28. Oktober 2021 Björn Radke: Vor dem Klimagipfel in Glasgow

1,5 Grad-Ziel kaum zu halten

Die 26. UN-Klimakonferenz 2021 findet vom 31. Oktober bis 12. November 2021 in Glasgow (Schottland) statt. Sie ist gleichzeitig das 16. Treffen der Vertragsparteien des Kyoto-Protokolls von 1997 (CMP 16) und die 5. Konferenz der Vertragsparteien des Pariser Abkommens (CMA 3).

Alle fünf Jahre müssen die Staaten laut Pariser Klimaabkommen ihre Klimaziele nachschärfen. Es zeigt sich aber, dass die Länder ihre Klimaanstrengungen dringend verdoppeln müssen, wenn sie einen globalen Temperaturanstieg über das Ziel des Pariser Abkommens von deutlich unter 2 Grad Celsius – idealerweise 1,5 Grad – bis zum Ende des Jahrhunderts verhindern wollen. Die verabredeten Emissionsminderungen bis 2030 sind immer noch viel zu niedrig.

So wird es nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) den Regierungen nicht gelingen, den Klimawandel einzudämmen. Unabhängig davon, ob die bereits eingeleiteten Maßnahmen fortgesetzt oder die jüngsten Versprechungen eingehalten werden, würden die steigenden Temperaturen den Grenzwert überschreiten, zu dem sich die Staats- und Regierungschefs im Pariser Abkommen verpflichtet hätten, so die IEA. Die Energieagentur schätzt, dass die von den Regierungen bereits abgegebenen Zusagen gerade mal weniger als ein Fünftel der Emissionen abdecken, die die Welt bis 2030 reduzieren muss, wenn sie bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen möchte.

»Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sich die Investitionen in saubere Energieprojekte und -infrastrukturen in den nächsten zehn Jahren mehr als verdreifachen«, sagte Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA. Investitionen in neue Projekte zur Versorgung mit fossilen Brennstoffen müssten sofort eingestellt werden, um planmäßig Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Nach Einschätzung der IEA verläuft die Energiewende weltweit zu langsam. Der CO2-Ausstoß würde nach jetzigem Stand nur um 40% sinken. Die Investitionen auf dem Gebiet müssten in den nächsten zehn Jahren mehr als verdreifacht werden, um die Klimaziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 noch erreichen zu können, heißt es im neuen Jahresbericht der IEA.[1] »Etwa 70% dies]er zusätzlichen Ausgaben müssen in Schwellen- und Entwicklungsländern getätigt werden«, sagte Fatih Birol.

Viele Regierungen versprechen zwar, ihre Emissionen stark zu reduzieren – die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus (siehe Abb. 1). Zwar hat sich politisch das Ziel der Klimaneutralität durchgesetzt, und die großen Treibhausgasemittenten der Welt, wie etwa die EU, Kanada und die USA, haben sich bis zum Jahr 2050 dazu verpflichtet, China bis 2060. Aber im laufenden Jahr werden die Emissionen laut IEA dennoch steigen. Es wird der zweitgrößte Anstieg in der Geschichte sein.

Auch Deutschland ist kein Musterschüler: In dem Ranking der IEA werden die deutschen Klimaambitionen trotz nachgebessertem Ziel als »ungenügend« bewertet. Für die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels seien die Maßnahmen bisher nicht ausreichend. Das liegt vor allem an dem späten Kohleausstieg im Jahr 2038. Außerdem sei der CO2-Preis zu niedrig und der Ausbau der Erneuerbaren gehe nicht schnell genug.

Björn Radke ist Redakteur von Sozialismus.de.

[1] International Energy Agency (IEA), World Energy Outlook 2021, Oktober 2021.

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