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18. Januar 2012 Joachim Bischoff: Regierung senkt Wachstumsprognose

»Winterdelle« oder Abwärtsspirale?

Die Bundesregierung hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2012 gesenkt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in diesem Jahr voraussichtlich nur um 0,7% wachsen, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts. Die deutsche Wirtschaft sei nach wie vor in einer »erfreulich robusten Verfassung«.

Nach einer »Wachstumsdelle« im Winter werde die Wirtschaft im Laufe des Jahres daher wieder zu einem höheren Wachstum zurückfinden. Das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung sei die Krise in Europa. Die Regierung Merkel hatte bislang mit einem Wachstum von 1,0% gerechnet. Für 2013 erwartet sie eine Zunahme des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,6%. 2011 hatte das Wachstum noch 3,0% betragen.

Von der SPD kommt ein überraschend kritischer Kommentar zu dieser schwarz-gelben Märchenstunde: »Die deutsche Wirtschaft ist stark, aber nicht unverwundbar. Die Bundesregierung lässt bei ihrer 0,7-%-Wachstumsprognose die Unwägbarkeiten der internationalen Wirtschaft außer Acht. Das ist fahrlässig. Sie vertraut einzig darauf, dass sich bis Mitte des Jahres die Finanzmärkte beruhigt haben. Diese Hoffnung kann sich schnell als Luftballon erweisen. Die Bundesregierung darf nicht länger Däumchen drehen, sondern muss die deutsche Wirtschaft gegen eine schwache Konjunktur oder gar Rezession wappnen. Die Mittel dafür: Die Binnennachfrage ankurbeln und die Wettbewerbsfähigkeit der schwachen Euro-Länder aufbauen.« (Garrelt Duin, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion)

Dies ist sicherlich der übliche Oppositionssprech. Denn die SPD hat gleichermaßen keine Konzeption für die Stärkung der Binnenwirtschaft und für eine Expansion der Wirtschaften der Euro-Zone. Die These von der »Winterdelle« steht im krassen Gegensatz zu den Einschätzungen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

Der IWF hat angekündigt, dass er seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft absenken wird. IWF-Chefin Lagarde unterstreicht die anhaltende Gefahr einer globalen Wirtschaftskrise. Trotz der Bemühungen um eine Lösung der Wirtschaftskrise in der Euro-Zone könne von einer Entspannung keine Rede sein. Die globale Wirtschaft sei in einer gefährlichen Lage und eine unkontrollierte Bewegung im Euro-Raum hätte fatale Konsequenzen.

Auch die Weltbank kann sich der Schönrednerei des deutschen Wirtschaftsministers nicht anschließen. Immerhin ist die bundesdeutsche Ökonomie im letzten Quartal 2011 bereits in die roten Zahlen abgerutscht. Auch die Mehrheit der Euro-Zonenländer befindet sich in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale. Die Weltbank sieht ein wirtschaftliches Schlechtwettergebiet heraufziehen. »Das Risiko ist real, dass die Märkte weltweit einfrieren und eine globale Krise wie im September 2008 ausbricht.« Die Ökonomen der Weltbank rechnen damit, dass die Weltwirtschaft im laufenden Jahr 2012 in einem Abschwungsog gerät und nur noch um 2,5% wachsen wird. Dies wäre ein deutliches Indiz dafür, dass die großen kapitalistischen Blöcke insgesamt eine Rezession durchlaufen. 2013 soll der Weltbank zufolge die 3%-Marke nur knapp überschritten werden. Noch im Juni 2011 hatte die Weltbank für beide Jahre mit 3,6% Wachstum gerechnet.

Es sei wichtig, sich jetzt nicht nur mit niedrigerem Wachstum vertraut zu machen, sondern auch eine massive Verschlechterung nicht auszuschließen. In einem solchen Risiko-Szenario würde eine Verschärfung der Euro-Schuldenkrise zu einem Absinken der weltweiten Wachstumsrate um vier Prozentpunkte führen und somit ein Schrumpfen der globalen Wirtschaftsleistung auslösen. »Der Abschwung in Europa und ein schwächeres Wachstum in den Entwicklungsländern erhöhen das Risiko, dass sich beides gegenseitig verstärkt und im Ergebnis ein noch schwächeres Ergebnis steht«, warnt die Weltbank. Die Entwicklungsländer seien sogar anfälliger für eine Krise als 2008.

Kein Land und keine Region können sich den Rückwirkungen eines heftigen Abschwungs entziehen. Von der weltweiten Abwärtsbewegung sind schon jetzt auch die Schwellen- und Entwicklungsländer betroffen. In der Folge werde das Wirtschaftsprodukt (BIP) in China im Jahr 2012 auch nur noch um 8,4% zulegen, nach 9,1% im vergangenen Jahr. Trotz der Wachstumsverlangsamung bleibe die Volksrepublik damit der globale Konjunkturmotor.

Während also die internationalen Institutionen wie IMF und Weltbank ihre globale Konjunkturprognose für das Jahr 2012 zurücknehmen und mit Blick auf die Euro-Schuldenkrise von einem weiteren Gefahrenpotenzial sprechen, sieht die Bundesregierung die bundesdeutsche Ökonomie als Stabilitätsfaktor, die lediglich einer rasch vorübergehenden leichten Abschwächung ausgesetzt sei. »Deutschland ist und bleibt Anker für Stabilität und Wachstum in Europa«, lautete Röslers Fazit. Die Verfassung der deutschen Wirtschaft sei nach wie vor robust.

Der Realitätsverlust und die Handlungsunfähigkeit der Berliner Regierungskoalition sind kaum zu toppen. Zu Recht verweist DIE LINKE darauf, dass diese Passivität weitreichende Folgen haben kann. »Deutschland ist kein Stabilitätsanker, sondern ein Schiff ohne Kompass im Auge des Sturms. Schwarz-Gelb hat nichts getan, um das Land auf die kommenden Turbulenzen vorzubereiten. Wir brauchen eine Kehrtwende in der Verteilungspolitik. Dazu muss es in der Bundesrepublik 2012 vor allem eine Lohn- und Sozialoffensive geben. Steigende Löhne, steigende Renten, steigende Sozialleistungen, das kurbelt die Binnennachfrage an und zieht Europa aus der Krise. Dazu müssen die Lohnbremsen aus dem Arbeitsrecht raus, und die Kürzungsfaktoren müssen aus der Rentenformel gestrichen werden, damit die Rente wieder mit den Löhnen steigt. Alle Sozialleistungen müssen darauf überprüft werden, ob sie die wirklichen Bedarfe abbilden und mit der Inflation Schritt gehalten haben.« (Klaus Ernst)


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