26. Januar 2021 Otto König/Richard Detje: Bundesarbeitsminister will die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern

Betriebsräte stärken!

Betriebliche Mitbestimmung in Deutschland ist, seit sie vor mehr als 100 Jahren gesetzlich geregelt wurde, umkämpft.[1]

In Paragraf 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) von 1951 heißt es: »In Unternehmen mit fünf oder mehr Beschäftigten haben diese das Recht zur Gründung eines Betriebsrats.« Obwohl dies keine Kann-, sondern eine Sollbestimmung ist, sieht die betriebliche Praxis anders aus. Nach wie vor gehen Geschäftsführungen und Unternehmensvorstände aggressiv gegen Neugründungen von Betriebsratsgremien vor, so eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI).[2]

Da wird zum einen versucht, die Wahl von Betriebsräten zu verhindern wie beispielsweise bei der im vergangenen Jahr gegründeten Onlinebank N 26. Die entscheidende Versammlung zur Bestimmung eines Wahlvorstandes wurde den Beschäftigten auf Antrag der Unternehmensführung per einstweiliger Verfügung untersagt – mit Verweis auf ein möglicherweise nicht ausreichendes Hygienekonzept angesichts der Corona-Pandemie.[3] Zum andern werden aktive Betriebsräte wie beispielsweise bei der Kaffeehaus-Kette Starbucks aus dem Unternehmen gedrängt. Nur ein Bruchteil der 165 deutschen Filialen (Stand 2019) hat Betriebsräte nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Dort, wo sich welche bilden konnten, bekämpft das Management sie mit allen Mitteln des »Union Busting« wie »Kündigung, Mobbing und systematische Zermürbung«, so Jessica Reisner, Campaignerin der »Aktion Arbeitsunrecht« (taz, 17.11.2020).

Mit einem »Betriebsrätestärkungsgesetz« will das Arbeitsministerium nun gegensteuern.

Otto König ist Mitherausgeber von Sozialismus.de, Richard Detje ist Mitarbeiter von WISSENTransfer.

[1] Am 4. Februar 1920 trat das erste Betriebsrätegesetz (BRG), Vorläufer des heutigen Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), in Kraft. Siehe O. König/R. Detje: 100 Jahre Betriebsrätegesetz – 100 Jahre Kampf um Demokratisierung der Wirtschaft. Mitbestimmungsrechte ausweiten, Sozialismus.deAktuell 4.2.2020.
[2] Martin Behrens/Heiner Dribbusch: Umkämpfte Mitbestimmung: Ergebnisse der dritten Befragung zur Be- und Verhinderung von Betriebsratswahlen. In: WSI-Mitteilungen 4/2020.
[3] Mithilfe von ver.di konnten die Beschäftigten der N26 Operations GmbH im November 2020 doch einen Betriebsrat wählen. Von den etwa 470 Mitarbeitern der Gesellschaft wurden etwa 140 gültige Stimmen abgegeben.

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