26. Januar 2017 Christoph Butterwegge: Anmerkungen zu den Armuts- und Reichtumsberichten der Bundesregierung

Daten statt Taten?

Inzwischen hat die Große Koalition den Entwurf des fünften Armuts- und Reichtumsberichts vorgelegt. Der 655-seitige Entwurf präsentiert zwar durchaus richtige und alarmierende Fakten, zum Beispiel Daten zur weiter wachsenden sozialen Spaltung und zum kontinuierlichen Anstieg der Armutsquote.

Allerdings – so etwa die Stellungnahme des PARITÄTISCHEN Gesamtverbands – bleibe die Bundesregierung »eine ehrliche Bewertung und konkrete Handlungsvorschläge schuldig«. Und sie setzt die »schlechte Praxis der Vorgängerregierungen fort, wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Bericht zu tilgen, wenn sie politisch nicht opportun erscheinen«, wie der Verband am Beispiel von Passagen zur politischen Repräsentation und Partizipation einkommensarmer Menschen dokumentiert, die aus früheren Berichtsentwürfen gestrichen wurden.[1] Ich komme am Schluss dieses Beitrag noch einmal auf diesen Bericht zurück, will ihn aber zuvor in die Geschichte der bisherigen Armuts- und Reichtumsberichte einordnen.

Während die CDU/CSU-geführten Bundesregierungen sich bis zur Jahrtausendwende strikt weigerten, Armut als gesellschaftliche Realität anzuerkennen, legte erst die rot-grüne Koalition im April 2001, zweieinhalb Jahre nach dem mit großen, aber sehr bald enttäuschten Hoffnungen verbundenen Regierungswechsel, den ersten Armuts- und Reichtumsbericht vor. Seither wird in jeder Legislaturperiode regierungsoffiziell dokumentiert, welches Ausmaß die soziale Ungleichheit hierzulande erreicht hat. Zu fragen ist, ob die bisherigen Regierungsberichte ihrer Aufgabe gerecht geworden sind, eine Datenbasis zur sozialen Ungleichheit in Deutschland und sinnvolle Empfehlungen für deren Verringerung zu liefern.

Christoph Butterwegge ist Professor für Politikwissenschaft im Ruhestand an der Universität zu Köln und Mitglied der Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt). Er wurde von der Partei DIE LINKE als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl im Februar 2017 nominiert.

[1] Pressemitteilung des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes vom 5. Januar 2017: www.paritaet-th.de/2017/01/05/presse/pressemeldungen/armuts-und-reichtumsbericht-der-bundesregierung-paritaetischer-weist-auf-maengel-und-versaeumnisse-hin

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