vereinbarten zu Jahresbeginn strengere Vorgaben für die Risiken in den Handelsbüchern der Banken. Nach aktuellem Stand müssten die Banken laut Berechnungen des Komitees ihre Handelsbücher mit 40% mehr eigenem Kapital ausstatten. Allerdings wären die einzelnen Konzerne sehr unterschiedlich davon betroffen.

In der europäischen Bankenaufsicht ist die Nervosität nicht zu übersehen. Dies ist allerdings keineswegs die Mehrheitsmeinung unter den Experten. »In naher Zukunft droht keine neue Krise«, so die These des Wirtschaftsweisen Peter Bofinger in einem Interview mit dem Freitag vom 6.1.2016. Seine Begründung: »Es gibt heute mehr Regulierung und Überwachungsmechanismen, mehr Eigenkapital bei den Banken. Das ist jetzt zwar gewagt, aber ich sage es trotzdem: Dass eine Krise von Art und Ausmaß wie nach 2007 in absehbarer Zeit aus dem Finanzsystem über uns hereinbricht, das glaube ich nicht.«

Der US-Ökonom Joseph E. Stiglitz hält dagegen: »Unsere Banken sind zwar wieder halbwegs gesund, haben aber gezeigt, dass sie nicht in der Lage sind, ihren Zweck zu erfüllen. Bei Ausbeutung und Marktmanipulation verstehen sie ihr Handwerk, aber in ihrer grundlegenden Funktion als Vermittler sind sie gescheitert. Zwischen den Langfristsparern (wie Staats- oder Rentenfonds) und langfristigen Investitionen in Infrastruktur steht unser kurzsichtiger und dysfunktionaler Finanzsektor.«

Die Banken und der Finanzsektor sind allerdings nur ein kleiner, aber systemrelevanter Part des Gesamtproblems: die in den letzten Jahren aufgebaute soziale Ungleichheit. »Weltweit besteht ein Mangel an Gesamtnachfrage, der durch wachsende Ungleichheit und eine hirnlose Welle von Haushaltssparmaßnahmen hervorgerufen wurde. Diejenigen mit hohem Einkommen geben viel weniger aus als die Geringverdiener. Während also das Geld nach oben wandert, geht es mit der Nachfrage bergab. Und Länder wie Deutschland, deren externe Überschüsse dauerhaft hoch sind, tragen erheblich zum Hauptproblem der unzureichenden weltweiten Nachfrage bei.«

Mit dieser Analyse ist zugleich benannt, wie die Globalökonomie – über eine Initialzündung der kapitalistischen Länder – aus der säkularen Stagnation herauskommen könnte. Umgesetzt werden müsste eine Schrittfolge von weitreichenden Umverteilungen der Einkommen sowie eine umfassende Reform des Finanzsystems .Ausgangspunkt könnte –gerade bei niedrigem Zinsniveau – eine überwiegend kreditfinanzierte Investitionsoffensive zur Verbesserung und Ausbau des öffentlichen Kapitalstocks sein. Einige der weltweit wichtigsten Probleme erfordern staatliche Investitionen. Benötigt werden diese Mittel in den Bereichen Infrastruktur, Ausbildung und Technologie sowie dazu, die strukturellen Veränderungen zu finanzieren, die überall auf der Welt erforderlich sind.

Aber auch in Europa bleibt trotz der großen Anforderungen zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems die hirnlose Austeritätspolitik dominant. Und selbst die Regulierungen und Reformen im Bankensektor kommen nur im Schneckentempo voran. Europas Bankensystem, das sich in der Krise als wenig wetterfest erwiesen hat, soll solider abgestützt werden, und zwar auf drei Pfeilern. Es sind dies erstens die seit November 2014 bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht, zweitens die ab 2016 einheitlich geplante Abwicklung maroder Kreditinstitute (SRM) und drittens die zeitlich noch nicht fixierte Einlagensicherung (EDIS) auf europäischer Ebene. Alle drei Elemente zusammen konstituieren die Bankenunion. Sie soll bei künftigen Turbulenzen zu einer Entkoppelung von Staats- und Bankenkrisen führen. Der Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board, SRB), wie die Behörde offiziell heißt, hat am 1. Januar 2016 den Vollbetrieb als gemeinsame Abwicklungsinstanz der Bankenunion aufgenommen, die alle Euro-Staaten umfasst.

Trotz der drei Säulen ist Europas Finanzarchitektur weiterhin eine krisenanfällige Konstruktion. Allzu sicher sollte man sich daher nicht sein, dass das marktwirtschaftliche Haftungsprinzip auch bei Banken gilt und die SteuerzahlerInnen bei künftigen Finanzkrisen nicht länger zur Kasse gebeten werden.

