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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
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Peter Wahl
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Bellizistische Narrative, Kriegsschuld-Debatten und Kompromiss-Frieden
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Heiner Dribbusch
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Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – Daten, Ereignisse, Analysen
376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

2. Juli 2015 Christina Ujma: Matteo Renzi, der Rechtskurs der PD und die Regionalwahlen

Schlimmer als Berlusconi?

Italien hat einen turbulenten Frühling hinter sich, denn Renzis Reformagenda hat viel Widerstand hervorgerufen, vor allem die Liberalisierung des Arbeitsmarkt durch das Jobs Act und das neue Wahlrecht, in dessen Mittelpunkt das so genannte Italicum steht, eine Mehrheitsprämie für die stärkste Partei, die dann mit absoluter Mehrheit im Parlament regieren kann.

Wenn keine Partei auf Anhieb über 40% erreichen kann, dann gibt es eine Stichwahl, durch die der Sieger dann automatisch die absolute Mehrheit erhält. Nach Meinung der Befürworter soll das Gesetz stabile Mehrheiten sicherstellen. Freilich gilt das Gesetz nur, wenn bis Juli 2016 die Abschaffung des Senats erfolgt ist. Während beim Jobs Act der Protest der Gewerkschaften schnell und heftig erfolgte, ließen sich oppositionelle Kräfte beim Protest gegen das Wahlgesetz Zeit. Micro Mega, erprobt im Kampf gegen Berlusconi, hat erst ganz zum Schluss die Stimme gegen Renzis Wahlrechtsreform erhoben.


Nette Linke ohne Biss

Seitdem Renzi das verhasste Wahlgesetz am 5. Mai gegen die Stimmen von SEL, 5*, der PD-Linken und anderen Abweichlern durchs Parlament gebracht hat, herrscht verkehrte Welt in Italien. Ausgerechnet Berlusconi äußerte sich besorgt über autoritäre Tendenzen in der italienischen Politik, er kann gut lästern, denn statt seiner wird auf einmal Renzi in den Karikaturen als Duce porträtiert. Ultralinke sprechen tatsächlich vom Renzi-Faschismus und mittlerweile heißt es auch bei linken Gewerkschaften: Renzi ist schlimmer als Berlusconi.

Die verschiedenen Fraktionen der PD stehen in ihrem gegenwärtigen Meinungskampf im Fokus des öffentlichen Interesses, die PD-Linke gerät dabei von allen Seiten unter Druck. Einer ihrer Anführer, Pippo Civati, der wegen Renzis Politik schon diverse Male austreten wollte, hat, nachdem das Italicum vom Parlament verabschiedet wurde, seine Ankündigung wahrgemacht. Er sagte das, was alle über die PD-Linke denken, aber keiner ausspricht: Die Linke in der PD hat keinen Biss und Pier Luigi Bersani ist zu nett und zu nachgiebig.

Civati hat keine Austrittswelle ausgelöst, sondern ein stetiges Rinnsal, jede Woche verabschieden sich regionale Funktionäre aus der Partei, viele gehen zu »Possibile« (Möglich), der von Civati gegründeten basisdemokratischen linken Gruppierung. Am 23. Juni ist auch der Architekt der PD-Wirtschaftspolitik der Ära Bersani, Stefano Fassina, ausgetreten. Der Ton gegenüber der in der PD verbliebenen Linken wird zunehmend unfreundlicher, je mehr Renzi in den Umfragen verliert, desto heftiger werden die so genannten Abweichler beschimpft.

Spätestens seitdem Renzi Premierminister geworden ist, funktioniert die politische Repräsentation nicht mehr, ArbeitnehmerInnenrechte werden von keiner politischen Partei vertreten. Das bringt die linken Gewerkschaften auf, allen voran die Metallergewerkschaft FIOM. Die hat am 28.3. eine riesige Demonstration gegen den Abbau von ArbeitnehmerInnenrechten und Demokratie veranstaltet.

