1. Mai 2007 Dominik Düber, Marco Hennigs, Klemens Himpele, Markus Hintze, Kolja Möller, Alexander Recht, Simon Schneider und Jana Schultheiss

Es ist 2007 und nicht mehr 1968

Die Herausforderungen für die neue Linkspartei sind riesig, auch an den Hochschulen. Die Stärke der neuen Linken besteht darin, manch alten Grabenkampf hinter sich zu lassen und als pluralistische Linke etwas tatsächlich Neues zu schaffen. Im Folgenden stellen wir dar, warum auch der Hochschulverband nach vorne schauen muss und nicht in vergangenheitsorientierte Schwärmereien über den SDS verfallen darf. Dabei nehmen wir Bezug auf den Artikel "Vom SDS lernen heißt … Zur Gründung eines Hochschulverbandes der neuen Linken" von Sophie Dieckmann u.a. (Sozialismus 4/2007, S. 23-28).

Die AutorInnen stellen zwar zu Beginn fest: "Wir streben keine dogmatische Kopie einer Organisation an, die in einer anderen Zeit, unter anderen Umständen existierte, sondern ein Destillat aus den positiven Elementen des SDS, die unseres Erachtens heute (wieder) aktuell sind." Letztlich kommen sie jedoch nicht über eine phänomenologische Betrachtung dessen hinaus, was der SDS ihrer Meinung nach war. Auf die Geschichte des SDS wollen wir hier nicht eingehen – auch nicht auf die Frage, ob andere Gruppierungen und gesellschaftliche Konstellationen ebenfalls entscheidend waren, um "68" zu organisieren. Vielmehr gilt es aufzuzeigen, welche gesellschaftlichen und hochschulpolitischen Realitäten heute vorliegen und was sich seit den 1960ern verändert hat. Der Text von Dieckmann u.a. ist geprägt durch eine radikal anmutende Haltung, die analytischen Schlussfolgerungen der Autoren haben jedoch mit der Realität der Hochschulen, ihrer Rolle in der Gesellschaft und den Bedingungen der Studierenden nur wenig zu tun.

Andere gesellschaftliche Realitäten…

Die Aufgaben von Bildung und die Grenzen dessen, was Bildung leisten kann, wurden im "Memorandum 2006" ausführlich dargestellt. Hier wurden die dominierenden unterschiedlichen Begriffe von Bildung skizziert: einerseits der zwar weite Humboldtsche Begriff, der auf das Ideal[1] der Selbstbildung des Individuums orientiert, jedoch durch fehlende Bezugnahme auf den sozioökonomischen Kontext gekennzeichnet ist; andererseits der enge und ökonomistische Bildungsbegriff, der zwar ökonomische Aspekte beachtet, diese aber auf die Verwertung von Bildung reduziert und andere Fragen ausblendet. Beide Begriffe sind also problematisch: der erste wegen seiner Ausblendung ökonomischer Fragestellungen, der zweite, weil er zu eng ist und die ökonomische Frage unzureichend stellt. Leider spielen solche Fragen der gesellschaftlichen Einordnung von Bildung im Papier von Dieckmann u.a. kaum eine Rolle.

Dieckmann u.a. haben zwar Recht: Eine linke Position zu Bildung muss die rein kapitalverwertungsorientierte Bildungspolitik kritisieren, die die Bedürfnisse der Studierenden nach individueller Entfaltung vernachlässigt. Dies allein aber reicht nicht. Sie muss ebenso in der Lage sein, Kritik an bürgerlicher Bildungstheorie und ihren politischen Implikationen zu üben. Sie muss z.B. im Zuge der Kritik der politischen Ökonomie erörtern, inwiefern die neue Wachstumstheorie zwar zu Recht Bildung als eigenständigen Inputfaktor für Wachstum begreift, jedoch makroökonomisch verkürzt argumentiert. Denn höhere Bildung führt zwar zu höherer Produktivität und mithin zu höherem gesellschaftlichem Produktionspotenzial, ignoriert jedoch die Frage der makroökonomischen Bedingungen und Steuerungsnotwendigkeiten, um dieses Potenzial auch nachfrageseitig auszunutzen.[2]

