18. Juli 2015 Joachim Bischoff / Björn Radke

Schäuble und die Strategie des »Grexit«

Auf dem EU-Gipfel Anfang Juli hat kein Putsch oder Staatsstreich stattgefunden. Die europäische Idee ist in den harten, erpresserisch geführten Verhandlungen stark beschädigt, aber nicht zu Grabe getragen worden. Im Ergebnis hat Griechenland mit seiner Linksregierung erneut ein Hilfsprogramm der EU-Institutionen für drei Jahre erhalten, das neben einer Fortführung der Austeritätspolitik auch ein Programm für eine Investitionsoffensive enthält.

Mit den beträchtlichen Mitteln aus dem EU-Haushalt soll ein Neubeginn für Wachstum und Arbeitsplätze gestartet werden. Auf dem Euro-Gipfel wurde unterstrichen, dass die Kommission bereit ist, gemeinsam mit den griechischen Behörden bis zu 35 Mio. EUR zu mobilisieren, um in Griechenland Investitionen und Wirtschaftstätigkeit (einschließlich eines Programms für kleine und mittlere Unternehmen) zu finanzieren.

Der führende Akteur der europäischen Hegemonialmacht Deutschland und der erdrückenden Mehrheit in der Ecofin-Gruppe ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er hat eingeräumt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und er in den vergangenen Wochen unterschiedliche Auffassungen zur Griechenland-Krise vertreten haben: »Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat«.

Während Merkel sich in den langen Verhandlungsrunden mit der griechischen Regierung uneingeschränkt dafür einsetzte, mit Griechenland Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket aufzunehmen, äußerte Schäuble sich dazu zurückhaltend. Hohe Wellen schlug ein Papier aus dem Bundesfinanzministerium, in dem ein zeitweises Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone als mögliche Lösung ins Spiel gebracht wurde.[1]

Jetzt kommentiert Schäuble seinen Vorschlag folgendermaßen: »Wir haben nie gesagt, dass Griechenland aus der Eurozone austreten soll … Wir haben nur auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Athen selbst über eine Auszeit entscheiden kann.« Ein Schuldenschnitt innerhalb der Eurozone sei unmöglich, betonte Schäuble. »Das lassen die europäischen Verträge nicht zu.«

Und er wirbt auch nach der Verständigung in Brüssel über ein drittes Hilfspaket für einen »Grexit« als bessere Lösung. Zu der heftigen Kritik an Deutschlands Rolle im Schuldenstreit sagte der Minister, es gehe nicht darum, Griechenland »etwas aufzuerlegen«, sondern dabei zu helfen, dass sich die Griechen »irgendwann« den Lebensstandard leisten könnten, den sie sich leisten wollten. Dies setze Reformen voraus, um wettbewerbsfähig zu werden. Er ließ durchblicken, dass von 18 Euro-Staaten nur drei – Frankreich, Italien, Zypern – anderer Meinung gewesen seien. Letztlich hatten sich die Regierungschefs aber darauf verständigt, mit Athen Verhandlungen über ein drittes Programm aufzunehmen.[2]

Der Chef der Euro-Zonen-Länder, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, hat ein Ende der vom Bundesfinanzminister befeuerten Debatte über eine Auszeit Griechenlands vom Euro gefordert. Wenn man nach so langen und harten Verhandlungen in der Euro-Zone eine Einigung erreiche, müsse sie von allen mitgetragen werden. Das gelte für alle Seiten, für Griechenland wie die anderen Euro-Staaten. Er halte es für nicht besonders klug, wenn Politiker sich nach einer Einigung davon wieder distanzierten. Die Vereinbarung mit Griechenland für Verhandlungen über ein Hilfspaket sei nötig, glaubwürdig und werde Griechenlands Wirtschaft wieder in die Spur bringen.


Die These vom »Grexit« als besserer Lösung

In Übereinstimmung mit vielen Ökonomen und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zweifelt Schäuble jedoch daran, dass Griechenland ohne einen echten Schuldenschnitt seine Probleme nachhaltig lösen könne. Solch ein Schuldenschnitt sei aber mit der Mitgliedschaft in der Europäischen Währungsunion unvereinbar, Hellas müsste in diesem Fall also zeitweilig den Euro verlassen. »Aber es wäre vielleicht für Griechenland der bessere Weg.«

Auch der IWF kritisiert das jüngste Hilfsprogramm mit Griechenland als Wunschdenken. Der Fonds rechnet in den kommenden zwei Jahren mit einem weiteren Anstieg des Schuldenbergs auf knapp 200% der jährlichen Wirtschaftsleistung – ein untragbares Niveau.

