26. Februar 2020 Klaus Busch: Kann mit dem European Green Deal die Stagnationskrise der EU überwunden werden?

Aufbruch zu neuen Ufern?

Ende Januar 2020 hat die Europäische Kommission ihr neues Arbeitsprogramm vorgelegt.[1] Herzstück dieses Programms ist der European Green Deal (EGD). Bei der Vorstellung der Arbeitsschwerpunkte fällt auf, dass die Kommission die Stagnationskrise, die den Integrationsprozess in den letzten Jahren bestimmt hat, nicht erörtert.

Der Aufschwung des Rechtspopulismus und die mit ihm einhergehenden Re-Nationalisierungsprozesse werden nicht diskutiert. Dies ist umso unverständlicher als die Realisierungschancen des EGD in hohem Maße davon abhängen werden, ob es den rechtspopulistischen Parteien in der EU gelingt, die zu erwartenden sozialen und ökonomischen Konflikte in einzelnen Branchen, Regionen und Mitgliedstaaten zu nutzen, um sich politisch an die Spitze des Widerstandes gegen den EGD zu setzen. Nur wenn in den nächsten Jahren der Rechtspopulismus durch eine neue Politik des sozialen und ökonomischen Ausgleichs in und zwischen den Mitgliedstaaten entscheidend geschwächt wird, kann auch der EGD zum Erfolg geführt werden.

Stagnation des Integrationsprozesses

In den letzten Jahren haben die mit dem Anstieg des Rechtspopulismus verbundenen Re-Nationalisierungstendenzen die Europäische Union im hohen Maße belastet und zu einer Stagnation des Integrationsprozesses geführt. Die entscheidende Ursache für diese Stagnationsperiode der Integration ist im wachsenden Trend zum ökonomischen Nationalismus und Rechtspopulismus zu sehen, die vor allem durch die nach der Großen Finanzkrise 2008/2009 einsetzende Austeritätspolitik einen Aufschwung erfahren haben. Die Politik der Re-Natio­nalisierung hat den Brexit hervorgerufen, verhindert eine solidarische Verteilungspolitik im Rahmen der Flüchtlingskrise, ist die wichtigste Antriebskraft für die polnische PIS und die ungarische FIDEZ und lässt keine entscheidenden Fortschritte bei der Reform der Eurozone zu.

Der Brexit

Nach dem jetzt erfolgten Austritt Großbritanniens aus der EU ist zurzeit nicht sicher, ob es zu einem harten oder einem weichen Brexit kommt.

Klaus Busch ist Professor (im Ruhestand) für Europäische Studien an der Universität Osnabrück und war bis 2019 europapolitischer Berater der Gewerkschaft ver.di. Letzte Buchveröffentlichung (gemeinsam mit Joachim Bischoff und Hajo Funke): Rechtspopulistische Zerstörung Europas?, VSA: Verlag Hamburg 2018. In Heft 12/2019 von Sozialismus.de schrieb er, zusammen mit Volker Telljohann, über »Conte II – neue Hoffnung für Italien und die EU?«

[1] European Commission (2020): Commission Work Programme 2020. A Union that strives for more, Brussels.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

 

 

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