29. Januar 2020 Joachim Bischoff, Michael Brie, Richard Detje, Cornelia Hildebrandt, Hasko Hüning, Dieter Klein, Björn Radke, Gerd Siebecke, Daniela Trochowski, Axel Troost und Harald Wolf

Für den Richtungswechsel der Politik kämpfen

Nach einem für die LINKE eher enttäuschenden Wahljahr 2019, den heftigen Auseinandersetzungen um die gescheiterte Initiative »aufstehen«, schwindenden Mehrheitsperspektiven eines parlamentarischen rot-grün-roten Bündnisses, fraktionellen Konflikten und teilweise wachsender Kritik an der Basis hat sich der Parteivorstand der LINKEN entschlossen, für Ende Februar zu einer Strategiekonferenz nach Kassel einzuladen.

Erste These:
Die strategische Situation zu Beginn der 2020er Jahre ist durch eine Zuspitzung der Widersprüche neoliberaler Politik charakterisiert. Es entsteht eine Scheidewegsituation.


Die kapitalistischen Hauptländer sind mit gravierenden Problemen konfrontiert:

  • Das Auseinanderdriften der Verteilungsverhältnisse kann von der neoliberalen Deregulierungspolitik immer weniger moderiert werden. Schlüsselbereiche des gesellschaftlichen Lebens wie Lohnarbeit, Wohnen, Bildungsangebote, Gesundheitsversorgung, Pflege und würdige Existenzbedingungen im Alter können von der etablierten Politik nicht mehr gewährleistet werden. Neue Unsicherheiten und soziale Spaltungen treffen auch die Geschlechter­verhältnisse sowie das Verhältnis zu Migrant*innen und untergraben Fortschritte einer emanzipativen und geschlechterdemokratischen Lebensweise.
  • Die Widersprüche zwischen der gesellschaftlichen wie der individuellen Reproduktion und den Aneignungsexzessen in der Finanzsphäre werden durch den Klimawandel und die unkontrollierten Naturaneignungen zur globalen Existenzkrise gesteigert. Trotz gewaltiger Umbrüche in den Produktionsverhältnissen bringt die schleppende Produktivitätsentwicklung nur ein niedriges und in die falsche Richtung gehendes Wirtschaftswachstum hervor.
  • Die Wiederbelebung der ökonomischen Nationalismen zerstört die Nachkriegsordnung. Anstelle einer internationalen Friedensordnung sind wir mit der Akzeptanz von Kriegen als Mittel der Konfliktlösung konfrontiert.
  • Die herrschenden Eliten befördern mit ihrer Selbstbereicherung den Eindruck eines Gegensatzes zwischen der breiten Bevölkerung und korruptem Establishment und bereiten so den Nährboden für Rechtspopulismus und autoritäre Herrschaftsstrukturen. Die Erosion demokratischer Strukturen ist weit fortgeschritten. Das Vertrauen in die Fähigkeit, mit den bisherigen demokratischen Mitteln die aufgestauten Probleme zu lösen, sinkt.

Von zahlreichen sozialen Bewegungen und Initiativen sowie Gewerkschaften werden machtpolitische Alternativen eingefordert, um Schritte in Richtung einer emanzipativen demokratischen Gesellschaftsordnung gehen zu können, die den Interessen und Ansprüchen der Vielen gerecht werden.

Joachim Bischoff ist Mitherausgeber von Sozialismus.de, Michael Brie Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Richard Detje Redakteur von Sozialismus.de, Cornelia Hildebrandt stellvertretende Bereichsleiterin des Institutes für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Hasko Hüning Mitarbeiter der Sozialistischen Studiengruppen, Dieter Klein war bis Ende 2012 Mitglied des Vorstands der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Björn Radke und Gerd Siebecke sind Redakteure von Sozialismus.de, Daniela Trochowski ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Axel Troost stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE und Harald Wolf Bundesschatzmeister der Partei DIE LINKE.

Die komplette Leseprobe als pdf-Datei!

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