21. Dezember 2017 Kai Burmeister: Industrielle Transformation als konkreter Input für die gewerkschaftliche Zukunftsdebatte

Auto – Umwelt – Verkehr: reloaded

Produktiven Streit über die gewerkschaftlichen Handlungsfelder der Betriebs-, Tarif- und Gesellschaftspolitik kann es nicht genug geben. Tatsächlich gibt es eine neue Lust, über die grundsätzliche Ausrichtung der Gewerkschaftspolitik nachzudenken und sich auszutauschen.[1]

Dabei ist es hilfreich, strategische Debatten auf aktuelle Herausforderungen zu beziehen und nicht bei allzu zeitlosen Grundsätzen stehen zu bleiben.[2]

Der Wandel der Automobilindustrie ist eine solche Herausforderung, die die IG Metall in den nächsten 15 Jahren umfassend fordern wird. Zeiten des technologischen Wandels beinhalten immer das Risiko, Arbeitsplatzverluste und arbeitspolitische Rückschritte hinnehmen zu müssen. Bei Technologiewechseln werden die Spielregeln zwischen Arbeit und Kapital neu bestimmt.

Damit die Lasten des Technologiewandels nicht auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen werden, müssen Risiken klar eingeschätzt und auf der Ebene des Betriebs sowie durch eine aktive Industriepolitik thematisiert und bearbeitet werden. Aktuell befindet sich die Automobilindustrie in einer sehr guten konjunkturellen Verfassung und das vergrößert gewerkschaftliche Spielräume. Entsprechend gibt es heute keine Untergangsstimmung in den Belegschaften, eher wird eng an der Leis­tungsgrenze gearbeitet. Allerdings ist eine Verunsicherung festzustellen, wie es mittelfristig weitergehen wird. Die Stichworte Abgas-Manipulation, Diesel-Krise und Verbot des Verbrennungsmotors sowie Spekulationen über die Beschäftigungseffekte hinterlassen in den Belegschaften Spuren.


Was ändert sich rund ums Auto?

Das Ökosystem »Automobilindustrie Baden-Württemberg« umfasst nicht nur die bekannten Marken, sondern umspannt neben den Endherstellern und Zulieferern auch ein breites Netzwerk aus Betrieben der Fertigungstechnik, des Maschinen- und Anlagenbaus sowie zahlreiche wissenschaftliche Einrichtungen. In diesem Cluster arbeiten aktuell über 440.000 Beschäftigte.[3] Direkt in der Automobilindustrie sind in 340 Betrieben mehr als 230.000 Beschäftigte tätig, von denen rund 157.000 vom Verbrennungsmotor abhängig sind.[4]

Kai Burmeister ist Gewerkschaftssekretär in der IG Metall Bezirksleitung Baden-Württemberg.

[1] Siehe hierzu »Strategie 2025 – Richtungen und Fragen – Arbeitsbuch der IG Metall Baden-Württemberg« sowie »Für eine offensive Gewerkschaftspolitik der IG Metall – sieben Thesen«, in: Sozialismus 10/2017.
[2] Siehe hierzu die Kritik von Klaus Lang: Zu formelhaft, um produktiv zu sein, in: Sozialismus 11/2017.
[3] Drucksache 1070/2016 des Landtags von Baden-Württemberg.
[4] Oliver Falck: Bedeutung des Verbrennungsmotors für Deutschland, Frankfurt a.M. 2017.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

Zurück