26. Januar 2014 Ulrich Bochum

Großbritannien – Ökonomischer Rebound?

Nachdem sich die ökonomische Lage in Großbritannien verbessert hat und die Ökonomie wieder leicht wächst, fühlen sich die regierenden Konservativen in ihrem Festhalten an einer harten Austeritätspolitik bestätigt. Ein allgemeines Jubelgeschrei ist über die für das Jahr 2014 prognostizierte Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von 2,4% ausgebrochen – »Growth is back«.

Vor dem Hintergrund eines seit 2010 andauernden »fiskalischen Konservatismus«, wie Premierminister Cameron die Politik der Rückführung der Staatsausgaben nannte, die verlangte, dass »wir alle unsere Kreditkarten-Rechnungen bezahlen müssen«, mag das verständlich sein. Schließlich hatte Großbritannien im Gefolge dieser Politik sein AAA-Rating bei der Rating-Agentur Fitch verloren. Aber nun: Endlich sieht man etwas Licht am Ende des Tunnels.

Allerdings steht die Entwicklung auf sehr wackeliger Basis, wie auch das für die Prognosen zuständige Office for Budget Responsibility (OBR) hervorhob. Es könne durchaus sein, dass es im Jahr 2014 zum Rückfall der Wachstumsrate kommt. Die Wachstums-Überraschung im Jahr 2013 sei vor allem auf einen stärkeren privaten Konsum zurückzuführen, Unternehmensinvestitionen und der Netto-Ertrag aus dem Außenhandel seien jedoch weiterhin enttäuschend. »Wir erwarten daher nicht, dass sich das Tempo der vierteljährlichen Expansion wie wir es im Jahr 2013 gesehen haben, in das Jahr 2014 hinein fortsetzt.«[1]

Vorläufige Schätzungen zum Verlauf des letzten Quartals des Jahres 2013 zeigen zwar, dass die Bauwirtschaft mit einem Wachstum von 10% zwischen April und September 2013 wesentlich zum Wachstumsverlauf des Jahres beigetragen hat, im November 2013 kam es jedoch zu einem Rückgang von 4%. Auch das Verarbeitende Gewerbe zeigte im letzten Quartal einen flachen Verlauf, sodass verschiedene Experten erwarten, dass für das letzte Jahresviertel 2013 die in den vorhergehenden Quartalen erreichte Wachstumsrate von 0,8% nicht verlängert werden kann. Von einem sich ausweitenden Wachstumspfad kann also nicht gesprochen werden.[2] In dieses Bild passen auch die letzten Zahlen einer weiterhin defizitären Handelsbilanz, die sich in den drei Monaten bis November 2013 auf 29,2 Mrd. £ ausgeweitet hat, eine Export basierte Erholung, die sich manche erhofften, fällt damit ebenfalls aus.

Problematisch ist in jedem Fall, dass die nationale ökonomische Entwicklung sehr ungleich verläuft: Der Norden Britanniens spürt kaum etwas von der Erholung, während der Süd-Osten und London expandieren.

Zieht man eine Bilanz des fiskalischen Konservatismus, so ist festzuhalten, dass er erhebliche negative Auswirkungen auf das Wachstum hatte und für eine stagnative Entwicklung verantwortlich war. Die Halbierung der Nettoinvestitionen im öffentlichen Sektor, fast 1,5% des Bruttoinlandsprodukts, wird durchgängig als großer politischer Fehler bewertet. Die von der Bank of England betriebene geldpolitische Lockerung mit niedrigen Zinsen hat nicht die erhofften Wirkungen gebracht. »Der Finanzsektor bleibt dysfunktional. Er erfüllt offenkundig seine Hauptfunktion nicht, Kredite in die Realwirtschaft zu leiten, insbesondere im Hinblick auf kleine Unternehmen. Größere Firmen hingegen halten sich mit Investitionen zurück, obwohl viele von ihnen über ausreichende Geldreserven verfügen.«[3]