Weil der IWF kein Geld an Länder leihen darf, deren Schulden als untragbar eingestuft werden, dringt er auf einen Schuldenerlass. Möglich ist dies auf die weiche oder die harte Art: Bei einer »weichen« Umschuldung werden die Laufzeiten von Krediten gestreckt und die Zinsen gesenkt. Im Fall Griechenlands verspricht dies mäßigen Erfolg, weil der Mittelmeerstaat schon großzügige Zugeständnisse bei Laufzeiten und Zinsen erhalten hat.

Eine teilweise Abschreibung des Nominalwerts der Schulden ist wegen der europäischen Verträge schwierig. Außerdem fürchten Europas Regierungen die Reaktion ihrer WählerInnen und die Signalwirkung für andere Schuldenstaaten. Daher also die Verteidigung der Illusion, als würden die Milliarden Euro für Griechenland eines Tages vollumfänglich zurückbezahlt, ohne jeden Schaden für die SteuerzahlerInnen.

IWF-Chefin Christine Lagarde hält Schuldenerleichterungen für Griechenland allerdings für unverzichtbar. Es sei möglicherweise ausreichend, wenn die Laufzeiten verlängert würden. Der IWF werde sich an einem dritten Hilfspaket beteiligen, wenn das Programm »vollständig« sei. Langfristiges Ziel sei, dass sich Griechenland selbst am Markt finanziere.

Fakt ist also: Griechenland ist seit 2010 in einem Zustand der Überschuldung und durch die andauernde Schrumpfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind neue Kredite begrenzt hilfreich. Es geht also um die Schlüsselfrage: Unter welchen Bedingungen kann sich die griechische Bevölkerung einen Lebensstandard aufgrund eigener Anstrengungen leisten?

Der IWF-Chefökonom Olivier Blanchard fasst die Position zusammen: »Das Programm von 2010 trug nur zur Vermehrung der Schuldenlast bei und forderte übermäßige Haushaltsanpassungen. Selbst vor dem Programm von 2010 betrug die Verschuldung Griechenlands 300 Mrd. Euro oder 130% des BIP. Das Defizit belief sich auf 36 Mrd. Euro oder 15½% des BIP. Die Schulden wuchsen um 12% jährlich, und das war eindeutig nicht tragbar. Hätte man Griechenland nicht unter die Arme gegriffen, hätte es schlichtweg keine Kredite mehr aufnehmen können. Angesichts eines Bruttofinanzbedarfs in Höhe von 20-25% des BIP hätte das Land sein Haushaltsdefizit um diesen Betrag senken müssen.

Selbst wenn Griechenland überhaupt nichts von seinen Schulden zurückgezahlt hätte, hätte es bei einem Primärdefizit von mehr als 10% des BIP von einem Tag auf den anderen sein Haushaltsdefizit um 10% des BIP senken müssen. Das hätte zu weitaus größeren Anpassungen und weitaus schwerer wiegenden Folgen für die Gesellschaft geführt als unter den Kreditprogrammen, die Griechenland mehr als 5 Jahre Zeit für einen Primärsaldo einräumten.

Selbst wenn die bestehenden Schulden gänzlich erlassen worden wären, hätte das Primärdefizit, das zu Beginn des Programms sehr hoch war, gesenkt werden müssen. Der staatliche Sparkurs war keine freie Entscheidung, sondern eine Notwendigkeit. Es gab einfach keine Alternative zur Kürzung der Ausgaben und Anhebung der Steuern. Der Abbau des Defizits war massiv, weil auch das anfängliche Defizit massiv war. ›Weniger Sparmaßnahmen‹, d.h. eine langsamere Haushaltsanpassung, hätten sogar noch mehr Kredite plus Umschuldung erfordert, und den öffentlichen Geldgebern waren politische Grenzen gesetzt, welche Beiträge sie ihren eigenen Bürgern aufbürden konnten.«[3]

Die Konsequenz: Mit Krediten und Strukturreformen sollte eine allmähliche Anpassung an das Leistungsniveau der griechischen Wirtschaft erreicht werden. Aber nach 2010 sank das griechische BIP viel stärker als erwartet. Der Grund: Griechenland hat drakonische Sparmaßnahmen durchführen müssen, das Wirtschaftswachstum ist massiv eingebrochen, und die Ökonomie ist in einen Schulden-Deflations-Strudel geraten.

