Hajo Funke
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ISBN 978-3-96488-210-3

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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
Den Krieg verlernen
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Frank Deppe
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ISBN 978-3-96488-197-7

Peter Wahl
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

8. November 2010 Joachim Bischoff / Knut Persson / Norbert Weber

Sind die Landesbanken noch zu retten?

Die Tage der Existenz von deutschen Landesbanken in den derzeitigen Konstruktionen scheinen tatsächlich gezählt zu sein. Von den in Deutschland existierenden neun Landesbanken [siehe Übersicht weiter unten] geht es vier der fünf Großen – der WestLB, der HSH Nordbank, der BayernLB sowie der Landesbank Baden Württemberg – richtig schlecht, das Wasser steht ihnen »bis zum Hals«. Derzeit am kritischsten ist die Situation bei der WestLB.

Die EU-Kommission hatte die notwendigen Stützungsmaßnahmen für den Erhalt der WestLB nur unter extremen Auflagen genehmigt; so sollten Tochtergesellschaften veräußert werden und ein neues Geschäftsmodell wurde gefordert. Die WestLB durfte einen Teil ihrer Giftmüllpapiere in eine Bad Bank in einer Größenordnung von mehr als 77 Milliarden Euro auslagern. Trotz der öffentlichen Stützungsmaßnahmen musste im Nachtragshaushalt des Landes Nordrhein-Westfalen ein weiterer Kapitaleinschuss in Höhe von 1,3 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um die Bank weiter am Leben zu halten.

Im ersten Halbjahr 2010 musste die WestLB zwar einen Rückgang des Ertrags hinnehmen, blieb allerdings in der Gewinnzone. Vor Steuern verblieb nach einem schwachen zweiten Quartal ein Gewinn von 114 Mio. Euro gegenüber 302 Mio. Euro in der Vergleichszeit des Vorjahres.

Zudem hatte die EU-Kommission auf Unregelmäßigkeiten bei dem Transfer der toxischen Papiere auf die Bad Bank hingewiesen, es seien 3,4 Milliarden Euro verdeckter Subventionen geflossen. Die Bank hatte die Gelegenheit genutzt, die Giftmüllpapiere zu viel zu hohen Kursen zu bewerten und zu diesen Preisen auf die Bad Bank zu übertragen. Diese musste im Rumpfgeschäftsjahr sofort in Milliardenordnungen abschreiben und aufs normale Maß »runter« bewerten.

Für den EU-Kommissar Joaquín Almunia wird die geordnete Abwicklung der WestLB zur realistischen Alternative: Sie müsse die Hilfen zurückzahlen oder ihr Geschäft weiter eindampfen, um die Verzerrung des Wettbewerbs auszugleichen. Weder die Fusion mit einer anderen Landesbank noch der Verkauf der verbliebenen WestLB als Ganzes an einen privaten Investor scheinen so noch möglich. Für werthaltige Teile wie die Immobilientochter Westimmo oder das Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden werden sich Käufer finden. Der Rest müsse abgewickelt, das Neugeschäft eingestellt werden.

Obwohl der Bund die WestLB großzügig entlastet hat, kommt die Kernbank auf keinen grünen Zweig. »Wir haben wachsende Zweifel an der Rentabilität der Bank«, konstatiert Almunia, die WestLB verlasse sich mehr denn je auf riskante Kapitalmarktgeschäfte und ignoriere damit die frühere EU-Auflage, Risiken in ihrer Bilanz abzubauen.

Nach den gescheiterten Fusionsgesprächen mit der BayernLB will die EU-Kommission jetzt Fakten sehen und fordert den Verkauf und die Zerschlagung der Bank. Selbst Hilmar Kopper, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank und jetziger Aufsichtsratsvorsitzender der HSH Nordbank sieht keine Chance mehr für den Erhalt der WestLB, er fordert deren und sieht nicht einmal ansatzweise ein tragfähiges Geschäftsmodell.

Die Aufregung ist groß, Vorstand und Betriebsrat der WestLB bemühen sich verzweifelt um den Erhalt der Bank. Diese kann jedoch erneut nur mit weiteren Steuermilliarden erreicht werden.

Der deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) hatte die Bemühungen von WestLB und BayernLB  positiv begleitet. Nach dem Scheitern der Fusionsverhandlungen, den Schwierigkeiten beim Verkauf von Teilen der Bank und dem erhöhten Druck aus Brüssel dürften nun auch bei den Sparkassen die Alarmglocken schrillen. Viele Sparkassen in Nordrhein-Westfalen haben ihren Anteil an der WestLB in den Bilanzen noch nicht abgeschrieben. Eine WestLB-Pleite könnte angeschlagene rheinische Institute so hart treffen, dass der Verband sie auffangen muss.

Gleichwohl: Eine geordnete Abwicklung der WestLB, die seit Jahren immer wieder an ihren selbst verursachten Problemen zu ersticken drohte, dürfte nicht mehr abzuwenden sein. Für die Stabilität des bundesdeutschen Finanzsystems ist eine geordnete Schließung der Bank sowohl für die öffentlichen Finanzen als auch für die an dem Eigenkapital beteiligten Sparkassen keine einfache Aufgabe. Denn selbst eine »geordnete« Schließung beinhaltet die Gefahr einer riesigen Wertvernichtung von öffentlichem Eigentum, denn die in die Bad Bank ausgelagerten Bestände machen nur ein knappes Viertel des vom Ausfall bedrohten Wertpapier- und Kreditengagements aus.

