25. April 2019 Joachim Bischoff/Norbert Weber: Zu den Fusionsplänen von Deutscher Bank und Commerzbank

Eine bundesdeutsche Großbank für das internationale Finanzcasino?

Nach langem Zögern und vielen spekulativen Sandkastenspielen ist es seit einigen Wochen offiziell: Die beiden deutschen Finanzinstitute – Deutsche Bank und Commerzbank – loten in Sondierungsgesprächen einen Zusammenschluss aus. Die Deutsche Bank teilte mit, das Top-Management habe beschlossen, strategische Optionen zu prüfen.

»Diese Optionen wird der Vorstand daraufhin bewerten, ob sie Wachstum und Profitabilität der Bank stärken. In diesem Zusammenhang bestätigen wir, dass Gespräche mit der Commerzbank geführt werden.« Es gebe »keine Gewähr«, dass es am Ende zu einer Transaktion komme. Die Commerzbank erklärte, es handele sich um »ergebnisoffene Gespräche«, die etwas länger dauern könnten, weil »Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe«.

Im Deutsche-Bank-Konzern ist der Widerstand gegen einen möglichen Zusammenschluss mit der Commerzbank groß. Die Belegschaft ist einer Umfrage des Gesamtbetriebsrats zufolge mit großer Mehrheit gegen eine Fusion. Das Projekt wird andererseits von der Bundesregierung unterstützt – insbesondere von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und seinem Staatssekretär Jörg Kukies, dem früheren Deutschland-Chef von Goldman Sachs. Die Billigung seitens der Regierung ist verklausuliert formuliert: »Das Bundesfinanzministerium nimmt die Entscheidung der beiden Privatbanken, über die Möglichkeiten einer engeren Kooperation ergebnisoffen zu sprechen, zur Kenntnis. Wir stehen mit allen Beteiligten regelmäßig in Kontakt.«[1]

Der Bund ist seit der Finanzkrise 2008 an der Commerzbank beteiligt, aktuell hält die Bundesrepublik Deutschland als größter Einzelaktionär noch rund 15% über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin). Die Deutsche Bank ist aus der Sicht der Bundesregierung einer der Schlüsselkonzerne der Republik. Die Koalitionsregierung sucht dabei die Unterstützung der Unternehmerverbände, die betonen, wie dringend die großen deutschen Unternehmen eine starke internationale Bank benötigten. Und das Interesse der Regierung am Bankensektor, das nach der Finanzkrise lange Zeit erloschen schien, stößt in den europäischen Bankenvierteln durchaus auf Wohlwollen.[2]

Deutsche Bank-Chef Christian Sewing ordnet die Sondierungsgespräche in eine umfassende Perspektive ein: Die Konsolidierung der Bankenbranche in Deutschland und Europa sei ein wichtiges Thema. Zwar habe er zunächst die Entwicklung der Deutschen Bank als Priorität gesehen. »Gleichzeitig müssen wir uns aber dann mit Gelegenheiten beschäftigen, wenn sie sich bieten.« Man werde deshalb alle Optionen sorgfältig prüfen.

Joachim Bischoff ist Mitherausgeber von Sozialismus. Von ihm erschien im März 2019 bei VSA: »Tickende Zeitbombe Finanzmärkte. Bankenkrise, globale Kreditketten und Alternativen im Post-Kapitalismus«. Norbert Weber, Bankfachwirt und Bankbetriebswirt, ist Fachreferent der LINKEN Bürgerschaftsfraktion Hamburg für Haushalt, Finanzen und Wirtschaft.

[1] Finanzstaatssekretär Kukies zur Linie des Ministeriums: »Ein starker Bankensektor ist in unserem volkswirtschaftlichen Interesse. Dafür setzen wir uns ein. Das bedeutet nicht, dass wir Fusionen treiben.« (FAS 14.4.2019) Wenn freilich eine Sanierung des Bankensektors den Marktkräften überlassen wird, läuft dies auf Begünstigung von Fusionen hinaus.
[2] Deutschland ist »overbanked«, hat also als Land viel zu viele Banken, weil Fusionen und Übernahmen sowohl bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen als auch bei den privaten Geschäftsbanken als schwierig gelten: Die Zahl der Kreditinstitute ist von rund 3.000 im Jahr 2000 auf rund 2.050 im Jahr 2012 gesunken. Derzeit gibt es laut der Deutschen Bundesbank noch etwa 1.950 Banken zwischen Nordsee und Alpen. Die Konsolidierung des Sektors läuft also, vor allem bei den Genossenschaftsbanken, doch der Rückgang hat sich im Vergleich mit den Jahren 1990 bis 2007 deutlich verlangsamt. Die noch rund 32.000 Filialen teilen sich etwa gleichmäßig auf Sparkassen, Genossenschaften und Kreditbanken auf.

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