Die drei Institutionen hätten 2010 einen Schuldenschnitt abgelehnt, obwohl die Kosten zu diesem Zeitpunkt gering gewesen wären. Im Gegenzug hätten sie so getan, als ob Griechenland seine Schulden zurückzahlen könnte und eiserne Sparmaßnahmen sowie Steuererhöhungen gefordert. Das habe nicht zur ihrer Glaubwürdigkeit beigetragen. »Sie haben die Tatsache ignoriert, dass sie damit das Land in eine noch tiefere Depression stürzen.« Indem sie ihre eigenen Bilanzen privilegierten, bekamen sie eine massive Verschlechterung von Ökonomie und politischer Willensbildung bis an die Grenze eines »failed state«.

Aus dieser Abwärtsspirale kommt man nur mit massiven Investitionen – dem genauen Gegenteil von Austerität – heraus, das Wachstum muss vor allem wieder belebt werden. Vor dem Schließen der Banken und der Einführung der Kapitalverkehrskontrollen war der Ausgangspunkt nicht schlecht. Wenn die europäischen Gläubiger bereit wären, alle bestehenden Schulden zu erlassen und weitere Kredite zu gewähren, wäre eine weitere Anpassung kaum notwendig.


Grexit oder Investitionen

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält einen Grexit für die schlechteste Option. Die Einführung einer »neuen Drachme« werde wenig nützen, weil Griechenland kaum Güter produziere, die international gefragt seien. Vor den Wahlen habe man für 2015 ein Wachstum von 2% bis 3% erwartet. Jetzt rechnet er mit einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 4%. Mit dieser erneuten Verschlechterung stellt sich die alte Ausgangsfrage.

Es gibt keine Alternative zu einem dritten Programm. Zentral ist, dass Griechenland das Investitionsklima stärkt. Auf dem Euro-Gipfel wurde beschlossen, dass die Kommission bereit ist, gemeinsam mit den griechischen Behörden bis zu 35 Mio. EUR zu mobilisieren, um in Griechenland Investitionen und Wirtschaftstätigkeit zu finanzieren. EU-Mittel waren schon bislang in der Krise die wichtigste Quelle öffentlicher Investitionen in Griechenland. Aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds könnten 20 Mrd. EUR für Arbeitsplätze und nachhaltiges Wachstum mobilisiert werden. Griechische Landwirte sollten auch weiterhin Direktzahlungen in Höhe von mehr als 15 Mrd. EUR erhalten.

IWF-Ökonomen bezweifeln zwar, dass Griechenland in den kommenden Jahren regelmäßig einen Primärüberschuss von 3,5% erwirtschaften kann. In der Vergangenheit hätten das nur wenige Länder geschafft. Gleichwohl gibt es die Chance. Hier gilt die Erkenntnis: Wer nicht kämpft, hat grausam verloren. Es besteht bei allen harten Auflagen und Reglements die Chance, dass die Linksregierung ein Wachstumsprogramm auf den Weg bringen kann.

Der Umfang des jüngsten Programms mit 85 Mrd. Euro entspricht etwa der Hälfte der griechischen Wirtschaftsleistung. Das ähnlich große Portugal hatte insgesamt Hilfen über knapp 80 Mrd. Euro erhalten – bei Griechenland ist man schon jetzt beim Dreifachen. Griechenland hat eine Chance, wenn eine Investitionspolitik zusammen mit Reformen auf den Weg gebracht wird. Wenn nicht kommt der Grexit. Und Schäuble spricht – auch mit Blick auf andere hochverschuldete Mitgliedsländer – die Alternative aus: »Niemand weiß, wie es ohne einen Schuldenschnitt gehen soll. Das ist die Situation … Jedermann weiß, dass ein Schuldenschnitt mit der Mitgliedschaft in der Währungsunion nicht vereinbar ist.«

Dies ist eine neue Strategie für die Konzeption eines Europas der zwei Geschwindigkeiten. Der Bundesfinanzminister hat für die europäische Hegemonialmacht die künftige Agenda aufgezeigt: Deutschland zwingt alle Mitgliedsländer, sich in Krisenfällen zwischen einem wirtschaftlichen Kollaps oder einem Austritt aus der Währungsunion zu entscheiden. Beide Optionen werden sowohl zu einem wirtschaftlichen als auch einem politischen Desaster führen.


