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17. Februar 2011 J. Bischoff/K. Persson/N. Weber: Schrecken ohne Ende

Von der WestLB zur »RestLB«

Die EU-Kommission hatte eine Frist bis zum 15. Februar 2011 gesetzt, um das »Problem WestLB« abschließend zu lösen. Die Eigentümer, Land und Sparkassen, sowie der Bund verhandelten seit Wochen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Frist ist abgelaufen. Es heißt, man habe sich gemeinsame Vorschläge geeinigt.

In letzter Minute hat die Bundesregierung ihre Vorschläge zur Sanierung der WestLB an die EU-Kommission in Brüssel übermittelt. Doch statt eines einheitlichen Konzepts erhielt EU-Wettbewerbskommissar Almunia gleich drei Optionen. Die drei Dossiers, die der WestLB-Lenkungsausschuss kurz vor Ablauf der Frist an die EU-Kommission übermittelte, standen dabei bereits längst fest: Variante 1 = weitere Verkleinerung der Bank; Variante 2 = Verkauf als Ganzes; Variante 3 = Verbundlösung, d.h. die WestLB als kleine Bankeneinheit über den Sparkassen.

Seit den 1980er Jahren fährt die WestLB in schwerer See, immer wieder mussten die Eigentümer und damit die SteuerzahlerInnen Kapital nachschießen, um einen Zusammenbruch der Bank zu verhindern. Bereits vor Jahren hatte man ein Sanierungskonzept zur Rettung der Bank mit Steuergeldern vollzogen, aus der die Teile WestLB AG und die NRW.Bank hervorgingen.

Milliardenverluste im Finanzmarktcasino

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte 1992 die WfA (Wohnungsförderungsanstalt) als Sacheinlage in die WestLB eingegliedert. Dies entsprach einer Eigenkapitalerhöhung von zwei Mrd. Euro. Bereits 1994 reichte der Bundesverband Deutscher Banken bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Höhe der Vergütungen ein, scheiterte aber wegen Formfehlern. Das ganze Hin und Her zog sich hin bis 2002. Die WestLB war auch der Auslöser einer Beschwerde wegen der Gewährsträgerhaftung: Begründung: Wettbewerbsverzerrung und staatliche Beihilfe. Nach jahrelangen Streitigkeiten gab es einen Kompromiss. Das Ergebnis war das Ende der Gewährsträgerhaftung in 2005. Bereits 2002 teilte man deshalb die Bank auf in die NRW-Bank und die WestLB AG.

Die Umstände und Rahmenbedingungen der Teilung hatten schon damals einiges von der Gründung einer »Bad Bank«. In 2004 zahlte die WestLB in einem Kompromiss aus einem Streit mit dem Bundesverband Deutscher Banken 1,4 Mrd. Euro an das Land NRW als Ausgleich für die WfA. Im Gegenzug investierte das Land NRW sofort 1,5 Mrd. Euro im Zuge einer Kapitalerhöhung in die Bank.

Bereits seit 1996 mischte die WestLB im internationalen Investmentbanking mit, indem sie die Londoner Investmentbank »Panmure« kaufte. Später bekam das Kind den Namen »Principal Finance«. Man drehte ein großes Rad, investierte im großen Stil in Beteiligungen und schob fleißig Kredite hinterher. Das ging nicht lange gut, weil man enorme Risiken eingegangen war. Ergebnis war 2003 eine BaFin-Sonderprüfung. Vorstände traten zurück. Das Ergebnis des Gutachtens lautete Verstoß gegen § 18 KWG und Verzicht auf klassisches Risikomanagement. Gegen einen Vorstand wurde Klage wegen Untreue eingereicht. Eins der unseligen Unternehmen lautete »Boxclever«. Die ganzen Zusammenhänge und Auswirkungen wurden trotz vielfacher Bemühungen nie aufgeklärt. Anhand der Jahresergebnisse der Bank lässt sich nachvollziehen, dass der Ausflug in den Größenwahn etwa 2,2 Mrd. Euro gekostet hat.

Alle Sanierungsbemühungen haben aber nichts genützt. Wieder hat sich die WestLB unter Missachtung aller Regeln eines ordentlichen Kaufmanns selbst in eine Schieflage gebracht – getrieben von Gier, Maßlosigkeit und Unvermögen der Akteure, denen die Geschicke der Bank anvertraut worden waren und auch derjenigen, die diese eigentlich hätten kontrollieren sollen (Aufsichtsrat).

Als »die Lösung« hatte man eine »Bad Bank« gegründet, in die man »mal eben« einen mehr als 77 Mrd. Euro großen Anteil der Bank verschob. Selbst bei der Umbuchung auf die Bad Bank konnte man von Tricksereien nicht lassen. So buchte man die toxischen Wertpapierbestände zu einem viel zu hohen Wertansatz auf die Bad Bank um. Die EU bezifferte diesen viel zu hohen Wertansatz auf 3,4 Mrd. Euro und verlangte, diese »verdeckte Restrukturierungsbeihilfe« zurückzuzahlen. Das ging aber nicht mehr, weil die WestLB diese zusätzliche Vereinnahmung schon wieder in ihren Untiefen versenkt hatte.