Dennoch überwiegen auch für das Verarbeitende Gewerbe (Manufacturing) seit März 2013 die positiven Signale. Zwar beträgt die Output-Lücke gegenüber dem Vorkrisen-Niveau noch etwa 9%, sie beginnt sich aber zu schließen. Verschiedene Manager-Befragungs-Indices bestätigen die Erholungstendenz und erwarten, dass in der Industrie weitere 10-15.000 Jobs entstehen könnten.[4] (Siehe Abbildung 1)

Die Beschäftigung stieg in der Folge dieser Entwicklungen ebenfalls und hat im letzten Quartal 2013 zusätzliche 150.000 Jobs gebracht. Damit sinkt die Arbeitslosenquote auf 7,4% und dürfte weiter fallen. Die Bank of England betrachtet eine Arbeitslosenquote von 7% als Schwelle ab der sie höhere Zinsraten in Betracht zieht, also die geldpolitische Lockerung zurückführt.

Die Beschäftigungsdaten signalisieren eine leichte Verbesserung gegenüber der Entwicklung in den Krisenjahren, aber auch in Großbritannien bleibt der Anteil niedrig bezahlter Jobs hoch. Zwischen 2011 und 2012 ist der Anteil niedrig bezahlter Jobs bei den weiblichen Beschäftigten gestiegen, 27% der weiblichen Beschäftigten verdienen weniger als der »Living Wage« von 7,40 £ pro Stunde. Die Vollzeit-Verdienste für Männer und Frauen sind seit 2007 in allen Bereichen der Einkommensverteilung gesunken. Die Unterbeschäftigung beträgt 6,3 Mio0. und ist leicht gefallen.[5] (Siehe Tabelle 1)



Hauspreise und Housing Crisis

Dass die Hauspreise mittlerweile wieder stark steigen und die Regierung mit ihrem Hilfsprogramm für Erstkäufer (Help to Buy) diese Entwicklung noch fördert, wird von vielen Beobachtern skeptisch beäugt. Im Rahmen dieses Programms werden staatliche Garantien von 20% für Hauspreise von bis zu 600.000 £ denjenigen eingeräumt, die zum ersten Mal ein Haus kaufen. Über diesen Mechanismus werden Nachfrage und Preise natürlich weiter angeheizt und der Vorwurf, die Regierung trage bereits wieder zum nächsten »Bubble« auf dem Immobiliensektor bei, ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch wird die Belebung auf dem Immobiliensektor ebenfalls als Signal der Besserung interpretiert. (Siehe Abbildung 2)

Die Hauspreise stiegen im Jahr 2013 um 8,4%, dies war der höchste Zuwachs seit 2010. Der durchschnittliche Preis betrug 175.826 £ und erreichte damit den höchsten Punkt seit 2008, gegenüber dem letzten Jahr war dies eine Zunahme von 14.000 £. In London stiegen die Hauspreise um 15% und damit am stärk­sten im gesamten Vereinigten Königreich. Diese ungesunde Entwicklung wird von der Regierung heruntergespielt und als Bestätigung für den Erfolg des »Help to Buy-Programms« interpretiert.[6]
Die durchgängige Preiserhöhung auf dem Immobilienmarkt weist eher daraufhin, dass insgesamt die stark angeheizte Nachfrage nach Immobilien einem unzureichenden Angebot gegenübersteht und sich auf breiter Basis eine weitere Blase herausbildet.

