23. November 2022 Björn Radke: Magere Ergebnisse der Weltklimakonferenz COP27

»Auf dem Highway in die Hölle«?

Überschattet von mehreren globalen Krisen, wie den Folgen der Covid-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den damit zusammenhängenden Energie- und Ernährungskrisen fand die Weltklimakonferenz COP27 im Badeort Scharm El-Scheich in Ägypten statt.

Außenminister Samih Schukri betonte beim Auftakt, aus den zerstörerischen Klimaereignissen in Pakistan, Afrika, Teilen Europas und Amerika müssten Lehren gezogen werden. »Bei Nullsummenspielen wird es keine Gewinner geben.« Drastisch warnte UN-Generalsekretär António Guterres: »Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle und haben den Fuß auf dem Gaspedal«, und rief die Dutzenden Staats- und Regierungschefs zum Handeln auf: »Die Menschheit hat die Wahl: zusammenarbeiten oder untergehen.« Entweder gebe es einen »Klimasolidaritätspakt oder einen kollektiven Selbstmordpakt«.

Nachdem es im Verlauf der Konferenz zunächst nicht so danach aussah, dass die offenen Konfliktpunkte zwischen den Industriestaaten und den armen Staaten des Südens überhaupt zu einer gemeinsamen Vereinbarung führen könnten, kam es vor dem Scheitern der Konferenz – einen Tag nach dem offiziellen Ende – doch noch zu einer gemeinsamen Absichtserklärung der anwesenden Staaten. Die Delegationen beschlossen einen Fonds zum Ausgleich der Verluste und Schäden (»loss and damage«) durch den Klimawandel. Er soll in Zukunft die Länder unterstützen, die durch die Klimakrise besonders verwundbar sind. In ihrer Abschlusserklärung bekräftigten die rund 200 Staaten am frühen Sonntagmorgen außerdem ihre frühere Entscheidung, schrittweise aus der Kohle auszusteigen. Ein Ende der anderen fossilen Brennstoffe (Öl und Gas) wird aber nicht angesprochen.

Der neue Entschädigungsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch der steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung. In dem Beschluss werden keine Summen für den neuen Fonds genannt und auch nicht, wer genau einzahlen soll. Es wird offengelassen, ob der Fonds unter dem Dach der UN-Klimarahmenkonvention oder des Pariser Klimaschutzabkommens aufgebaut werden soll. Die Rahmenkonvention orientiert sich an der traditionellen Aufteilung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das Pariser Abkommen ist hier offener, was theoretisch auch den Weg für Zahlungen durch Schwellenländer wie China frei machen könnte. Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind. Außerdem werden die Staaten aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesserungen bleiben freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht.

UN-Generalsekretär António Guterres nannte den neuen Fonds für Klimaschäden einen wichtigen Schritt in Richtung Gerechtigkeit. »Sicherlich ist das nicht ausreichend, aber es ist ein dringend notwendiges Signal, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen.«

Dass die Klimaschäden in Ägypten auf die Agenda kamen, ist ein Fortschritt in der internationalen Diplomatie.

Björn Radke ist Redakteur von Sozialismus.de. Er schrieb zuletzt in Heft 11-2022 im Vorfeld der Konferenz zu »COP27 – Klimaziele neu ausrichten«.

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