27. November 2018 Lia Becker: »Aufstehen« oder verbindende Klassenpolitik für eine sozial-ökologische Transformation?

Die Linke vor der Hegemoniefrage

Die Initiative »Aufstehen« ist mit einem hohen Anspruch gegründet worden. Sie soll dazu beitragen, der Einschätzung der Initiator*innen nach vorhandene gesellschaftliche Mehrheiten für einen grundlegenden Politikwechsel zur Wiederherstellung des Sozialstaates in politische Mehrheiten für eine Ablösung der GroKo durch eine linke Regierung zu verwandeln.

Sie will den gesellschaftlichen Rechtsruck stoppen und verhindern, dass die »Rechte die kulturelle Hegemonie« übernimmt (Sahra Wagenknecht). Die Sammlungsbewegung soll »die Wanderung zur AfD stoppen und vielleicht umkehren« (Oskar Lafontaine, dpa, 3.9.2018), indem sie Menschen gewinnt, die zur AfD tendieren, aber nicht rassistisch seien.  Das sind alles richtige Ziele. Die Diskussion um »Aufstehen« ist dabei oft durch den Wunsch nach schnellen Erfolgen und einer linken »Machtperspektive« geprägt. Das ist verständlich angesichts des bedrohlichen Aufstiegs der Rechten. Eine empfundene Dringlichkeit, die das Handeln motivieren kann.

Um die hitzige Diskussion um »Aufstehen« zu versachlichen, sollte sich die gesellschaftliche Linke dringend weiter über die sehr unterschiedlichen Einschätzungen sich verändernder Kräfteverhältnisse – die sozialen Umbrüche und die im Parteiensystem – verständigen.


1. Starker Start und schnelle Stagnation?

Noch bevor der Gründungsaufruf von »Aufstehen« das Licht der Öffentlichkeit erblickte, hatten sich laut Angabe der Initiative bereits rund 100.000 Unterstützer*innen gemeldet. Die Zahl ist umstritten, da viele Personen, die als Unterstützer*innen geführt werden, lediglich den Newsletter abonniert haben, ohne die Programmatik zu teilen. Heute spricht die Initiative von rund 170.000 Unterstützer*innen. Doch diese Zahl muss stark relativiert werden: Von etwa 40.000 Personen verfügt die Initiative über vollständige Kontaktdaten. Zwar setzt die Initiative nach eigenen Ankündigungen stark auf Diskussionen, Mobilisierung und demokratische Entscheidungen im digitalen Raum. Doch bislang gab es nur eine Diskussion auf der eigenen Plattform polis, an der laut Eigenangaben circa 30.000 Nutzer*innen teilnahmen. In den Facebook-Gruppen sind knapp 19.000 Personen registriert. Die wirkliche Unterstützer*innenbasis von »Aufstehen«, die jedoch bislang keinerlei Entscheidungsbefugnisse hat, bewegt sich daher zahlenmäßig zwischen 19.000 und 40.000 Menschen. Insgesamt konnten laut Eigenangabe bislang etwa 5 bis 7% der Unterzeichner*innen über Gruppentreffen und Veranstaltungen erreicht werden – der im weiten Sinne aktive Teil von »Aufstehen« umfasst also weniger als 10.000 Menschen.

Seit Oktober stagnieren die Unterstützer*innenzahlen.

Lia Becker ist eine der Bundessprecher*innen der Sozialistischen Linken und arbeitet u.a. zu Klassenpolitik und Hegemonie, Politik um Arbeit und Wirtschaftsdemokratie.

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Eine ausführlichere Fassung dieses Beitrags kann demnächst hier heruntergeladen werden.

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