Unter diesen Bedingungen hat sich eine Housing Crisis entwickelt, bei der preiswerter Wohnraum für viele Haushalte nicht mehr zur Verfügung steht. Unterstrichen wird dies noch durch das seit Thatcher eingeführte Recht,  kommunale Wohnungen (council flats) an Private zu verkaufen.[7] Diese wiederum vermieten die erworbenen Wohnungen an interessierte Mieter zu einem weit höheren Preis und verwandeln damit öffentlichen Wohnraum in privaten. Der Londoner Labour-Abgeordnete Tom Copley zeigt in einer Untersuchung, dass bereits 36% dieser kommunalen Wohnungen nun privat vermietet werden mit dem Effekt, dass die Mieter aufgrund der höheren Mieten weitaus mehr Wohngeld (housing benefit) beziehen müssen als vorher.[8]

Gerade in London stellt der Wohnungs- und Häusermarkt und die Möglichkeit, an finanzierbaren Wohnraum zu kommen, die größte Herausforderung dar und dürfte für die weitere Entwicklung der Hauptstadt wegweisend sein. Heute trägt das von Thatcher initiierte und von der aktuellen Regierung wieder reanimierte Programm zum Verkauf der kommunalen Wohnungen zur Ausbreitung einer Housing Crisis und zu einer Explosion der Wohngeld-Zahlungen bei und müsste grundlegend modifiziert und reguliert werden. In diesem Sinn müssten Kommunen auch das Recht haben, kommunale Wohnungen nicht zu verkaufen, um ihre Fähigkeit, auf lokale oder regionale Wohnungsnöte reagieren zu können, zu erhalten.


More Cuts – Staatsausgaben sollen weiter sinken

Die Regierung ist offensichtlich so überzeugt von ihrem Austeritätskurs, dass ihr Schatzkanzler Osborne bereits jetzt für die nächste Legislaturperiode weitere Kürzungen der Staatsausgaben angekündigt hat. Osborne will mit aller Macht im Jahr 2019 einen ausgeglichenen Haushalt bzw. einen Haushaltsüberschuss präsentieren, und um dies erreichen zu können, müssen die Staatsausgaben in einem noch schärferen Tempo als bisher gekürzt werden. Das Institute for Fiscal Studies hat darauf hingewiesen, dass dazu die Staatsausgaben von jetzt 2,3% pro Jahr, ab 2016 auf 3,7% jährlich gekürzt werden müssten und dies ginge nur bei weiteren Kürzungen genuin sozialstaatlicher Leistungen wie etwa beim Wohngeld, Kindergeld und Zuwendungen für die Älteren. Osborne stellte in einer Rede zu Beginn des Jahres klar, dass 2014 das Jahr der harten Wahrheiten werde und dies bedeute, »We’ve got to make more cuts – £ 17bn this coming year, £20bn next year, and over £25bn further across the two years after.« Das bedeutet also die Einsparung von 60 Mrd. £ in den nächsten vier Jahren. Die Konservativen wollen die Austeritätspolitik noch intensivieren und damit ein historisch niedriges Niveau staatlicher Ausgaben erreichen.[9]

Ein Punkt, an dem die Labour-Opposition einhakt und der sowohl durch Augenschein als auch durch empirische Daten untermauert werden kann, ist der sinkende Lebensstandard für die Mehrheit der Briten. Nach vorliegenden Daten fielen die durchschnittlichen Einkommen nach Abzug der Inflationsrate in den Jahren 2011-2012 um 2,8%. Für einen mittleren Haushalt fiel das wöchentliche Einkommen in diesem Zeitraum von 440 auf 427 £. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen sank in diesem Zeitraum um 1,6% von 537 auf 528 £. Für den gesamten Krisenzeitraum seit 2009 ist das mittlere Haushaltseinkommen um 5,8% und das durchschnittliche Haushaltseinkommen um 7,2% gefallen.