Und hier hat sich in der Tat seit 1968 einiges verändert: Werden die kapitalistischen Produktionsverhältnisse als formbestimmte gesellschaftliche Verhältnisse betrachtet und wird ferner davon ausgegangen, dass der sozioökonomische Kontext eben auch auf Hochschulen und ihre Studierenden wirkt, dann ist vor allem die seit den 1990er Jahren einsetzende Stagnation als zentrales Moment der Veränderung zu beachten – eine Veränderung, die neue Herangehensweisen nach sich zieht. Dieser Wandel der kapitalistischen Ökonomie kommt aber im Text von Dieckmann u.a. kaum vor. Veränderte Kräfteverhältnisse werden zwar thematisiert, aber eine solche Betrachtung greift zu kurz. Die Veränderung der kapitalistischen Ökonomie ist eine umfassende. Die Staatlichkeit als "Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse"[3] ist eine andere als früher; das Verhältnis von Nationalstaatlichkeit zu Europa und supranationalen Institutionen hat sich verändert; strukturelle Überakkumulation prägt den entwickelten OECD-Ländern anders als früher ihre Gestalt auf; wir haben es mit einem finanzgetriebenen High-Tech-Kapitalismus zu tun, in dem die arbeitenden Subjekte eine andere Rolle als früher spielen; und schließlich liegen fast zwanzig Jahre Siegeszug des Neoliberalismus hinter uns, der unter dem Stichwort des "Führe dich selbst!" auch die "Gouvernementalität", die Techniken der (Selbst-)Führung[4] von Studierenden, verändert hat. Wir haben nicht vor, in diesen knappen Zeilen umfassende Antworten hierauf zu liefern, aber wir hätten schon erwartet, dass in einer Analyse der Aufgaben eines linken Hochschulverbands solche Fragen wenigstens aufgeworfen werden.

Als pars pro toto sei dies am Akkumulationsregime verdeutlicht. 1968ff. war die Phase der strukturellen Überakkumulation noch nicht erreicht. Ohne starke Antastung der Verteilungsverhältnisse[5] war es möglich, die Zuwächse des Bruttoinlandsproduktes moderiert zwischen Kapital und Arbeit zu verteilen. Aufgrund einsetzender Stagnation sind die Verteilungskämpfe heute jedoch objektiv gegenüber 1968ff. verschärft, was die Arbeitsmarktlage verändert und sich auch auf die Studierenden auswirkt: Diese werden strukturell zum Konformismus angeleitet, wenn sie schnell und berufsorientiert studieren, um noch einen Platz am Trog der Verteilung von Lohnarbeit und Einkommen zu erhalten. Es geht an den Realitäten vorbei, wenn Dieckmann u.a. behaupten, der Hochschulverband stünde heute vor ähnlichen Aufgaben wie 1968. Anders als heute prägten Massenarbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche damals noch nicht die Gesellschaft – vielmehr ging es damals im Wesentlichen darum, gegen das Projekt der formierten Gesellschaft individuelle Freiheiten zu erkämpfen. Mit Non-Konformismus als alleinigem Mittel des Protests lässt sich die Frage, wie Widerstand die breite Masse der Studierenden (und der Gesellschaft) unter Beachtung von deren Problemen erreichen kann, nicht beantworten. Vielmehr verkennt man so die Nöte und Interessen der Studierenden – und pflegt stattdessen Sit-in-Folklore.

… und andere Gegebenheiten für Studierende an den Hochschulen

Dieckmann u.a. übersehen, dass die von ihnen skizzierten Maßnahmen des neoliberalen Umbaus der Hochschulen keine bloße Chimäre, sondern real wirksam sind. Die Einführung von Studiengebühren oder die Ausgestaltung des Bachelor/Master-Systems lehnen wir alle ab. Gleichwohl müssen sie beim Aufbau eines linken Hochschulgruppenverbandes berücksichtigt werden. Unsere frühzeitig prognostizierten Befürchtungen mit Blick auf die Umgestaltung des Hochschulsystems sind eingetroffen: Studiengebühren, Zeitdruck, hohe Arbeitslosigkeit und zunehmende Prekarisierung sind die Realität der Studierenden. Die Folge – Verschärfung des Verteilungswettbewerbs einerseits und der Studienbedingungen andererseits – lässt den Betroffenen wenig Zeit für Lesekreise, Seminare und Protestsemester, in denen sich Studierende tiefgreifend mit der Kritik der bestehenden Verhältnisse auseinandersetzen können. Wer in SDS-Tradition einzig und allein hierauf setzt, wird scheitern. Es muss vielmehr gelingen, Studierende dort anzusprechen, wo und wie sie sind. In der überwiegenden Mehrheit sind sie, wenn überhaupt, nur zu sporadischen, zeitlich begrenzten Aktionen bereit, was sich etwa darin manifestiert, dass Streiks selten länger als einige Wochen dauern. Diese aus umfassender Perspektive falsche Haltung ist mit Blick auf Sachzwänge rational, denn jedes weitere Semester verursacht Gebühren, und Angst vor Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Abbau sozialer Sicherung erhöht den Druck massiv. Diese veränderten Rahmenbedingungen und damit einhergehenden Zwänge gilt es beim Kampf gegen den neoliberalen Umbau des Hochschulwesens zu berücksichtigen.