Entweder Wachstum oder time-out aus der Eurozone

Yanis Varoufakis, bis vor kurzem Finanzminister Griechenlands, unterstreicht, dass es sich bei Schäubles Grexit-Option um eine Strategie zur Neuordnung der EU handelt.[4] Schäuble habe zusammen mit anderen Politikern der Euro-Gruppe die soziale Krise eines Mitgliedstaates »kontrolliert verschärft«, um seinen Plan von einer Neugestaltung der Eurozone durchzusetzen. »Wahlen können nichts ändern«, mit diesen Worten sei er selbst bei seinem ersten Auftreten in der Euro-Gruppe begrüßt worden.

Ein von Schäuble forcierter Grexit hätte den Startschuss für die Neugestaltung Europas geben sollen. Griechenland sollte aus der Eurozone gedrängt werden, um »Mitgliedstaaten zu disziplinieren, die sich seinem ganz speziellen Plan zum Umbau der Eurozone widersetzten«. Das sei eine »rituelle Aufopferung eines Mitgliedstaates«. »Eine kontrollierte Eskalation der jahrelangen griechischen Leiden, die durch geschlossene Banken verschärft« würden, wäre der Vorbote der neuen Eurozone.

Der von Schäuble geplante Umbau, so Varoufakis, ziele unter anderem darauf, einen »Haushaltsoberaufseher« für die Eurostaaten zu bestimmen, der über ein Vetorecht gegen nationale Haushalte verfügt. Dies verstoße »gegen Grundprinzipien der westlichen liberalen Demokratie«. »Die Konsequenz, mit der Dr. Schäuble für eine politische Union eintritt, die den Grundprinzipien einer demokratischen Föderation widerspricht, ist beeindruckend.«

Auch der US-Ökonom Joseph E. Stiglitz sieht im Fall Griechenland eine Strategie. Es sei der Versuch führender europäischer Politiker, eine unliebsame linke Regierung loszuwerden, die die Macht der Reichen begrenzen wolle. Auch er bezeichnet die die Eskalation der Griechenland-Krise als »Europas Anschlag auf die griechische Demokratie«.[5]

»Natürlich war die Wirtschaftsstrategie, die dem Griechenland von der ›Troika‹ (Europäischer Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds) auferlegten Programm zugrunde lag, eine Katastrophe; sie führte zu einem 25%igen Rückgang der Wirtschaftsleistung des Landes. … Die Troika verlangt selbst heute noch, dass Griechenland bis 2018 einen primären Haushaltsüberschuss (Überschuss vor Zinszahlungen) von 3,5% vom BIP erreichen müsse. … Was die Umwandlung eines großen Primärdefizits in einen Überschuss angeht, so haben wenige Länder auch nur annähernd bewerkstelligt, was die Griechen im Verlaufe der letzten fünf Jahre erreicht haben.«

Der Wirtschaftshistoriker Barry Eichgreen ergänzt: »Aus wirtschaftlicher Sicht ist das neue Programm pervers, weil es Griechenland tiefer in die Depression stürzen wird.« [6] Den vom deutschen Finanzminister eingebrachten Vorschlag eines Grexit auf Zeit bezeichnete er als »haarsträubend«. Wenn es zu einem Grexit komme, dann sei das kein Urlaub, sondern ein Ruhestand, so Eichengreen. Auch der jetzt umgesetzte Kompromiss werde letztlich zu einem Grexit führen, entweder, weil die Geldgeber ihre Unterstützung beenden, nachdem das Fiskalziel nicht erreicht wurde. Oder aber, weil die griechischen Menschen rebellieren werden. »Den Grexit herbeizuführen ist ganz offensichtlich die Absicht Deutschlands«, so Eichengreen.

