25. Juni 2015 Franz Segbers / Simon Wiesgickl: Über eine verdrängte und verschwiegene Übereinstimmung der Kirchen
»Diese Wirtschaft tötet«
Papst Franziskus hat multinationalen Konzernen wie Coca-Cola, Nestlé oder McDonalds gründlich den Spaß verdorben. Sie wollten sich bei der Eröffnung der Expo in Mailand in der Rolle der sorgenden Welternährer darstellen und unter dem Expo-Motto »Die Welt ernähren« Verantwortung und Nachhaltigkeit signalisieren.
Doch in seinem Grußwort hat der Papst zum Erschrecken der Organisatoren die gute Stimmung vermiest. Die Schau sei selbst Teil einer »Kultur des Überflusses, des Wegwerfens« und trage nicht zu nachhaltiger Entwicklung bei. Statt sich blenden zu lassen von der Selbstdarstellung der Nahrungsmittelmultis, mögen die Besucher und Besucherinnen lieber im Vatikan-Pavillon die »Gesichter der Hungernden« und jene Männer und Frauen, die erkrankten und stürben, weil sie ungesunde oder gar keine Nahrung hätten, ins Zentrum rücken.
In seiner Botschaft kritisierte Papst Franziskus die unwürdigen Arbeitsverhältnisse auf der Expo. Er wolle an die namenlosen Arbeiter erinnern, die sich für die Weltausstellung abgemüht hätten. Keiner von ihnen dürfe seiner Würde beraubt werden und kein Brot dürfe »Frucht unwürdiger Arbeit« sein.
Dr. Franz Segbers ist alt-katholischer Theologe, war bis 2011 Referent für Arbeit, Ethik und Sozialpolitik im Diakonischen Werk Hessen und Nassau, bis 2014 Professor für evangelische Sozialethik an der Universität Marburg, er hatte mehrere Gastprofessuren auf den Philippinen inne. Simon Wiesgickl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Religions- und Missionswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied im Befreiungstheologischen Netzwerk.
Der Beitrag ist eine veränderte und gekürzte Version des Einleitungsartikels der Autoren unter dem Titel »Die große Ökumene gegen den neoliberalen Kapitalismus. Von den Rändern ins Zentrum« zu dem von ihnen im VSA: Verlag herausgegebenen Band »Diese Wirtschaft tötet« (Papst Franziskus). Kirchen gemeinsam gegen Kapitalismus (Hamburg 2015, dort S. 10-25). Den Band, der erstmals in deutscher Sprache die profiliertesten Autoren einer neuen weltweiten kapitalismuskritischen Ökumene versammelt, haben die Herausgeber, die Autoren und die Rosa-Luxemburg-Stiftung dem »Befreiungstheologen in ökumenischer Perspektive, dem engagierten Kapitalismuskritiker und unermüdlichen Kämpfer für Humanität und Gerechtigkeit« Ulrich Duchrow zu seinem 80. Geburtstag gewidmet. Die Redaktion von Sozialismus schließt sich dieser Würdigung an.