Unerwartet kräftig fielen im Mai auch die Proteste gegen die Schulreformen aus, die verglichen mit dem Jobs Act und der Wahlrechtsreform vergleichsweise harmlos wirken. Die Pläne stärken die Schulleitungen, die in Zukunft mehr Freiheiten bei Einstellungen, Beförderungen und Gehaltsfestlegungen haben, was deshalb Proteststürme hervorruft, weil viele darin ein Einfallstor für Korruption und Klientelismus sehen. Es soll mehr festangestellte Lehrer geben und weniger prekär Beschäftigte, was aber auch bedeutet, dass Tausende ihren Arbeitsplatz verlieren.

Gerade im Vorfeld der Regionalwahlen gab es jede Menge gute Nachrichten über die positive Wirtschaftsentwicklung, neue Arbeitsplätze und ein Ende der Rezession zu lesen, was Renzi als Erfolg seines umstrittenen Jobs Act feiert.


Debakel oder Triumph für Renzi?

Am 31. Mai fanden Wahlen in zahlreichen italienischen Kommunen und Regionen statt, letztere entsprechen in etwa den deutschen Bundesländern. Die Wahlgänge wurden stark von der Kontroverse um Renzis Rechtskurs überschattet. Nichi Vendola hat es bereits im Vorfeld treffend analysiert: Renzi hat in vielen Regionen die funktionierende Mittelinks-Kultur zerstört und versucht, über die sinkende Wahlbeteiligung sie trotzdem zu halten, denn eine Linksalternative, die in der Lage wäre, der PD ernsthaft Wähler abzujagen, gibt es nicht.

Diese Strategie der PD ist aufgegangen, sie konnte dadurch den dramatischen Rückgang in der WählerInnengunst noch zu einem Machterhalt umbiegen. Insgesamt holte die PD aber nur 22% der Stimmen, verglichen mit den Europawahlen vor einem Jahr hat sie sich quasi halbiert. Da Renzi aus den Europawahlen seine Legitimation ableitete, ist diese nun perdu, auch wenn die PR-Maschine der Partei versucht, das Ergebnis in einen Erfolg umzudeuten.

Besonders mit den linken Gewerkschaften hat Renzi es sich verscherzt. CGIL-Chefin Susanna Camusso, die bislang gegen zahlreiche Maßnahmen der Regierung protestierte bzw. den Generalstreik organisierte, greift mittlerweile Renzi und die Renzianer bei jeder sich bietenden Gelegenheit an. Arbeitnehmerfeindlich und autoritär seien sie, ließ sie öffentlich verlauten, in der Regionalwahl im Veneto sei es besser, einen weißen Zettel abzugeben, als die Renzianerin Alessandra Moretti zu wählen. Besagte Moretti fuhr am 31. Mai gegen den Kandidaten der Lega Nord, Luca Zaia, dann auch eine krachende Niederlage ein, die PD verlor im Vergleich zu den Europawahlen vor einem Jahr ca. 16%.

Die Regionen, in denen am 31. Mai gewählt wurde, waren mehrheitlich PD-Hochburgen, so z.B. die Region Ligurien. Hier hatten sich, nachdem die Renzianische Parteiführung durch gekaufte Stimmen die Vorwahl manipulierte und die Nominierung des allgemein beliebten ehemaligen CGIL-Vorsitzende Sergio Cofferati verhinderte, Teile der Parteilinken abgespalten. Angeführt vom ExPD-Parlamentsabgeordneten Luca Pastorino und unterstützt von einem Bündnis aus den Linksparteien SEL und den Resten von Rifondazione Comunista gründete er mit Unterstützung von Cofferati eine eigne Liste, die 9,4% der Stimmen gewinnen konnte und damit Renzis Kandidatin Raffaella Paita den von der Parteiführung sicher geglaubten Sieg vermasselte.