Bei der Betrachtung der Einkommensentwicklung fällt auf, dass zu Beginn der Rezession in den Jahren 2008 bis 2009 die verfügbaren Haushaltseinkommen noch um 2,4% zunahmen, bei fortschreitender Krisenentwicklung die Einkommensverluste aber immer stärker wurden. Dies hängt damit zusammen, dass das Steuersystem die fallenden Einkommen quasi automatisch durch geringere Steuerbelastungen kompensiert (Tax Bills). Zusätzlich wuchs der Anteil des Haushaltseinkommens, der durch sozialstaatliche Transfers zustandekommt. Beide Komponenten unterstreichen somit das Wirken der so genannten automatischen Stabilisatoren in Zeiten fallender Beschäftigung. In dieser ersten Krisenperiode zwischen 2008 und 2009 wuchsen die Transfers insgesamt um 12,5% und machten damit das Gros des Einkommenszuwachses aus. In den folgenden Jahren zwischen 2010 und 2012 sanken jedoch auch die »Benefits and Tax Credits«, so dass die Einkommen insgesamt um mehr als 7% fielen. Mit den geplanten Kürzungen in den Sozialleistungen wird diese Einkommensquelle in nächster Zeit weiter abnehmen.[10]

Über diese trockenen Zahlen zur Entwicklung der Einkommen und des Lebensstandards hat sich im Vereinigten Königreich eine hitzige Debatte entsponnen, in der sogar der Präsident des britischen Arbeitgeberverbandes (CBI, Confederation of British Industry) seine Mitgliedsfirmen aufforderte, höhere Löhne zu zahlen. Viel zu viele Beschäftigte blieben in den Mindestlohn-Jobs hängen. Weiter angefeuert wurde die Debatte durch regionale statistische Daten der Gewerkschaft GMB (General, Municipal, Boilermakers Allied Union, ca. 600.000 Mitglieder), die zeigen, dass die realen Einkommen zwischen April 2008 bis November 2013 für das gesamte Königreich um 13,8% gefallen sind – mit 20,4% besonders stark in London.[11] Die Kritik des Arbeitgeber-Präsidenten ist Wasser auf die Mühlen der Labour Party, die seit längeren die Regierung dafür kritisiert, dass der Erholungsprozess die normalen Erwerbstätigen nicht erreicht. (Siehe Abbildung 3)

Der Labour-Vorsitzende Ed Miliband spricht in diesem Zusammenhang von einer »squeezed Middle«, um den Zustand der Mittelklassen zu beschreiben, die einerseits zu viel verdienen, um sozialstaatliche Leistungen zu erhalten, und andererseits zu wenig haben, um die gewohnten Lebensstandards aufrechterhalten zu können. Insofern verortet Milliband die Krise des Lebensstandards nicht nur  bei den Mindestlohnempfängern und den Beschäftigten mit so genannten Null-Stunden-Verträgen – es gehe um Millionen von Mittelklassen-Familien, die sich nie haben träumen lassen, dass das Leben ein solcher Kampf sein würde.[12]


Populistische Maßnahmen gegen Arbeitsmigranten

Das Thema Arbeitsmigration aus osteuropäischen EU-Ländern spielte bereits im Wahlkampf 2010 eine wichtige Rolle, weil Großbritannien im Gegensatz zu anderen EU-Ländern die Zuwanderung von polnischen Arbeitsmigranten nicht begrenzte. Die siebenjährige Übergangsperiode für Arbeitsmigranten aus Ländern, die 2004 Mitglieder der EU wurden, wurde nicht implementiert. Dies hatte während des Wahlkampfes und in verschiedenen Arbeitskämpfen bei Lohnarbeitern zu Unmut geführt, den vor allem Labour zu spüren bekam. Ein Arbeitnehmer-Entsendegesetz existiert nicht.

Cameron hat nun zum Ende des Jahres 2013 ein Gesetzespaket lanciert, das sich gegen »benefit tourists« richtet – ähnlich wie die CSU befürchten Cameron und seine Regierung mit dem Inkrafttreten der EU-Freizügigkeitsregelungen zu Beginn des Jahres 2014 eine massive Zuwanderung von bulgarischen und rumänischen Arbeitskräften. Das Gesetz schließt den Bezug von Arbeitslosengeld in den ersten drei Monaten nach der Zuwanderung aus. Das Gesetzesvorhaben umfasst Maßnahmen, die bereits durch die bestehende Gesetzeslage möglich sind, etwa die Ausweisung von MigrantInnen, die gar nicht vorhaben zu arbeiten. Dies ist jedoch durch die Behörden nur schwer nachzuweisen.

