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Antje Vollmer/Alexander Rahr/Daniela Dahn/Dieter Klein/Gabi Zimmer/Hans-Eckardt Wenzel/Ingo Schulze/Johann Vollmer/Marco Bülow/Michael Brie/Peter Brandt
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Frank Deppe
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Peter Wahl
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Heiner Dribbusch
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376 Seiten | Hardcover | EUR 29.80
ISBN 978-3-96488-121-2

26. Oktober 2011 Joachim Bischoff/Norbert Weber: Deutsche Bank 2011

»Too big to fail«

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat einem wichtigen deutschen Finanzmarktakteur bisher wenig anhaben können: der Deutschen Bank. Im Gegenteil. Die Bank weist 2011 eine Bilanzsumme von 2,3 Bio. Euro aus, was fast der gesamten Wirtschaftsleistung Deutschlands entspricht (BIP 2010: nominal 2,47 Bio. Euro).

Sie ist damit größer und kapitalstärker als vor der Finanzkrise 2008. Gebetsmühlenartig wird immer wieder verkündet, Staatshilfe sei für Deutschlands größte Bank kein Thema. Man kokettiert sogar damit, dass »sich der Vorstand nicht unter Druck setzen lassen würde, aus diplomatischen Gründen Staatshilfe anzunehmen«.

Gleichwohl: Die Ergebnisse zum 30.September 2011 sind auch bei der Deutschen Bank durchwachsen. »Im dritten Quartal war das operative Umfeld so schwierig wie seit dem Jahresende 2008 nicht mehr«, entschuldigte Vorstandschef Josef Ackermann die relativ schwachen Zahlen. Das Privatkundengeschäft und die Vermögensverwaltung konnten die Flaute an den Kapitalmärkten im Sommer nicht vollständig wettmachen. Bisher trug das Investmentbanking rund zwei Drittel zum Gewinn bei. Jetzt steuerte das Investmentbank lediglich 53% zum Gewinn bei, die Geschäftsfelder der zweiten Säule 47%. Unterm Strich musste sich die Bank im dritten Quartal mit einem Nettogewinn von 777 Mio. Euro »begnügen« – das sind 37% weniger als im entsprechenden Vorjahresquartal. Experten hatten allerdings ein noch bescheideneres Ergebnis erwartet.

Der Vorstand sieht die Bank trotzdem gut aufgestellt, die Schuldenkrise aus eigener Kraft zu überstehen: Staatshilfe sei für Deutschlands größtes Geldhaus kein Thema. Ein Rekordergebnis im klassischen Bankgeschäft, ein Gewinneinbruch im Investmentbanking – erstmals seit vielen Jahren verdient die Deutsche Bank mit Privat- und Firmenkunden fast ebenso viel Geld wie am Kapitalmarkt. Dass die beiden Standbeine fast ausgeglichene Beiträge zum Quartalsergebnis abliefern, war so sicherlich nicht geplant.

Seit den Zeiten, als die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers der Deutschen Bank acht Mrd. Euro Verlust im Investmentbanking einbrockte, hat sie die Risiken drastisch heruntergefahren. Gleichwohl musste der scheidende Vorstandschef Ackermann das Ziel eines Rekordgewinns von zehn Mrd. Euro 2011 bereits Anfang Oktober kassieren. Wegen der Schuldenkrise im Euro-Raum und der Unsicherheit an den Märkten sei das für dieses Jahr angepeilte Ergebnis »nicht mehr erreichbar«, sagte Ackermann. Der Finanzkonzern wird deshalb sein Investmentbanking weiter eindampfen. Bis Frühjahr 2012 wird jede/r zehnte InvestmentbankerIn gehen. Im Vergleich zum Höchststand von 15.800 BankerInnen vor einem Jahr sinkt die Zahl der Stellen um zehn Prozent auf gut 14.000.

Weltweit hat sich das Investmentbanking von den Auswirkungen der Finanzkrise nicht erholt. Käufer agieren nur noch sehr vorsichtig und die Banken sitzen auf ihren risikobehafteten Beständen. Selbst das Vertrauen in andere Kreditinstitute ist zurzeit gestört. Auch für die Begleitung von Börsengängen sowie Fonds-Platzierungen, die ebenfalls zum Geschäftsfeld Investmentbanking großer Kreditinstitute gehören, ist der Markt derzeit schlichtweg nicht vorhanden.

Die Deutsche Bank hat bei ihren Beständen an Staatsanleihen bereits für mögliche Ausfälle vorgesorgt: Ihre Bestände an Griechen-Anleihen hat sie beispielsweise schon um 54% auf Marktwert abgeschrieben. Griechische Staatsanleihen stehen nur noch mit 46% des Nennwertes in den Büchern des Hauses. Aufgrund der Schuldenkrise musste die Bank den Angaben zufolge im dritten Quartal 228 Mio. Euro auf griechische Staatsanleihen abschreiben. Einen härten Schuldenschnitt von 50% oder 60%, wie er im Gespräch ist, würde die Deutsche Bank also leicht verkraften.