Die bisherigen PD-Kandidaten siegten bislang immer im Linksbündnis mit Ergebnissen deutlich über 50%, Paita und ihr Bündnis haben 27% geholt. Die frustrierten PDler sind also entweder nach links geschwenkt oder zu Beppe Grillos 5*, deren Kandidatin 28% der Stimmen erringen konnte. Das Desaster im PD-Stammland Ligurien wird nun Renzi angelastet, denn Cofferati hätte im bewährten Linksbündnis vermutlich ohne Probleme gewonnen, das besagten jedenfalls die Meinungsumfragen.

So ist Ligurien an das Rechtsbündnis aus Forza Italia und Lega Nord gefallen, das mit 34% gewonnen hat. Hier wie anderswo im Norden und in der Mitte Italiens hat die Lega Nord Berlusconis Forza Italia deutlich überholt, die insgesamt nur 10% der Stimmen erlangen konnte, während die Lega immerhin auf 12% kam. Beppe Grillos 5* ist in den Regionalwahlen mit 19,6% zur zweitstärksten Partei des Landes geworden.

Äußerst merkwürdig lief die Regionalwahl in der Campagna ab. Die Region um Neapel machte ihrem Ruf, der Ort zu sein, an dem es in der Politik oft nicht nach den üblichen Regeln zugeht, sondern das organisierte Verbrechen, besser unter dem Namen Mafia bekannt, in der Politik mitmischt, alle Ehre. Seltsam waren bereits die Vorwahlen für den Spitzenkandidaten. Als klar wurde, dass die PD kein Linksbündnis wollte, zog der erfolgversprechende linke Kandidat sich zurück. Stattdessen wurde eine recht fragwürdige Gestalt Spitzenkandidat, Vincenzo de Luca, ehemaliger Bürgermeister von Salerno. Der wurde vor kurzem wegen Amtsmissbrauch verurteilt und dürfte nach den geltenden Gesetzen sein Amt nicht antreten. Da das Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist, trifft das Gesetz auf ihn nicht zu, sagt die PD.

Auch über die anderen Mitglieder der Liste, die wegen Korruption oder Mafiavergehen vorbestraft waren, wollte man hinwegsehen. Die parlamentarische Antimafia-Kommission, die sämtliche Listen im Vorfeld der Wahlen prüft, mochte sich dieser Auffassung nicht anschließen und erklärte de Luca und seine belasteten Kandidaten für untragbar. Da Rosi Bindi, die Vorsitzende dieser Kommission, aber eine linke PD-Politikerin ist und die meisten anderen Mitglieder ebenfalls eher auf der Linken verortet sind, wurde dieser Vorgang von der PD-Spitze und der Presse als Racheakt verkauft.

In der Campagna hat das Verdikt der Antimafia-Kommission einen Solidarisierungseffekt ausgelöst; es gelang de Luca, sich klar gegen den konservativen Kandidaten durchzusetzen und weniger zu verlieren, als die PD anderswo.


Schiffbruch in Venedig und anderswo

In der Toscana verteidigte Enrico Rossi, der eher eine zentristische Position innerhalb der PD vertritt, seine Präsidentschaft, verlor allerdings 10% der Stimmen. Er rief unmittelbar nach der Wahl dazu auf, die Ausgrenzung der PD-Linken zu beenden und sich in einen konstruktiven Dialog zu begeben. Die vereinigte Linksliste konnte mit ihrem Kandidaten, dem SEL-Politiker Tommaso Fattori, immerhin noch 6,5% der Stimmen erlangen.

Für Catiuscia Marini, der PD-Regionalpräsidentin Umbriens, sah es in der Wahlnacht lange schlecht aus, am Ende konnte sie ihr Amt aber trotz eines Stimmenverlustes von 10% deutlich verteidigen, was auch daran lag, dass sie im Linksbündnis kandidierte und deutlich Abstand zu Renzi hielt; auch gelang es ihr, die Grillini klein zu halten.

