25. September 2018 Christoph Butterwegge: Familienfundamentalismus und Bevölkerungspolitik der AfD

Demografie als Mittel rechtspopulistischer Demagogie

Sozialpolitik ist eine, wenn nicht die zentrale Schwach- bzw. Leerstelle der AfD.[1] Umso mehr beschäftigt sich die Partei mit einem benachbarten Politikfeld – der Familienpolitik, vermutlich deshalb, weil sich damit Bevölkerungspolitik machen lässt.

Dies gilt für den parlamentarischen Raum in ähnlicher Form wie für den programmatischen Rahmen: »Familienpolitik nimmt im Wesentlichen die prominente Stelle ein, die der Sozialpolitik im AfD-Programm ansonsten verwehrt wird.«[2] Einer der Hauptgründe dafür besteht in der Überzeugung aller Rechtsextremisten/-populisten, dass die Familie – von ihnen als natürliche Keimzelle des »Volkskörpers« begriffen – staatlicherseits geschützt und gefördert werden muss.

Außerdem sollen Maßnahmen einer quantitativen Bevölkerungspolitik dafür sorgen, dass die Anzahl der Geburten autochthoner Kinder zur Bestandssicherung des eigenen Volkes ausreicht oder sogar ein größeres Bevölkerungswachstum ermöglicht, damit die eigene Nation groß und mächtig wird, während Maßnahmen einer qualitativen Bevölkerungspolitik gewährleisten sollen, dass die Anzahl der Kinder aus gehobenen (Bildungs-)Schichten nicht hinter jener aus niederen Schichten zurückbleibt, damit auch die intellektuelle Überlegenheit des eigenen Volkes seinen möglichst umfassenden Herrschaftsanspruch gegenüber anderen Völkern rechtfertigt.


Familien- und bevölkerungs­politische Initiativen der AfD

In der deutschen Öffentlichkeit war seit der Jahrtausendwende nicht mehr umstritten, dass die Geburtenzahl erhöht werden muss, sondern bloß noch, wie dies am besten und kostengünstigsten erreichbar ist. Insofern konnte die AfD mit ihrer familialistischen und pronatalistischen Bevölkerungspolitik an den herrschenden Diskurs andocken.[3]

Christoph Butterwegge ist Armutsforscher, Professor für Politikwissenschaft im Ruhestand an der Universität Köln, Mitglied der Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt). In Sozialismus 2/2018 schrieb er über »Die solidarische Bürgerversicherung. Plädoyer für eine Alternative zur Demontage des Sozialstaates«.

[1] Vgl. hierzu: Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges/Gerd Wiegel (2018): Rechtspopulisten im Parlament. Polemik, Agitation und Propaganda der AfD., Frankfurt a.M., S. 125ff.
[2] Helmut Kellershohn (2016): Nationaler Wettbewerbsstaat auf völkischer Basis. Das ideologische Grundgerüst des AfD-Grundsatzprogramms, in: ders./Wolfgang Kastrup (Hrsg.), Kulturkampf von rechts. AfD, Pegida und die Neue Rechte. Münster, S. 18.
[3] Vgl. Christoph Butterwegge (2002): Stirbt »das deutsche Volk« aus? – Wie die politische Mitte im Demografie-Diskurs nach rechts rückt, in: ders. u.a., Themen der Rechten – Themen der Mitte. Zuwanderung, demografischer Wandel und Nationalbewusstsein. Opladen, S. 167ff.

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