22. November 2024 Björn Radke: Zur COP29 in Baku
»Bitte keine heiße Luft mehr!«
Das aktuelle Jahr wird dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge das wärmste Jahr seit dem Start der Messungen. Copernicus prognostiziert für das laufende Jahr, dass die durchschnittliche Temperatur weltweit sogar mindestens 1,55 Grad über dem weltweiten vorindustriellen Mittel liegen könnte. 2023 waren es 1,48 Grad.
Mojip Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel betont, der Treibhausgasausstoß sei auch im vergangenen Jahr wieder historisch hoch gewesen, alle Klimaparameter wiesen in die falsche Richtung. Es sei absolut klar, dass die Erderwärmung weiter zunehmen werde. Selbst wenn alle CO₂-Emissionen jetzt sofort gestoppt würden – was vollkommen illusorisch sei – würde die Trägheit des Klimasystems Latif zufolge dazu führen, dass die Erderwärmung in den folgenden Jahrzehnten noch um etwa ein halbes Grad zulegt. Eine Folge seien mehr und stärkere Starkniederschläge, wie sie gerade erst die Region um Valencia in Spanien trafen.
Auch der Bericht der UNEP (Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen) hatte wenige Wochen vor Beginn der 29. Weltklimakonferenz in Baku (Aserbeidschan) nichts Gutes zu verkünden.
- Die Nationen müssen riesige Emissionslücken in neuen Klimazusagen schließen und sofortige Maßnahmen ergreifen, oder 1,5°C verlieren.
- Es ist technisch immer noch möglich, das 1,5°C-Ziel zu erreichen, aber nur mit einer massiven globalen Mobilisierung unter Führung der G20 zur Reduzierung aller Treibhausgasemissionen, die heute beginnt.
- Die Fortsetzung der derzeitigen Politik wird zu einem katastrophalen Temperaturanstieg von bis zu 3,1°C führen.
- Die derzeitigen Verpflichtungen für 2030 werden nicht eingehalten. Selbst wenn sie eingehalten würden, würde der Temperaturanstieg nur auf 2,6–2,8°C begrenzt werden.
Der UNEP-Bericht geht davon aus, dass die Investitionen in den Klimaschutz mindestens versechsfacht werden müssen, um Netto-Null zu erreichen – unterstützt durch eine Reform der globalen Finanzarchitektur, starke Maßnahmen des Privatsektors und internationale Zusammenarbeit. Die geschätzten zusätzlichen Investitionen für Netto-Null belaufen sich von 2021 bis 2050 auf 0,9 bis 2,1 Bio. US-Dollar pro Jahr. Auf die Hauptverursacher – die G20-Mitglieder (ohne die Afrikanische Union) – entfielen 77% der Emissionen im Jahr 2023.
»Die Klima-Krisenzeit ist da. Wir brauchen eine globale Mobilisierung in einem nie dagewesenen Ausmaß und Tempo – und zwar ab sofort, noch vor der nächsten Runde von Klimazusagen – oder das 1,5°C-Ziel wird bald tot sein und deutlich unter 2,0°C auf der Intensivstation liegen«, sagte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UNEP. »Ich fordere alle Nationen auf: Bitte keine heiße Luft mehr. Nutzen Sie die bevorstehenden COP29-Gespräche in Baku, Aserbaidschan, um jetzt mehr zu tun, die Voraussetzungen für stärkere NDCs zu schaffen und dann alles zu tun, um auf einen 1,5°C-Pfad zu kommen.«
Selbst wenn »die Welt die 1,5°C-Grenze überschreitet – und die Wahrscheinlichkeit, dass dies geschieht, steigt von Tag zu Tag – müssen wir uns weiterhin um eine nachhaltige und wohlhabende Welt mit einer Netto-Null-Grenze bemühen.
Björn Radke ist Redakteur von Sozialismus.de.
Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!