Studentische Selbstwahrnehmung

Die Lebenswelten der Studierenden haben sich in den vergangenen Jahrzehnten durch die Pluralisierung der Lebensformen geändert. Diese Entwicklung, die durch die 68er-Bewegung zu Recht verstärkt wurde, ist als Emanzipation des Einzelnen zu befürworten. Dennoch resultieren hieraus auch Probleme. So verkümmert diese an sich zu würdigende Individualisierung im Rahmen der neoliberalen Logik von Eigenverantwortung in Konkurrenz und wird anti-sozial gewendet. Während in den 1960ern die Studierenden gemeinsam gegen die spießigen Lebensformen ihrer Eltern kämpften, ist der gemeinsame Kampf einer Generation heute teils zugunsten von Einzelkämpfertum gewichen – das Verständnis von Solidarität geht zunehmend verloren. Diese Entwicklung ist auch als Teil eines Rekommodifizierungsprozesses zu verstehen, der verquere gesellschaftliche Deutungen zur Folge hat. Die Konfliktlinie, die Ende der 1960er-Jahre noch zwischen Kapital und Arbeit gesehen wurde, wird nun zunehmend als Gegeneinander der (potenziell) Lohnabhängigen missverstanden. ArbeitnehmerInnenrechte werden interpretiert als Hindernis für leistungsbereite Arbeitslose, in ein Beschäftigungsverhältnis zu gelangen. Jene Maßnahmen also, die Marktgängigkeit sozial regulierend einschränken, werden missgedeutet als Hindernis für die Chancengleichheit, die der Markt als objektives Kriterium vermeintlich bereitstellen soll.

Die studentische Selbstwahrnehmung ist von dieser Fehldeutung nicht unberührt geblieben. Studierende sind verunsichert und leiden an Orientierungslosigkeit.[6] Sie sind zu konformistischer Praxis bereit, ohne dass es Garantien gäbe, hiermit Erfolge zu erzielen. Zugleich breitet sich die Kultur der "harten" Fächer zunehmend aus.[7] Alternative Haltungen im Sinne des Non-Konformismus-Konzepts von Dieckman u.a. verschwinden zunehmend. Als zentrale Werte werden Leistung, Sicherheit und Macht angegeben. Diese Befunde werden von der 15. Shell-Jugendstudie bestätigt. Junge Menschen messen ihrem Bildungserfolg immer zentralere Bedeutung bei, während als Raum für Solidarität vor allem die Familie an Bedeutung gewinnt.[8] Eine solche Selbstwahrnehmung ist in der Tat höchst problematisch, aber der gesellschaftliche Entwicklungen ausblendende Appell zur Revolte wird hier kaum Abhilfe schaffen. Die real existierenden Wünsche nach Sicherheit und planbaren Lebensentwürfen müssen vielmehr ernst genommen und von links beantwortet werden.

Die soziale Zusammensetzung der Studierenden von heute

Der neue Hochschulgruppenverband wird sich ebenfalls mit der Frage befassen müssen, welche Studierenden heute an den Hochschulen sind. Besonders die Studiengebühren erhöhen die ohnehin schon hohen sozialen Schranken für ein Hochschulstudium massiv. Die soziale Zusammensetzung der Studierenden wird sich noch weiter zugunsten der "bildungsnahen" Schichten verschieben. Diese sind nicht selten StudiengebührenbefürworterInnen, glauben sie doch, dass sich die Lernsituation und Qualität der Lehre verbessern würde, wenn weniger Studierende an den Hochschulen wären. Die alte Forderung, kritisches Bewusstsein zu wecken, bleibt richtig. Dem zunehmenden Anteil der Studierenden, die Elite sein wollen und neoliberale Umbaumaßnahmen teils bewusst unterstützen, ist dabei jedoch Rechnung zu tragen. Hierzu muss sich ein neuer Hochschulgruppenverband verhalten und die Frage aufwerfen, wen er wie vertreten kann und will, welche Strategien verfolgt werden, die entsprechenden Personen anzusprechen, und wie der Ansprache eine entsprechende Politisierung folgen kann.