Ebenso wie CSU-Politiker in Deutschland spielt Cameron hier mit den Vorurteilen der britischen Bevölkerung gegen mittellose Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien, denen entweder geringe Qualifikationen oder Bettelei zugeschrieben werden. Die britische Regierung ist mit ihrer Haltung, die Freizügigkeitsregeln in der EU einzuschränken,  sowohl von der EU-Kommission als auch von den entsprechenden Regierungen Bulgariens und Rumäniens scharf kritisiert worden. Bereits im Jahr 2013 hatte die britische Regierung eine Negativkampagne in den jeweiligen Ländern geplant und davor gewarnt, nach Großbritannien zu kommen. Bei den Briten selbst kommt diese Haltung jedoch gut an, viele sind dafür, weniger Ausländer ins Land zu lassen.

Die vorhandenen Statistiken des Department for Work and Pensions (DWP) unterstützen die Vermutung einer Ausnutzung britischer Sozialkassen durch Zuwanderer generell nicht: In den Jahren 2011/12 gab es insgesamt 601 Tausend Registrierungen von Sozialversicherungsnummern von Nicht-UK-Personen. Von diesen wiederum haben 5,9% so genannte out-of-work-benefits bezogen, also knapp 35.000 Personen.

Für die Jahre 2012/13 wurden insgesamt 209 Tausend Sozialversicherungsnummern für Personen aus osteuropäischen Ländern registriert, die 2004 der EU beitraten. Die Anzahl der Registrierungen für Personen aus Bulgarien und Rumänien betrug in diesem Zeitraum 3.000.[13]

Aber Statistiken spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Viel wichtiger ist es zu zeigen, dass man politisch der stark an Akzeptanz gewinnenden rechtspopulistischen und anti-europäisch eingestellten UK Independence Party (Ukip) auf gleicher Ebene begegnen kann. In letzten Meinungsumfragen wird die Ukip mit 17% gehandelt – bei steigender Tendenz. Sie profitiert von einer anti-europäischen Stimmung und Cameron versucht mit seinen gegen die EU-Bürokratie gerichteten politischen Ausfällen, dieser Stimmung gerecht zu werden. Das von Cameron angekündigte Referendum zur EU-Mitgliedschaft Großbritanniens im Jahr 2017 ist letztlich eine Konzession an die Ukip. Langsam werden die Tories nervös. Haben sie die Ukip doch bisher als Partei mit einem amüsanten Saufbold an der Spitze und einer Reihe von Verrückten betrachtet, verlieren sie doch mehr und mehr Stimmen an die Rechtspopulisten. Ukip-Chef Nigel Farage hat ein paar eingängige politische Vorschläge: Raus aus der EU, Einwanderung drastisch begrenzen, vereinfachtes Steuerrecht, keine Gleichstellung schwuler Paare, mehr Sicherheit und Verteidigung und die Einführung von Raucherecken in Pubs. Gleichzeitig wird das verloren gegangene, goldene britische Zeitalter beschworen und so werden die Verlierer der Globalisierung eingefangen.

»Farage hat einen Nerv getroffen, nicht nur mit seinem nationalistischen Ultra-Thatcherismus, auch mit seiner Person. Sein kraftvolles, lebensfrohes Auftreten lässt die jungenhaft-technokratischen Parteichefs im Unterhaus oft milchgesichtig erscheinen. Obwohl auch Farage noch nicht fünfzig Jahre alt ist, stillt er die Sehnsucht vieler nach einem politischen Führer mit Erfahrung und Überzeugung, Courage und einem robusten Humor.«[14]

Farage hat nichts übrig für die Faschisten der British National Party und dürfte auch mit den kontinentaleuropäischen Rechtspopulisten in Frankreich nichts gemein haben – die Einladung, dem Bündnis von Marine LePen und Geert Wilders beizutreten, lehnte er ab. Es geht vielmehr darum, zunächst in Großbritannien noch stärker Fuß zu fassen und weithin akzeptiert zu werden. Jedenfalls hat Ukip bei den anstehenden Wahlen zum Europaparlament größte Chancen, zur stärksten Partei zu werden. Sollte dies gelingen, dann dürfte auch dem Einzug ins britische Unterhaus nichts mehr im Wege stehen.

