28. August 2023 Joachim Bischoff/Bernhard Müller/Gerd Siebecke: Eine »Zukunft der Linken ohne Sahra Wagenknecht«

DIE LINKE auf dem Weg zur Splitterpartei?

In den meisten Wahlumfragen auf Bundesebene pendelt die Linkspartei seit Längerem um die 5%-Hürde. Diese existenzgefährdende Situation beunruhigt die Partei, vor allem auch den Bundesvorstand, einschließlich der Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan.

Die Parteispitze hat daher einen »Plan 25« verabredet. Der sieht ein Handlungspaket vor mit dem Ziel, dass DIE LINKE in zwei Jahren gestärkt wieder in den Bundestag einzieht. Der erste Schritt soll darin bestehen, innerparteiliche Streitigkeiten zu klären und zu beenden. Mit dem zweiten soll das politische Profil präzisiert werden, insbesondere bei sozialer Gerechtigkeit und dem Kampf gegen den Klimawandel.

Inzwischen hat sich die Existenzkrise weiter zugespitzt: Zunächst hatte die Ko-Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion Amira Mohamed Ali angekündigt, bei den Neuwahlen im September nicht mehr zu kandidieren. Danach hat auch der andere Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch, seit 2015 in dieser Funktion, seinen Rückzug bekannt gegeben. Er werde bei der Vorstandswahl am 4. September nicht erneut kandidieren. Die Nachfolge bei diesen Führungspositionen ist völlig offen. Durch diese Aktionen des Führungspersonals eskaliert die seit Längerem schwelende Parteikrise. Insgesamt dreht sich der Streit in der Linken nicht nur um die Person von Sahra Wagenknecht, sondern um die Frage, was »moderne linke Politik« ist. Die aktuelle Parteispitze umwirbt die Klimabewegung und will radikale Umweltpolitik verbunden sehen mit sozialem Ausgleich. Wagenknecht und ihre Unterstützer warnen vor zu großen Belastungen durch Klimaschutz. Sie wollen die Migration begrenzen und fordern einen Kurswechsel in der Russlandpolitik, auch wenn der Vorrang für Diplomatie und das Ende von Sanktionen in der Partei insgesamt unstrittig sind.

Den innerparteilichen Streit beenden

Mit dem Beschluss auf der Parteivorstandsberatung vom 10. Juni 2023, in dem es heißt: »Klar ist daher: Die Zukunft der LINKEN ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht«, wurde zwar nicht die Spekulation über eine Abspaltung oder Neugründung der LINKEN beendet, aber die politische Trennungslinie zu der populären Spitzenpolitikerin ist seitdem deutlich ausgesprochen.

Sahra Wagenknecht, eine Ikone der deutschen Linken, hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie ihrerseits in der Partei keine Zukunft mehr sieht und damit zugleich diese gefährdet. Die Politikerin, zeitweilig eine der Fraktionsvorsitzenden im Bundestag und Spitzenkandidatin bei Wahlen, hat sich seit Jahren von ihrer Partei entfremdet. Die Mehrheit der Partei wurde von ihr als »Lifestyle-Linke« attackiert. Zugleich ist sie bereits seit Jahren jeder innerparteilichen Debatte aus dem Weg gegangen, und nutzte ihre Medienpräsenz immer wieder zu einer Generalabrechnung an der politischen Ausrichtung und dem Personal.

Joachim Bischoff ist Mitherausgeber, Bernhard Müller und Gerd Siebecke sind Redakteure von Sozialismus.de.

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