22. Dezember 2022 Heinz Bierbaum

Die Europäische Linke

Unter dem Motto »Peace, Bread and Roses« fand vom 9.-11. Dezember der 7. Kongress der Partei der Europäischen Linken in Wien statt. Es wurde eine neue Führung gewählt. Walter Baier ist der neue Präsident.

Er ist ein erfahrener europäischer Politiker, der viele Jahre an der Spitze der europäischen Stiftung »transform!europe« stand. Es wurde Bilanz gezogen und die politische Strategie für die nächsten Jahre diskutiert.

Niederschlag fand dies in dem mit überwältigender Mehrheit verabschiedeten politischen Dokument. Ausgangspunkt ist die Feststellung einer multiplen Krise mit strukturellen Herausforderungen wie dem Klimawandel, verstärkt durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine. Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine gibt es unter den Parteien der Europäischen Linken sehr unterschiedliche Vorstellungen. Zwar verurteilen alle die russische Invasion und stimmen überein, dass dieser Krieg beendet werden muss, doch der Weg dahin ist umstritten. Man einigte sich schließlich auf drei politische Grundforderungen: Waffenstillstand, Rückzug der russischen Truppen und Rückkehr an den Verhandlungstisch. Im Vordergrund steht eine politische Lösung. Nach wie vor wird die NATO äußerst kritisch gesehen und eine kollektive Sicherheitsarchitektur ohne NATO gefordert. Wie diese aussehen soll, ist freilich unklar. So wurde denn auch beschlossen, dass dazu eine intensive Debatte geführt werden soll. Gleiches gilt für die geopolitischen Implikationen. Es stellt durchaus einen Erfolg dar, dass der Krieg in der Ukraine die Linke in Europa nicht weiter spaltet, was befürchtet worden war.

Eine Konsequenz des Krieges sind die stark steigenden Lebenshaltungskosten. Allerdings sind die explodierenden Energiekosten nicht nur dem Krieg, sondern auch der Liberalisierung des Energiemarktes geschuldet. Deshalb wird eine andere Energiepolitik in öffentlichem Eigentum gefordert. Energie wird als ein öffentliches Gut und die Versorgung mit Energie als ein Grundrecht verstanden, was nicht dem Markt überlassen werden darf. Gleiches gilt für das Wohnen. Sowohl im Hinblick auf die Energie als auch für das Wohnen (»Social Housing«) sind europaweite Kampagnen geplant.

Neben dem Krieg, aber mit ihm eben auch in Zusammenhang stehend, ist die Bekämpfung des Klimawandels und die dadurch notwendige Transformation der Wirtschaft das zentrale politische Thema der Europäischen Linken. Ausgehend davon, dass eine auf fossilen Energien basierende Produktion keine Zukunft hat, wird eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft gefordert. Dabei wird ein umfassendes Konzept vertreten, wonach ökologische und soziale Erfordernisse gleichermaßen berücksichtig werden. Gefordert wird eine grüne Revolution der Industrie mit Lösungen für die davon betroffenen Beschäftigten. »Just Transition«, wie von den Gewerkschaften gefordert, ist dafür zentral. Die Beschäftigten sollen dabei nicht nur geschützt und in ihren Rechten gestärkt werden, sondern selbst Akteure sein. Deshalb wird sozial-ökologische Transformation mit der Forderung nach Wirtschaftsdemokratie verbunden.

Heinz Bierbaum war bis zum Kongress im Dezember Präsident der Partei der Europäischen Linken. Im November 2022 wurde er als Nachfolger von Dagmar Enkelmann zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Rosa-Luxemburg-Stiftung gewählt.

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