In Schottland, wo ein Referendum über die Abspaltung vom Vereinigten Königreich vorbereitet wird, hat Ukip bisher keinen Zulauf zu verzeichnen. Die bisherigen Besuche Farages in Schottland sind tumultös verlaufen, die Polizei musste ihn vor Demonstranten schützen und in einem Pub verbarrikadieren. Vielleicht konnte er da rauchen.

Quellen
www.newstatesman.com/politics/2014/01/miliband-pitches-middle-class-five-observations
www.dailymail.co.uk/money/news/article-2537064/Confusion-reigns-official-figures-economy-stalling.html
www.dailymail.co.uk/money/news/article-2533189/More-new-year-cheer-economy-construction-industry-grows-fastest-pace-six-years.html

Ulrich Bochum ist Mitarbeiter der Forschungsgemeinschaft für Außenwirtschaft, Struktur- und Technologiepolitik e.V., Berlin.

[1] Office for Budget Responsibility 2013: Economic and Fiscal Outlook, presented to Parliament by the Economic Secretary to the Treasury by Command of Her Majesty, December 2013, S.14
[2] http://www.dailymail.co.uk/money/news/article-2537064/Confusion-reigns-official-figures-economy-stalling.html
[3] Jonathan Portes 2013: Eine progressive Wachstumsstrategie für das Vereinigte Königreich, in: Dauderstädt, M./Hillebrand, E. 2013: Alternativen zur Austerität. Progressive Wachstumsstrategien für Europa,  Studie der Friedrich Ebert Stiftung, Berlin, S. 7-10
[4] Markit Economic Research: UK PMI Survey 06.01.2014. PMI = Purchase Manager Index (Einkaufsmanager Index für das Vereinigte Königreich)
[5] Vgl. Joseph Rowntree Foundation 2013: Monitoring Poverty and Social Exclusion 2013, www.jrf.org.uk
[6] http://www.dailymail.co.uk/money/mortgageshome/article-2533097/House-prices-hit-highest-point-April-2008-bringing-warnings-bubble-near-pre-crash-peak.html#ixzz2qTj0jJNe
[7] Thatcher führte dies 1980 in ihrem Housing Act als Right to Buy ein – eine damals sehr populäre Maßnahme
[8] Tom Copley 2014: From Right to Buy to Buy to Let, Greater London Auth­ority/London Assembly Labour
[9] Präsentation des Autumn Statements www.ifs.org.uk/projects/423; https://www.gov.uk/government/speeches/new-year-economy-speech-by-the-chancellor-of-the-exchequer
[10] Zu den Zahlen vgl. Institute for Fiscal Studies: Living Standards, Poverty and Inequality in the UK: 2013, IFS-Report R81, S. 18-25, insbesondere die Tabelle 2.4 Change in income sources and contributions to income growth, 2007-08 to 2011-12 auf S. 19
[11] http://www.theguardian.com/money/2013/dec/30/pay-workers-more-cbi-firms
[12] http://www.newstatesman.com/politics/2014/01/miliband-pitches-middle-class-five-observations
[13] Siehe Department for Work and Pensions: Statistical Bulletin. Nationale Insurcance Number Allocations to Adult Overseas Nationals Entering the UK – registrations to March 2013 - https://www.gov.uk/government/organisations/department-for-work-pensions/series/national-insurance-number-allocations-to-adult-overseas-nationals-entering-the-uk
[14] So der FAZ-Korrespondent in London in einem Bericht, FAZ 13.5.2013

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