24. Oktober 2018 Klaus Busch

Das italienische Haushaltsdefizit und die Gefahren für die Eurozone

Zwischen der neuen populistischen Regierung in Italien und der Europäischen Union (EU) spitzt sich ein Konflikt um den Haushalt Italiens für das Jahr 2019 zu, der für Italien und die Eurozone zu gravierenden ökonomischen Problemen führen kann.

Die Daten zum Haushalt 2019

Die Vorgängerregierung unter Paolo Gentiloni (Partito Democratico) hatte mit der Europäischen Kommission eine Absenkung des Haushaltsdefizits auf 0,8% vereinbart, um den hohen Schuldenstand Italiens in Höhe von 2,3 Billionen Euro (132% des BIP) reduzieren zu können. Die neue Regierung plant gegen den Willen ihres parteilosen Finanzministers Giovanni Tria, das Defizit auf 2,4% zu erhöhen, weil die beiden Koalitionsparteien, Lega und Movimento Cinque Stelle (M5S), beginnen wollen, einen Teil ihrer Wahlversprechen einzulösen. Dazu zählen neben einer Senkung der Steuern für Kleinunternehmen eine Erhöhung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung sowie der Einstieg in eine Form eines sozialen Mindesteinkommens (Grundeinkommen). Besonders Letzteres ist in Italien sehr populär, kennt das Land doch bislang keine soziale Mindestsicherung.

Vom Internationalen Währungsfonds (IWF), von der Europäischen Kommission, vom Rechnungshof sowie von der Notenbank Italiens und von allen Regierungen der EU, die sich bislang dazu öffentlich geäußert haben (Frankreich, Deutschland, Niederlande, Österreich), wird die italienische Regierung für die Erhöhung des Haushaltsdefizits heftig kritisiert, eine offene Unterstützung ist bislang noch von keiner Regierung eines EU-Staates formuliert worden. Selbst die Regierung Portugals verwahrt sich gegen Vergleiche zwischen ihrem Haushaltsplan für 2019 und demjenigen Italiens.

Die Kritiker weisen auch darauf hin, dass das Defizit mit hoher Wahrscheinlichkeit noch wesentlich höher ausfallen dürfte als angegeben, weil die in der Haushaltsplanung für 2019 zugrunde gelegte Wachstumsrate des italienischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Höhe von 1,5% nicht realistisch ist. Einerseits hat der IWF die erwarteten Wachstumsraten der Weltwirtschaft für 2018 und 2019 deutlich nach unten korrigiert, unter anderem aufgrund des Risikos von protektionistischen Handelskonflikten. Andererseits werden die für Italien von den Finanzmärkten durchgesetzten höheren Zinsen für Staatsanleihen, die auch das allgemeine Zinsniveau nach oben ziehen, die Investitionstätigkeit der Privatwirtschaft dämpfen. Und schließlich kommt so der anfällige Bankensektors Italiens, der ohnehin unter einer hohen Last notleidender Kredite leidet und den Löwenanteil der Staatsanleihen Italiens in seinen Büchern hat, weiter unter Druck. Die Folge sind drohende Bankenpleiten sowie eine Zurückhaltung des Sektors bei der Vergabe von Krediten (»credit crunch«).

Wenn sich der Streit zwischen Brüssel und Rom über den Haushalt weiter zuspitzt, wird die steigende Zinslast den Staat und die Wirtschaft Italiens erdrücken, lange bevor die erhöhte Nachfrage aufgrund der gestiegenen staatlichen Sozialausgaben sich makroökonomisch positiv auswirken kann. Italien ist in der EU absolut isoliert und kann deshalb den Kampf gegen die Europäische Kommission und die Finanzmärkte nicht gewinnen.

Klaus Busch ist Professor (im Ruhestand) für Europäische Studien an der Universität Osnabrück und europapolitischer Berater der Gewerkschaft ver.di. Letzte Buchveröffentlichung (gemeinsam mit Joachim Bischoff und Hajo Funke): Rechtspopulistische Zerstörung Europas?, VSA: Verlag Hamburg 2018.

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