Der SRB setzt auf Ebene des Euro-Raums die 2014 beschlossene EU-Bankenabwicklungsrichtlinie (BRRD) um, die den Umgang mit Kreditinstituten in Schieflage regelt. Direkt zuständig ist er für die rund 120 größten sowie alle grenzüberschreitend tätigen Banken der Euro-Staaten, um die übrigen kümmern sich im Normalfall unter seiner Aufsicht die nationalen Abwicklungsbehörden (die in EU-Staaten außerhalb der Euro-Zone allein zuständig bleiben).

Die zweite große Neuerung betrifft die EU-weit geltenden »Bail-in«-Regeln, die in der BRRD gesetzlich fixiert sind. Unter Bail-in versteht man die Beteiligung der Aktionäre und Gläubiger an den Kosten einer Abwicklung: Ihre Ansprüche können abgeschrieben werden, um Verluste zu decken, Fremdkapital kann in Eigenkapital umgewandelt werden. Auf Basis der EU-Staatshilfe-Regeln werden Aktionäre und Halter nachrangiger Anleihen zwar schon seit 2013 zur Kasse gebeten, doch mit der Bankenunion gilt eine Haftungskaskade: Zuallererst wird das harte Kernkapital belangt, am Schluss die Einlagen von natürlichen Personen und KMU über 100 000 Euro, Einlagen bis 100 000 Euro sind stets geschützt.

Ziel der neuen Regulierung ist es, gescheiterte Banken unter Schonung der SteuerzahlerInnen und Aufrechterhaltung der Finanzstabilität abzuwickeln. Die in der Finanzkrise üblichen riesigen Rettungsaktionen auf Staatskosten (»Bail-out«) sollen damit vermieden, Eigentümer und Gläubiger sollen risikobewusster werden.

Werden diese Ziele erreicht? Der Banken-Experte Martin Hellwig ist skeptisch: »Die Probleme, die das Finanzsystem 2008 implodieren ließen und die auch die durch die Intervention der EZB 2011 gerade noch einmal vermiedene Krise so gefährlich erscheinen ließen, sind nach wie vor vorhanden, sowohl die übermäßige Abhängigkeit der Banken von der Finanzierung über den Geldmarkt, mit der Gefahr eines Runs der Anleger auf die Geldmarktfonds und der Geldmarktfonds auf die Banken, als auch die Möglichkeit selbstverstärkender Prozesse aus Kursverlusten in Wertpapiermärkten, Verlusten, d.h. Eigenkapitalminderungen der Banken und Wertpapierverkäufen der Banken. Hinzu kommt, dass die Banken nach wie vor hoch verschuldet sind, nicht mehr mit 95 bis 99 Prozent ihrer Anlagen, aber immer noch mit 93 bis 97 Prozent ihrer Anlagen.«[1] Eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalausstattung ließ sich politisch nicht durchsetzen.

 

Die europäischen Richtlinien konzentrieren die Aufmerksamkeit auf die toxischen Vermögenswerte der Banken. Ende 2014 hatten Banken in der Europäischen Union etwa eine Billion Euro an notleidenden Krediten, was mehr als 9% des Bruttoinlandsprodukts der Region entspricht, wie aus einer Studie des Internationalen Währungsfonds hervorgeht.

Die Situation um die notleidenden Kredite ist schlimmer in den Ländern, die härter von der europäische Schuldenkrise getroffen sind. In Italien ist fast 18% des gesamten Kreditbestands, oder 12% vom BIP 2014, in irgendeiner Weise säumig, für die Hälfte davon sind laut IWF Rückstellungen gebildet. In Zypern, dessen Bankenkrise zu Verlusten für Einlagenkunden führte, sind fast 50% der Kredite notleidend.

Aber auch Hellwig sieht keine akute Krise. Seine These lautet: Die Probleme der Banken sind nicht richtig aufgeräumt worden, das heißt dass Überkapazitäten weiterhin nur unzureichend abgebaut werden und dass die Banken weiterhin wenig rentabel sind, was bedeutet, dass sie nicht in der Lage sind, mit Gewinnen zügig neues Eigenkapital aufzubauen. Letztlich wiederholt Europa die japanische Entwicklung: Jahrzehnte der Wachstumsschwäche, eine Zeit, in der die nachteiligen Wirkungen des Alterns der Gesellschaft verstärkt werden durch die mangelnde Handlungsfähigkeit der Finanzinstitutionen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) signalisiert ein Ende der von der Finanzkrise ausgelösten Welle von Reformvorgaben für Banken. »Die großen Regulierungsprojekte dürften Ende 2016 auf internationaler Ebene abgeschlossen sein«, sagte EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger. »Wir sollten uns jetzt auf die Umsetzung der Vorgaben konzentrieren, statt immer neue Regeln aufzulegen.« Seit der Finanzkrise hatten sich die internationalen Aufseher etwa im Rahmen der G20 auf zahlreiche neue Vorgaben für Banken verständigt, um das Finanzsystem sicherer zu machen. Vor allem mussten die Banken ihre Kapitalausstattung als Puffer gegen neue Schieflagen massiv verbessern.