Die Studierenden erwarten von ihrer Studierendenvertretung praktische Hilfe wie Klausursammlungen oder Tutorien. Und sie fordern Hilfe, um ihr Studium in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren. Viele Studierende haben nicht nur zu wenig Orientierung, sondern nehmen sich in ihrer Not auch zu wenig Zeit, um Systemkritik zu üben und gegen unsoziale Verwerfungen aktiv zu werden. Wahlergebnisse bei Gremienwahlen zeigen diese Tendenz heute schon sehr deutlich – vielerorts gewinnen unpolitische Fachschaftslisten die Wahlen, während linke Gruppen verlieren. Das spricht keineswegs dafür, auf die Vermittlung marxistischer Grundlagen durch Seminare und auf Rektoratsbesetzungen zu verzichten, sondern dafür, sich als Hochschulgruppenverband Gedanken darüber zu machen, wie man praktische Hilfe leisten kann, ohne die bedeutsame Vermittlung kritischen Bewusstseins sein zu lassen.

Als Hochschulgruppenverband mitsamt seiner Hochschulgruppen vor Ort wird man auch in den Exekutivorganen der Studierendenvertretung, den ASten und Studierendenräten, Fuß fassen müssen. Der Konflikt zwischen dem weiterhin richtigen Anspruch der Linken auf Entwicklung kritischen Bewusstseins und den gesellschaftlichen Verhältnissen, die zur Entpolitisierung einer sich verkürzt individualisierenden Studierendenschaft führen, ist die zentrale Herausforderung für einen Hochschulgruppenverband – und nicht die Antwort auf die Frage, was der SDS richtig und was er falsch gemacht hat.

Hochschulpolitische Landschaft

Was Dieckmann u.a. unter dem Aufruf zur SDS-Politik als notwendige Strategie propagieren – der Schulterschluss der Studierenden und der Hochschulgruppen mit anderen gesellschaftlichen Akteuren – ist gängige Praxis linker Studierendenvertretungen und Bündnisse der vergangenen Jahrzehnte bis heute. So werden die Proteste gegen Studiengebühren seit 1999 vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) als breitem gesellschaftlichem Bündnis koordiniert: Hier sind über 200 Organisationen vertreten, darunter zahlreiche Gewerkschaftsgliederungen, SchülerInnenvertretungen, das Bundesjugendwerk der Arbeiterwohlfahrt, die Evangelische Studierendengemeinde und viele mehr.

Der Bund Demokratischer Wissenschafterinnen und Wissenschaftler (BdWi), in dem diverse linke Intellektuelle organisiert sind, arbeitet seit Jahren als Akteur im Koordinierungsorgan des ABS mit.

Die Bündnisarbeit im ABS geht weit und ist mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Auf der einen Seiten werden Proteste koordiniert und bundesweite Demonstrationen organisiert, auf der anderen Seite sind die Broschüren[9] des ABS die wohl fundierteste Aufarbeitung der Argumente gegen diverse Formen von Studiengebühren. Kurzum: Proteste zu koordinieren und sich mit anderen gesellschaftlichen BündnispartnerInnen zu vernetzen ist bereits gängige Praxis in der linken Hochschullandschaft.

Die Idee des Bündnisses muss also nicht als große Neuerfindung präsentiert werden. Ein neuer Verband, der an fortschrittlicher Politik an Hochschulen interessiert ist, wird sich diesen Bündnissen anschließen. Das Signal von Dieckmann u.a., eine solche Strategie als faktisch nicht existent zu erklären, lässt sich nur aus einer Überschätzung eigener Kräfte erklären. Eine sinnvolle Strategie muss solche Bündnisse stärken. Sie muss überdies auch praktische Antworten auf die Probleme von Bündnissen erarbeiten, denn es gibt – was Dieckmann u.a. ausblenden – zwischen den Bündnisakteuren divergente Interessen, die sich nicht einfach auflösen werden, wenn ein neuer Hochschulverband gebildet wird. Die Gründung eines linken Hochschulgruppenverbandes wird zwar durch die politische Hochschullandschaft interessiert verfolgt werden, aber niemand wartet darauf, dass endlich ein neuer Verband komme und erkläre, wie Politik wirklich geht. Eine solche bei Dieckmann u.a. durchschimmernde Haltung ist problematisch – und potenzielle BündnispartnerInnen werden kaum erfreut sein zu lesen, wie falsch angeblich vieles in den vergangenen Jahren gewesen sei.