Wie Rossi und Marini trat auch Michele Emiliano, der Regionsvorsitzende der PD in Apulien, mit einem nicht-renzianischen Kurs an und gewann überzeugend. Vendola verzichtete zwar auf eine Wiederkandidatur, aber er hat die politische Kultur in der Region so beeinflusst, dass es für Emiliano zumindest vorerst keine andere Möglichkeit gibt, als an dessen Kurs anzuknüpfen. Während Emiliano in der zweiten Amtszeit Vendolas kaum ein Störmanöver ausließ, zelebrierte er im Wahlkampf die Ferne zu Renzi und die Nähe zu Vendola. Die Wähler honorierten es und gaben seinem Bündnis wie 2010 48%, von denen die PD allerdings nur 18% verbuchen konnte.

In Apulien schnitt die linke Linke mit 6% halbwegs passabel ab, in den meisten Regionen fuhr sie allerdings eine krachende Niederlage ein und scheiterte an der 4%-Hürde. Das lag sicherlich auch an Problemen mit der politischen Kommunikation, denn in vielen Regionen und Kommunen kandidierten linke Bündnislisten, d.h. es war für weniger gut informierte WählerInnen oft nicht deutlich, um was für eine Formation es sich handelte. Wo es dagegen relativ offensichtlich war, dass es sich um SEL und Verbündete handelte, war das Ergebnis befriedigend.

Geholfen hat hier auch der Einsatz Nichi Vendolas, der in diesen Regionen die KandidatInnen durch Wahlkampfauftritte unterstütze; das galt auch für die zeitgleich stattfindenden Kommunalwahlen. Die Grillini, die einmal mehr die Sieger dieser Wahl sind, konnten besonders dort gut abschneiden, wo die PD nach rechts tendiert, d.h. von den frustrierten Linkswähler konnten Parteien links von der PD in vielen Regionen nicht profitieren.

In den zeitgleich stattfindenden Kommunalwahlen gab es ein Misstrauensvotum gegenüber den Parteien; es kandierten vielerorts Bürgerlisten, die der PD zahlreiche Bürgermeisterposten abjagten. Insgesamt, so sagen die Wahlanalytiker, sind ehemalige PD-Stimmen vor allem ins Nichtwählerlager abgewandert; die Wahlbeteiligung lag bei nur 52%, was einen Negativrekord darstellt. Nur in Ligurien und geringfügig auch in der Toskana konnten die Linksparteien vom Frust der enttäuschten PDler profitieren.[1]

In der Mitte Italiens profitierte die erstarkende Lega Nord vom Frust der PD-WählerInnen.[2] Kommentatoren betonen, dass die Tatsache, dass sich die PD bei den Wahlen trotz massiver Stimmenverluste behaupten konnte, vor allem der traditionellen PD zuzuschreiben ist. Nirgendwo konnten explizite RenzianerInnen Erfolge erzielen.

Im zweiten Wahlgang der Kommunalwahlen am 14.6. traf der Frust der traditionellen LinkswählerInnen in der Toskana die PD mit aller Härte, denn hier waren es die Orte, in denen die amtierenden PD-Bürgermeister wegen Unregelmäßigkeiten abgesetzt wurden und deshalb vorgezogene Neuwahlen anstanden. In Hochburgen wie Viareggio oder Arezzo wurde die Partei gnadenlos abgestraft, in Venedig, wo der PD-Bürgermeister ebenfalls wegen Korruption zurücktreten musste, konnte sich der PD-Linksaußen Felice Casson zunächst noch gut behaupten, im zweiten Wahlgang scheiterte er relativ knapp gegen den Kandidaten der Rechten.