Insgesamt beläuft sich das Netto-Engagement der Bank in den Euro-Krisenstaaten Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien auf 4,4 Mrd. Euro. Im Dezember 2010 waren es noch über zwölf Mrd. Euro gewesen. Allein in Italien hat das Engagement zum Vorquartal zugenommen: Statt 1,0 Mrd. Euro beträgt das Risiko nun 2,3 Mrd. Euro. In allen anderen Krisenstaaten nahm das Volumen weiter ab.

In Vorbereitung auf erhöhte Kapitalanforderungen hat die Bank ihre harte Kernkapitalquote („Tier–1“) bereits auf 10,1% erhöht. Auch hier ist sie immer einen Schritt voraus. Die EU-weite Kapitalanforderung für alle Banken soll auf 9 % angehoben werden. Trotzdem hat die Bank einen Quartalsgewinn über mehr als 777 Millionen Euro nach Steuern erwirtschaftet – ein wenig mehr als Analysten erwartet haben.

Zudem hat die Deutsche Bank in kürzester Zeit ihr Geschäftsmodell wesentlich breiter aufgestellt. Trugen in früheren Jahren nahezu ausschließlich ihre Londoner Investmentzocker zum Konzerngewinn bei, so hat, dank Zukäufen wie Postbank und Sal. Oppenheim, in diesem Jahr erstmals die Sparte Privat- und Geschäftskunden schwerpunktmäßig zum Gewinnausweis beigetragen.

Ihr großes ökonomisches Gewicht setzt die Bank geschickt für die Einflussnahme auf politische Entscheidungen ein. Aktuellstes Beispiel: Deutsche Bank Chef Ackermann führt Medienberichten zufolge aktuell die Verhandlungen zum Schuldenschnitt Griechenlands. Hierbei sind 50% Erlass im Gespräch. Seit Jahren bestimmt die Deutsche Bank mit bei finanzpolitischen Entscheidungen.

Die Finanzkrise hatte die Deutsche Bankenlandschaft ordentlich in Bedrängnis gebracht, einzelne Kreditinstitute standen bereits am Abgrund. Nur durch massive staatliche Stützungen konnten Bankinsolvenzen vermieden werden. Neben kleinen regionalen Instituten wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die nicht dem Größenwahn verfallen waren, konnte sich lediglich die Deutsche Bank augenscheinlich ohne Probleme behaupten. Und das, obwohl gerade dieses Kreditinstitut die anderen Banken ursächlich mit dem Größenwahn-Virus infiziert hatte.

Erinnern wir uns: In den Hochzeiten der Kreislaufgeschäfte gehörte die Deutschen Bank zur den weltweit fünf größten Händlern und verdiente prächtig. Weil die riesige Menge an Wertpapieren für die Deutsche Bank allein nicht mehr zu händeln war, brachte sie andere Banken ins Spiel in Form von Konsortialgeschäften. Mit dabei waren alle Landesbanken, die HRE und die IKB. Dabei profitierte die Deutsche Bank von der günstigen Bewertung ihres Wertpapiermülls durch externe Ratingagenturen – schlechte Ratings wurden so gut wie nie vergeben, da diese Agenturen von ihren Auftraggebern, somit den Banken, abhängig waren. Als die Blase platzte, war die Deutsche Bank geschickt und einflussreich genug, um wie beim Spiel »Die Reise nach Jerusalem« immer einen eigenen Stuhl zu haben. Die DB nutzte ihren Einfluss auf die Politik, um sich massiv für die Rettung der Hypo Real Estate einzusetzen. Sie gehörte zugleich zu den wenigen Finanzmarktakteuren, die bei der Lehman-Pleite kaum Geld verloren, weil sie rechtzeitig ihren eigenen Müll über die halbe Bankenlandschaft verteilt hatte. Schließlich konnte Ackermann sich rühmen, unbeschadet und ohne staatliche Hilfe die Finanzkrise überstehen zu können.

Fazit: Die Deutsche Bank hat mittlerweile eine ökonomische Stellung und Macht erreicht, die einem Kreditinstitut nicht zustehen. Politische Regulierungsversuche prallen an ihr einfach ab. Ihr politischer Einfluss in Deutschland führt dazu, dass sie auf internationalem Parkett finanzpolitische Verhandlungen führt. Nicht genug damit, die Deutsche Bank berät mittlerweile Regierungen und formuliert Gesetzestexte. Über allem kreist das Risiko: Sollte die Deutsche Bank aus welchen Gründen auch immer in Schieflage kommen, wird sie aufgrund ihrer Dimension, ihrer Machtstrukturen und dem garantiert kommenden Argument »Systemrelevanz« immer aus Steuertöpfen gestützt werden müssen: »Too big to fail«.

Wie von der LINKEN schon seit geraumer Zeit gefordert, wäre der einzige Ausweg eine Vergesellschaftung der Bank und ihre Aufteilung in viele kleinere, voneinander unabhängige Einheiten. Nur so kann der wachsenden Machtkonzentration und den damit verbundenen Risiken entgegengetreten werden.

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