Linke Hochschulpolitik heute

Anstatt unter Vernachlässigung gesellschaftlicher Entwicklungen romantisch über vergangene Zeiten zu schwärmen und Forderungen zu stellen, die bereits gängige Praxis sind, ist es erforderlich, als Verband zu überlegen, was linke Hochschulpolitik heute bedeutet und was sie mit welchen Mitteln und Formen erreichen kann. So ist es zwar unumstritten immer noch richtig, Studiengebühren in Gänze abzulehnen und Protest hiergegen aufrechtzuerhalten. Doch hilft dies Studierenden, die nach Finanzierungsmöglichkeiten zur Zahlung der Gebühren suchen, alleine nicht weiter – linke Politik, die bei den Menschen ansetzt, hat dieses Dilemma bei der eigenen Strategiefindung mitzudenken.

Wir befinden uns in einer Umbruchzeit der Hochschulpolitik: Der Kampf gegen die Einführung von Studiengebühren, eine der Hauptaufgaben der Studierendenvertretungen der letzten Jahrzehnte, ist zunächst verloren gegangen. Eine der größten Herausforderungen des neuen Hochschulgruppenverbands wird also darin bestehen, neue politische Arbeits- und Aktionsformen zu finden, die die Lebensrealität der Studierenden ernst nehmen, sie vor dem Hintergrund der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse begreifen und neue Beteiligungsmöglichkeiten schaffen. Wir geben nicht vor, hierzu Patentlösungen zu haben, doch wir möchten uns dieser Herausforderung stellen und hieran im neuen Hochschulgruppenverband sowie gemeinsam mit potenziellen BündnispartnerInnen in der hochschulpolitischen Landschaft arbeiten.

Die Linke sieht sich an den Hochschulen neuen und schwierigen Aufgaben gegenüber. Dabei kann der Hochschulgruppenverband als Teil der neuen Linken eine progressive Rolle zur Veränderung der gesamtgesellschaftlichen Probleme spielen. Er wird neben der originären Hochschulpolitik und allgemeinpolitischen Themenstellungen eine zentrale Aufgabe auch in der Etablierung der neuen Linken an den Hochschulen haben. Eine Erfolg versprechende Strategie gegen den Neoliberalismus wird nicht nur gesellschaftlichen und politischen Druck erzeugen müssen, sie hat ihn auch kulturell und intellektuell herauszufordern. Grundlegende Voraussetzung ist jedoch, aktuelle Probleme ernstzunehmen und sich nicht zu bloßer Appellrhetorik verleiten zu lassen.

Dominik Düber, Die Linke.Uni Köln, Bundeskoordinierung Linke.Hochschulgruppennetzwerk; Marco Hennigs, Die Linke.HSG Aachen, AStA Uni Aachen; Klemens Himpele, Ex-ABS-Geschäftsführer, BdWi-Bundesvorstand, Berlin; Markus Hintze, PDS Hannover, Kolja Möller, Die Linke.WASG Uni Frankfurt, Bundeskoordinierung Linke. Hochschulgruppen, Alexander Recht, WASG-Kreisvorstand Köln; Jana Schultheiss, Die Linke.Uni Köln, BdWi-Bundesvorstand; Simon Schneider, Die Linke.Uni Köln.

[1] Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Grenze der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, 1792, in: Leitzmann, Albert (Hrsg.): W. v. Humboldt. Gesammelte Schriften, Band 1, Berlin 1903, S. 99ff.
[2] Vgl. Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik: Memorandum 2006. Mehr Beschäftigung braucht eine andere Verteilung, Köln 2006, S. 105-133.
[3] Poulantzas, Nicos, Staatstheorie: Politischer Überbau, Ideologie, Autoritärer Etatismus, Hamburg 2002, S. 159.
[4] Siehe dazu Foucault, Michel: Sicherheit, Territorium, Bevölkerung. Geschichte der Gouvernementalität 1, Frankfurt 2006 sowie derselbe: Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität 2, Frankfurt 2006.
[5] Es gab in den 1970ern einen moderaten Zuwachs der Lohnquote.
[6] Köhler, Thomas: Ego-Taktiken und easy livin’ conformism. Wandel in Reproduktion und Milieus Studierender, in: Forum Wissenschaft 3/2006, S. 30-33.
[7] Bargel, Tino: Lebensgefühle und Zukunftsperspektiven von Studierenden. Empirische Befunde studentischer Befragungen. Vortrag an der Universität Konstanz im Jahre 2000, www.uni-konstanz.de/soziologie/ag-hoc/Vortaege/LebenZukunftStudierende.pdf (zuletzt eingesehen am 17.4.2007).
[8] Hurrelmann, Klaus/Albert, Mathias: Jugend 2006. 15. Shell-Jugendstudie. Eine pragmatische Generation unter Druck, Frankfurt 2006.
[9] Vgl. www.abs-bund.de/argumente

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