Die Grillini, für die Korruptionsbekämpfung Priorität hat, sind im zweiten Wahlgang entweder zuhause geblieben oder haben für die Rechte gestimmt. In einigen kleineren Städten auf Sardinien und Sizilien ist es den 5* gelungen, Bürgermeisterämter zu erobern. Der Schiffbruch der PD in Venedig und anderswo hat dazu geführt, dass nun Politiker und Wissenschaftler Renzi zum Kurswechsel auffordern, sonst ergehe es der PD am Ende wie der PASOK, die in Griechenland kaum noch eine Rolle spielt. Renzis erste Reaktion war die Ankündigung, dass das umstrittene Schulgesetz zumindest leicht modifiziert wird.

Schon wieder auf dem Weg zu einer neuen Linken

Die Forderungen der Grillini, der linken Liste und der PD unterschieden sich in diesen Wahlen oft nur in Nuancen. Es wollen alle die Kinderbetreuung und die Infrastruktur ausbauen, vor allem der öffentliche Nahverkehr ist hierbei ein wichtiges Thema. Auch Gesundheitssystem und Müllentsorgung sollen verbessert werden.

Natürlich gab es auch Unterschiede; die Grillini gehen eher in Richtung des effektiveren Managements bestehender Strukturen, während die linken Listen und teilweise auch die PD verbesserte Leistungen forderten. Bei den Linken findet man auch eher Forderungen nach einer effektiven Antidiskriminierungspolitik.

In der relativ geringen programmatischen Innovationskraft liegt vermutlich auch einer der Gründe für das magere Abschneiden der linken Listen. Ob es angesichts der eher bescheidenen Wahlergebnisse der linken Bündnislisten wirklich eine gute Idee ist, jetzt die Gründung einer vereinten Linkspartei voranzutreiben, ist ein Einwand, der Vendola, Civati und Paolo Ferrero (Rifondazione Comunista) nicht davon abhielt, sich unmittelbar nach den Wahlen zu treffen und die Gründung einer gemeinsamen neuen Linkspartei im Herbst anzukündigen. Ob daraus mehr wird als aus dem letzten Vorhaben Anfang 2015, wird abzuwarten sein.

Auch die linken Gewerkschaften, allen voran Maurizio Landini, der Chef der Metallarbeitergewerkschaft FIOM, hatten sich damals für eine neue Linkspartei ausgesprochen. Nachdem dies nichts wurde, hat Landini angekündigt, eine parteiübergreifende soziale Koalition zu gründen, der es um ArbeitnehmerInnenrechte und soziale Rechte gehen soll. Am 6. und 7. Juni trafen sich Landini und seine Unterstützer erstmals zu einem landesweiten Treffen, das gut besucht war und lebendige Diskussionen aufzuweisen hatte.

Neben Kritik an Renzis undemokratischer Politik waren Korruption und Klüngel ein bevorzugtes Angriffsziel. Zu den Forderungen, die im Raum standen, gehörte auch die Forderung nach dem bedingungslosen Grundeinkommen, was die coalizione sociale auch für die Grillini attraktiv macht, wie auch die Tatsache, dass deren ehemaliger Präsidentschaftskandidat Stefano Rodotà Stargast der Veranstaltung war.

Bislang hat es Grillo vor allem vermocht, in das Territorium der linken Parteien einzubrechen. Landinis Versuch, die 5* bei ihrem links anmutenden programmatischen Selbstverständnis zu packen und sie in sein Bündnis zu bekommen, ist vielleicht der erste Schritt, die linke Hilflosigkeit im Umgang mit den Grillini zu überwinden.

Christina Ujma, Berlin, schreibt in Sozialismus regelmäßig über Italien, zuletzt in Heft 4/2015 zum 100. Geburtstag von »Pietro Ingrao – Partisan, Politiker, Journalist und Theoretiker«.

[1] http://www.lastampa.it/2015/06/01/italia/politica/il-pd-in-liguria-paga-il-prezzo-dellastensionismo-e-in-campania-de-luca-vince-con-i-voti-degli-ex-fi-bpgSuasHpHd2ew04uQQBAP/pagina.html
[2] www.termometropolitico.it/1176641_regionali-2015-analisi-flussi-elettorali-swg-ovunque-cresce-lastensione.html

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