1. Oktober 2021 Joachim Bischoff/Bernhard Müller/Björn Radke/Gerd Siebecke

Berliner Republik im Machtvakuum

– Die historische Klatsche für die bürgerlichen Unionsparteien schafft eine zerstückelte politische Landschaft.
– Kann das schräge Bündnis von Rot-Grün-Gelb unter Führung von Scholz eine neue Ordnung implementieren?
– Schafft die Linkspartei mehr als einen Neuanfang?

 

1.

Es hatte sich seit Monaten abgezeichnet: Eine historische Klatsche für das bürgerliche Duo aus CDU/CSU schafft eine zerstückelte politische Parteienlandschaft in der Berliner Republik. Die Ära der Parteien, die 30 bis 35% der Stimmen erhielten und es sich leisten konnten, mit einem einzigen Partner zu regieren, ist vorbei.

Die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) ist 1950 als Sammlungspartei des christlich-bürgerlichen Lagers gegründet worden. Auf Bundesebene bildet die CDU zusammen mit der bayerischen Schwesterpartei Christlich Soziale Union (CSU) die »Union«. Seitdem hat diese die gesellschafts- und außenpolitischen Richtungsentscheidungen der Bundesrepublik als Regierungspartei maßgeblich geprägt. Ihr Programm ist von konservativen, liberalen und christlich-sozialen Ideen bestimmt. Gemessen an den Wahlerfolgen und der Dauer ihrer Regierungsbeteiligungen im Bund und in den Ländern ist die CDU die erfolgreichste Partei in der Bundesrepublik. Im Verbund mit der CSU, mit der sie im Bundestag eine gemeinsame Fraktion bildet, war sie bislang die führende politische Kraft.

CDU und CSU haben jetzt ihren Status verloren, der sie ab 1949 zu einer Ausnahmeerscheinung der europäischen Politik gemacht hat – als Bündnis, das fast immer alle anderen Parteien überragt hat. Die Union muss mit einem Ergebnis von erstmalig deutlich unter 30% das schlechteste Wahlergebnis der Nachkriegsgeschichte verarbeiten. Wie bei anderen bürgerlichen Parteien in Europa funktioniert die Klammer zwischen den mittelständischen Eigentümern und christlichen Sozialausschüssen nicht mehr, auch weil die christlichen Kirchen selbst in einer Krise von historischen Ausmaßen stecken.

Joachim Bischoff ist Mitherausgeber, Bernhard Müller, Björn Radke und Gerd Siebecke sind Redakteure von Sozialismus.de.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

Zurück