Das Ende des SOFFin

Mit dem neuen europaweiten EU-Reglement wird der Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) für neue Maßnahmen endgültig geschlossen. Für die Abwicklung und Restrukturierung von in Schieflage geratene Banken ist der neue europäische Einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board) zuständig. Die bisherige nationale Abwicklungsbehörde Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) soll bis 2018 als eigenständige Einheit in die Aufsichtsbehörde BaFin in Frankfurt integriert werden.

Die FMSA und ihre Mitarbeiter hätten hervorragende Arbeit bei der Bewältigung der Finanzmarktkrise geleistet. Dieses Know-how soll genutzt werden, um die Allfinanzaufsicht der BaFin bzw. die Finanzagentur weiter zu stärken. Der SoFFin hatte etwa 2010 den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate mit Garantien gestützt. In diesem Jahr hatte die FMSA die Deutsche Pfandbriefbank (pbb) privatisiert.

Deutschland hat sieben Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise weiterhin etliche Steuermilliarden bei seinen Banken im Feuer. Mit 480 Mrd. Euro ausgestattet, spielte der Fonds eine zentrale Rolle in der Finanzkrise. Mehr als 160 Mrd. Euro an Garantien reichte der SoFFin aus, mit knapp 30 Mrd. Euro beteiligte sich der Bund in der Spitze direkt an Banken.

Auf 15,8 Mrd. Euro summieren sich die Hilfen des staatlichen Rettungsfonds SoFFin zum Jahresende 2015, wie aus der jüngsten Aufstellung auf der Internetseite der FMSA hervorgeht. Der Wert blieb zum ersten Halbjahr 2015 unverändert, im Vergleich zum Gesamtjahr 2014 verringerte er sich um eine Milliarde infolge der Rückzahlung einer Stillen Einlage des notverstaatlichten Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE). Zudem erlöste der Bund beim Börsengang der aus der HRE hervorgegangenen pbb Mitte Juli rund 1,2 Mrd. Euro, die nach FMSA-Angaben im nächsten Jahr an den SoFFin ausgeschüttet werden.

Auf der Liste der SoFFin-Kapitalempfänger stehen unverändert noch drei Institute: Allen voran die HRE mit rund 8,8 Mrd. Euro, außerdem die teilverstaatlichte Commerzbank (rund 5,1 Mrd. Euro) und die WestLB-Nachfolgerin Portigon (2,0 Mrd. Euro). Das sind zusammen 15,9 Mrd. Euro.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang, wie schlecht das Rettungs- und Krisenmanagement der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein in Sachen Ihrer HSH-Nordbank funktioniert: Aktuell muss die HSH-Nordbank allein mit weiteren 16,2 Mrd. Euro an weiteren Kreditermächtigungen für die ländereigenen Anstalten Öffentlichen Rechts (HSH-Finanzfonds AöR mit 10 Mrd. Euro, die neugegründete HSH-Portfolio-Management AöR mit 6,2 Mrd. Euro) vor der Insolvenz gerettet werden muss. Ein Ende ist überhaupt nicht abzusehen.

Der SoFFin war im Herbst 2008 aufgelegt worden, um Schocks an den Finanzmärkten nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers abzufedern. Seit Gründung häufte der aus Steuergeldern finanzierte Fonds einen Fehlbetrag von rund 21,9 Mrd. Euro an. Eine endgültige Abrechnung wird erst in einigen Jahren möglich sein, wenn alle Geschäfte abgeschlossen sind.

Wie teuer war die Bankenrettung am Ende? Klar ist, dass bei den beiden Abwicklungsanstalten der Landesbank WestLB und der Hypo Real Estate bislang ein Verlust von 9,3 Mrd. Euro übernommen wurde. Dem gegenüber stehen 2 Mrd. Euro Einnahmen aus den Garantiegebühren. Doch zu welchem Preis die Beteiligungen – insbesondere an der Commerzbank – verkauft werden können, ist noch völlig unklar. Nach mehreren Verlängerungen wurde der SoFFin nun Ende des Jahres 2015 für neue Hilfsanträge geschlossen. ist aber noch aktiv.

