24. März 2023 Christoph Spehr: Landtagswahl in Bremen – Bewährungsprobe für Rot-Grün-Rot und für DIE LINKE

Der lange Schatten Berlins

Zwei Monate vor der Landtagswahl am 14. Mai 2023 ist völlig offen, wie es im Bundesland Bremen danach weitergehen wird. Seit 2019 regiert hier eine Regierungskoalition aus SPD, Grünen und LINKE – die erste in einem westdeutschen Bundesland und neben Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern eine von vier Regierungsbeteiligungen der LINKEN.

Nachdem die SPD in Berlin das Projekt Rot-Grün-Rot fallen lässt und sich für eine Große Koalition unter Führung der CDU entschieden hat, erhöht sich die bundesweite Bedeutung der Bremen-Wahl. Bleibt eine Mitte-Links-Zusammenarbeit eine machtfähige Option, oder ist sie angesichts der veränderten politischen Großwetterlage aktuell zu einem Auslaufmodell geworden? Kann die LINKE sich gegen den bundesweiten Trend behaupten?

Vor einem Jahr sah alles noch deutlich anders aus. Umfragen zeigten für die rot-grün-rote Regierungskoalition hohe Zustimmungswerte und für die bürgerliche Opposition ein chancenloses Bild. Der Regierung wurde bescheinigt, das Land gut durch die Corona-Krise geführt zu haben. Die Zustimmung für die Grundanliegen der Mitte-Links-Regierung (Klimawende, sozialer Zusammenhalt, Modernisierung der Wirtschaft, offene Gesellschafts- und Migrationspolitik) war gegeben. Die SPD hatte sich von ihrem historischen Tief, auf dem sie 2019 erstmals hinter die CDU gefallen war, erholt und würde ihre alte Vorrangstellung wieder herstellen. Die Frage war eher, ob der Erfolg der rot-grün-roten Regierungskoalition dazu führen würde, dass die LINKE ihre Regierungsbeteiligung verliert, weil es – anders als 2019 – auch für SPD und Grüne alleine reichen würde.

Dieses Bild hat sich massiv verändert. Das gilt auf der Oberfläche der Umfragen, aber es gilt auch für die darunter liegende Stimmungslage. Zwar gibt es immer noch keine Wechselstimmung. Aber der Schatten der Berlin-Wahl und der darauffolgenden Verschiebung der politischen Landschaft fällt auch auf Bremen.

Die jüngsten Umfragen sehen die SPD nur noch knapp vor der CDU. Der Umfrage-Höhenflug von SPD und Grünen ist beendet, auch wenn beide noch leicht zulegen würden gegenüber 2019. Die LINKE steht unverändert bei 8% wie vor einem Jahr – was anderswo gut klingen würde, aber in Bremen Verluste gegenüber 2019 bedeuten würde, als sie mit 11,3% erstmals zweistellig wurde. Die CDU zieht an und kann wie in Berlin Proteststimmen auf sich ziehen. An die Stelle der Frage: »Reicht es auch ohne die LINKE?« ist die öffentliche Diskussion getreten: »Kommt auch in Bremen die Große Koalition?« Völlig unübersichtlich wird die Lage durch die weiteren Parteien. Die FDP könnte an der Fünfprozent-Hürde scheitern. Die AfD, die völlig zerstritten ist und zwei konkurrierende Wahllisten eingereicht hatte, ist vom Wahlausschuss vorerst nicht zugelassen worden. Davon würden neben der CDU vor allem die »Bürger in Wut« profitieren, die bislang nur über den Wahlbereich Bremerhaven im Parlament vertreten waren und es jetzt auch im Wahlbereich Bremen schaffen dürften. Zwei Monate vor der Wahl lässt sich derzeit nur sagen: Alles ist möglich.

Christoph Spehr ist Landessprecher der Partei DIE LINKE in Bremen.

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