Die anderen Eurostaaten dürften nicht zulassen, dass »das europäische Projekt auf dem Altar der deutschen Öffentlichkeit oder dem Beharren der deutschen Führung auf ›Regeln‹ geopfert wird.« Falls Deutschland nicht selbst zu dieser Erkenntnis komme, müssten die anderen Europartner einen anderen Weg finden.

Entschieden wird das politische Ringen um die Strategie des »time-out« vermutlich durch die europäische Sozialdemokratie. Einen prominenten Unterstützer hat Wolfgang Schäuble bereits in die große Koalition zur Verteidigung der europäischen Hegemonialmacht geholt: Peer Steinbrück. Zu seiner Ablehnung zur »Zustimmung zur Aufnahme von Verhandlungen über Finanzhilfen für Griechenland« im Deutschen Bundestag am 17.7. hat der ehemalige Kanzlerkandidat der SPD eine schriftliche Erklärung abgegeben, in der es heißt:

»Ein Verhandlungsmandat für ein 3. Griechenland-Hilfspaket läuft auf die Fortsetzung des bisherigen Krisenmanagements hinaus, das lediglich Zeit unter wachsenden finanziellen Belastungen und politischen Dissonanzen in Europa gekauft hat. Griechenland wird auf absehbare Zeit in der Eurozone weder wirtschaftlich Anschluss gewinnen noch finanziell eine ausreichende Schuldentragfähigkeit erreichen können.

Ich spreche mich deshalb dafür aus, Griechenland kein weiteres Hilfsprogramm zu eröffnen, das über den begrüßenswerten investiven Impuls hinaus weiterhin und maßgeblich der Refinanzierung seiner Schulden dient. Griechenland sollte stattdessen für einen Austritt aus der Eurozone ein Schuldenerlass gewährt werden (was innerhalb der Eurozone rechtlich für unzulässig gehalten wird) plus Überbrückungshilfen auf dem Weg zu einer neuen nationalen Währung plus eines Aufbauprogramm für Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung.

Ein griechischer Primärüberschuss wäre damit von einem Kapitaldienst entlastet und identisch mit einem Nettoüberschuss, der in die Modernisierung des Landes investiert werden könnte. Und die solidarischen Leistungen aus Quellen der EU und ihrer Mitgliedstaaten würden nicht mehr länger und wachsend in die Refinanzierung griechischer Schulden fließen, was eine spätere Abwicklung nur umso schwieriger und schmerzhafter machen würde.«

[1] In einem »Nonpaper« vom 10.7.2015 wurde dies begründet: »In case, debt sustainability and a credible implementation perspective can not be ensured upfront, Greece should be offered swift negotiations on a time-out from the Eurozone, with possible debt restructuring, if necessary, in a Paris Club - like format over at least the next 5 years. Only this way forward could allow for sufficient debt restructuring, which would not be in line with themembership in a monetary union (Art. 125 TFEU). The time-out solution should be accompanied by supporting Greece as an EU member and the Greek people with growth enhancing, humanitarian and technical assistance over the next years. The timeout solution should also be accompanied by streamlining all pillars of the Economic and Monetary Union and concrete measures to strengthen the governance of the Eurozone.«
[2] Das geplante dritte Hilfspaket für Griechenland polarisiert einer Umfrage zufolge die Bundesbürger. 46% der Befragten sind laut »Deutschlandtrend« dafür, dass der Bundestag neuen Hilfspaket-Verhandlungen zustimme, 49% sähen es lieber, der Bundestag würde entsprechende Verhandlungen ablehnen.
[3] Olivier Blanchard: Griechenland: Kritikpunkte der Vergangenheit und der Weg in die Zukunft, 9. Juli 2015. Zur Kritik an Blanchards Position siehe auch den Beitrag von Ashoka Mody: Der IWF und Griechenland. Ein Chefökonom als Tragödienschreiber, dokumentiert auf dieser Website.
[4] Siehe Yanis Varoufakis, Zu Schäubles Plan gehörte es, Griechenland fallen zu lassen, in DIE Zeit vom 15.7.2015.
[5] Joseph E. Stiglitz: Europe's Attack in Greek Democracy, auf project-syndicate.org vom 29.6. 2015.
[6] Barry Eichengreen: Saving Greece, Saving Europe, auf project-syndicate.org vom 13.7.2015.

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