Bis Anfang 2018 soll nun die nationale Abwicklungsbehörde als operativ eigenständige Einheit in die Finanzaufsicht BaFin am Standort Frankfurt integriert werden. Beteiligungen wie die an der Hypo Real Estate sowie an der Commerzbank, die der SoFFin in der Krise im Zusammenhang mit der Rettung übernehmen musste, soll künftig die Finanzagentur des Bundes übernehmen.


Kontrollregime ein Hindernis?

Die Banken klagen inzwischen darüber, dass sie von den Regeln überfordert würden. Dabei kritisieren sie unter anderem, die komplizierte Umsetzung der Vorgaben in nationales Recht. Viele der neuen Regeln entsprächen schon jetzt eher dem US-System als dem europäischen. Deshalb werde sich die Finanzierung der europäischen Wirtschaft künftig ändern. Statt Banken müsse künftig mehr Geld von den Kapitalmärkten kommen. Sorgen vor einer neuen Regulierungsrunde seien übertrieben, entgegnete EZB-Direktorin Lautenschläger. Die Kapitalvorgaben für Banken seien nun weitgehend festgelegt. Das Kapitalniveau für alle Banken solle auf dem heutigen Niveau bleiben.

Derweil zieht die neue europäische Bankenabwicklungsbehörde SRM die Schrauben an. Für den Fall einer Abwicklung müssten einzelne Großbanken der Eurozone künftig deutlich mehr als 8% ihrer Wertpapiere für den Fall ihrer Abwicklung vorhalten, sagte SRM-Chefin Elke König. Bislang ist festgehalten, dass für eine Schieflage einer Bank »angemessene« Anlagen zur Verfügung stehen müssen, um Verluste abzudecken. Die genauen so genannten MREL-Quoten (Minimum Requirement For Own Funds and Eligible Liabilities) will die König-Behörde im kommenden Jahr festlegen.

Im Verlauf der Finanz- und Euro-Krise haben die politischen Instanzen beschlossen, Bankeinlagen in den Ländern der europäischen Union bis zur Höhe von 100.000 Euro zu garantieren. Da man sich auf eine gemeinsame Finanzierung der Einlagenversicherung aber nicht einigen konnte, überließ man die Absicherung dieser Garantie den Nationalstaaten. Sie, und nicht die Europäische Gemeinschaft, müssen einspringen, wenn von den Banken finanzierte private Versicherungen finanziell überfordert sind. Fehlt den Nationalstaaten im Euroraum dazu das Geld, können sie es sich vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) borgen. Allerdings sollen sie vorher die Bankeigner und alle anderen Bankgläubiger zur Finanzierung von Verlusten heranziehen und gegenüber dem ESM für die geborgte Summe haften.

Deutschlands Banken müssen als Vorsorge für mögliche Krisen für das Jahr 2015 insgesamt 1,58 Mrd. Euro Bankenabgabe aufbringen. Der gemeinsame Abwicklungsfonds soll vom kommenden Jahr an gefüllt werden und bis zum Jahr 2024 mit 55 Mrd. Euro ausgestattet sein. So sollen Banken selbst für mögliche Notlagen vorsorgen, damit im Ernstfall nicht die Steuerzahler einspringen müssen.

Aber es gibt noch eine weitere Folge der Banken- und Finanzkrise: Die größten politischen Nutznießer von Finanzkrisen sind laut einer aktuellen Studie rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien.[2] Ein Blick auf die vergangenen 100 Jahre zeigt: Die Stimmung wird aggressiver, das Regieren schwieriger.

Der Front National in Frankreich, die AfD in Deutschland, die Goldene Morgenröte in Griechenland – die globale Finanzkrise 2008 hat in den meisten  EU-Ländern erheblichen Aufwind für rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien hervorgebracht, viele von ihnen konnten in den letzten Wahlen Erdrutschsiege erzielen. Der rechtspolitische Schockeffekt von Finanzkrisen dauert laut den Autoren der Studie zehn Jahre an. Nach diesem Zeitraum gehe das Wählerverhalten auf die Zeit vor der jeweiligen Krise zurück.

»Die gute Nachricht: Der politische Umbruch nach Finanzkrisen ist nur ein temporäres Phänomen«, heißt es dort. Der Effekt sei jedoch besonders stark nach Rezessionen, die durch Finanzkrisen ausgelöst wurden. Ein deutlich übertriebener Optimismus. Angesichts des europaweiten Rechtsrucks kann von einem temporären Phänomen keine Rede sein.

[1] »Trotz neuer Regeln: Das Banken-System in Europa ist nicht sicher«, in: Deutsche Wirtschafts Nachrichten, 24.6.2015
[2] Ifo-Studie von Manuel Funke, Moritz Schularick und Christoph Trebesch: »Going to Extremes: Politics after Financial Crisis«, 1870-2014« (Oktober 2015)

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