Schwarze-Peter-Spiel der Ratlosen

Der EU ging dieses Gehampel dann doch zu weit. Sie verlangte einen Verkauf der Bank als Ganzes, oder den Verkauf von Teilbereichen und damit Schrumpfung der Bank, oder aber Fusion der WestLB mit anderen Banken. Frist: 15.Februar 2011. Die EU stellte deutlich klar, dass die Bank abgewickelt werden würde, falls man keine Lösung findet. Diese wollen die Beteiligten nunmehr präsentiert haben.

Doch die »Lösung« besteht lediglich aus »Vorschlägen«, und zwar den drei Optionen, die die EU eigentlich sowieso schon vorgegeben hat.

  1. Fortsetzung der Verkaufsprozesses

Alle Bemühungen in diese Richtung sind bisher – verständlicherweise – gnadenlos gescheitert. Aus welchem Grund soll irgendein Investor in Risiken investieren, die niemand kennt oder beziffern kann? Es könnten 10 Mrd. Euro sein, aber auch 50, 100 oder mehr als 200 Mrd. Euro.

  1. »Redimensionierungskonzept«

Bei diesem höchst genialen Vorschlag soll die Bank »abspecken«, und zwar über alle Teilbereiche hinweg. Das Problem wird dadurch nicht geringer, denn man wird in allen Teilbereichen lediglich die solventesten Teile liquidieren können, verbliebenes Tafelsilber würde verscherbelt. Das dürfte zum Gegenteil einer »Lösung« führen, denn die Bank könnte aus eigener Kraft überhaupt keine nennenswerten Deckungsbeiträge mehr einbringen, würde nur noch die defizitären Anteile vorhalten und so wohl nur noch am Tropf des Steuerzahlers hängen.

  1. Verbundbank

Dieser Vorschlag soll die Aktivitäten der Bank auf die eines reinen Zentralinstitutes der Sparkassen reduzieren. Alle anderen Aktivitäten und Teilbereiche der Bank sollen möglichst veräußert werden. Was nicht verkauft werden kann, will man auf dem Müllhaufen »Bad Bank« abladen. Damit würden jedoch nur noch die StuerzahlerInnen die monetären Risiken tragen. Zudem sind die Sparkassen weder in der Lage noch bereit, entsprechende Gelder aufzubringen oder gar Eventualverpflichtungen wie Avale, Bürgschaften oder Garantien für die WestLB einzugehen.

Für die Kapitalausstattung einer Verbundbank für die Sparkassen – die sich auf eins bis 1,5 Mrd. Euro belaufen soll – sollen danach die beiden NRW-Sparkassenverbände und die Sparkassenfinanzgruppe sorgen. Ein Verkauf der Verbundbank an die Sparkassen könne bis zu 600 Mio. Euro bringen, hieß es weiter. Die öffentlich-rechtlichen Institute stellten die Liquidität des geplanten neuen Instituts sicher.

Unverkäufliche Teile der WestLB würden bei dem Aufspaltungsmodell auf die bereits bestehende, Erste Abwicklungsanstalt (EAA) genannte Bad Bank übertragen, in die die WestLB bereits Altlasten mit einem Volumen von 77 Mrd. Euro übertragen hat. Diese verfüge noch über Eigenkapital von rund 1,6 Mrd. Euro, hieß es weiter. Durch die Ausgliederung werde ihr weiteres Kapital zufließen. Für Garantien stünden Land und Sparkassen ein. Der Bund bringe seine drei Mrd. Euro ebenfalls in die Garantiesumme ein.

Die nordrhein-westfälischen Sparkassen bürgen für die Bad Bank bereits mit 17 Mrd. Euro. Sie hatten deshalb zunächst gefordert, für eine Aufstockung der Garantiesumme müsse der Bund einstehen. Die Bundesregierung dagegen verwies darauf, dass NRW-Landesregierung und -Sparkassen als Eigentümer der WestLB hier an erster Stelle gefragt seien.

Die drei der EU als Lösungsmöglichkeiten präsentierten Vorschläge machen die Hilflosigkeit der Akteure überdeutlich. Sie sind offensichtlich völlig ratlos, wie man das WestLB-Drama beenden kann. Lieber schiebt man der EU den Schwarzen Peter zu, die jetzt agieren muss.

In den Medien wurde berichtet, dass man in den drei Optionen einen Zeitkorridor bis 2015 festgelegt hat, um zu einer Lösung zu kommen. 2015 läuft die Nachlauffrist der Gewährsträgerhaftung, das sogenannte grandfathering, aus. Es dürfte kein Zufall sein, dass alle Akteure einschließlich der öffentlich-rechtlichen Sparkassen bis 2015 auf Zeit spielen.

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bereitet die Öffentlichkeit derweil auf neue Opfer vor: Es werde weitere Milliarden-Lasten durch die Sanierung der angeschlagenen WestLB geben. Man könne sich nicht in die Tasche lügen, wenn man über Summen rede. Am Ende benötige man einen relativ hohen einstelligen Milliardenbetrag. «Und wenn es gut läuft, dann ist das etwas, was über viele, viele Jahre verteilt wird. Wenn es schlecht läuft, dann ist es eben etwas, was uns alle ereilen kann.«

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