Weitere Fusionsgespräche mit anderen Landesbanken, wie vom Vorstandsvorsitzenden der WestLB, Dietrich Voigtländer, angekündigt, sind bereits im Vorfeld zu Scheitern verurteilt. Die selbst in einem schweren Umfeld agierenden Landesbanken haben eigene Probleme zu bewältigen, eine Fusion mit der angeschlagenen WestLB löst kein einziges davon. Die kleineren Landesbanken, die derzeit noch recht unbeschädigt agieren können, werden sich ein Zusammengehen mit der WestLB nicht antun. Die wirtschaftlichen Risiken der Bank sind kaum zu überschauen, der Halbjahresbericht der WestLB weist eine Größenordnung von 119 Milliarden Euro an wahrscheinlichem Bestandsausfall aus. Weitere Kapitaleinschüsse, wie hoch auch immer, dürften lediglich ein »Tropfen auf den heißen Stein« sein und sofort verdampfen.

Die BayernLB, die LBBW und die HSH Nordbank hätten immerhin noch die personelle Möglichkeit, sich selbst aus dem Sumpf ziehen. Grundvoraussetzung hierfür wäre jedoch auch für diese Landesbanken ein neues, nachhaltig tragfähiges Geschäftsmodell.

Die deutschen Landesbanken

  • Bayerische Landesbank (BayernLB)
  • Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg – Girozentrale (92,5% hält die NORD/LB)
  • HSH Nordbank AG, hervorgegangen aus der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein Girozentrale
  • Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)
  • Landesbank Berlin AG (LBB) (Nicht mehr im Besitz eines Bundeslandes)
  • Landesbank Hessen-Thüringen – Girozentrale (Helaba)
  • Norddeutsche Landesbank – Girozentrale (NORD/LB)
  • Landesbank Saar (SaarLB) (49,9% hält die BayernLB)
  • WestLB AG

Dieses ist jedoch bei keiner der genannten Landesbanken erkennbar! Nach wie vor wird lediglich in den Segmenten verdient, die die Landesbanken an den Rand des Abgrunds gebracht haben. Somit dürfte auch bei anderen Landesbanken eine »geordnete Abwicklung« lediglich eine Frage der Zeit sein. Angesichts der inzwischen allen politisch Verantwortlichen bekannten Situation der Landesbanken müssten weitere Kapitaleinschüsse zudem als vorsätzliche Veruntreuung von Steuergeldern bezeichnet werden.

Wie könnten stattdessen Schritte für eine Lösung aussehen und welche Ziele können für diese definiert werden? Erforderlich und möglich wären

  • der Rückbezug auf die regionalen Ursprünge und Kernsegmente (Auslandsaktivitäten nunmehr in Form von Kooperationen mit im Ausland ansässigen Banken);
  • die Schaffung eines schnell greifenden, effizienten Insolvenzrechts für Banken;
  • die Ausweitung der Kompetenzen für die BaFin als Aufsichtsbehörde;
  • die Korrektur der viel zu weit auslegbaren internationalen Bilanzierungsregeln ISRF durch zusätzliche nationale Regelungen und die Schaffung einer kompetente Kontrollkommission (z.B. der BaFin unterstellt);
  • die Kontrolle von Aktiengesellschaften, die gegen diese Regeln verstoßen, durch Veröffentlichung von »Schwarzen Listen« und die Einführung von Sanktionen, z.B. durch Handelsverbot an deutschen Börsenplätzen;
  • der Entzug der Bankleiterlizenz für Bankvorstände, die gegen die Regeln verstoßen – ohne Ausgleichsansprüche beim Ausscheiden;
  • die Deckelung der Gehälter und Einkommen und die Schaffung von permanenter Transparenz;
  • das Geltendmachen politischer und auch finanzieller Verantwortung der Verursacher der hausgemachten Situationen der Banken –dazu gehören Vorstände, Aufsichtsräte und auch Politiker

Die notleidenden Landesbanken verkaufen – teilweise stillschweigend – profitable Tochterunternehmen und vereinnahmen die hieraus erzielten Erlöse als Deckungsbeitrag zum maroden Geschäftsbetrieb. Dieses ist für die mit Steuergeldern am Leben gehaltenen Institute nicht hinnehmbar. Die Erlöse müssen als Gegenleistung für die Stützungsmaßnahmen dienen, entweder durch Kaufpreishinterlegung bei Treuhändern (bei der HSH z.B. bei der HSH Finanzfonds AöR) oder Ausgabe von entsprechenden Aktienpaketen, und zwar zum Nominalwert.

Es sind bereits gewaltige Beträge in die Landesbanken gesteckt worden, ohne dass eine Besserung in Aussicht ist. Das darf so nicht weitergeführt werden. Erkenntnisse über die Fehlentwicklungen sind mittlerweile ausreichend vorhanden, die Alternativen haben wir angedeutet. Nun müssten Konsequenz gezogen werden.

Joachim Bischoff, Knut Persson und Norbert Weber haben soeben die Studie Tatort HSH Nordbank vorgelegt, in der auch die Rolle der Landesbanken in der Bundesrepublik ausführlich analysiert wird.

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