1. September 2008 Axel Gerntke

IG Metall startet ''Initiative Neuer Generationenvertrag''

Nicht nur in der IG Metall, sondern in allen Gewerkschaften und darüber hinaus in weiten Teilen der Öffentlichkeit herrscht große Unzufriedenheit mit der aktuellen Rentenpolitik. Nach Umfragen lehnen über 80% der Bevölkerung die Rente mit 67 ab.[1] Eine Vielzahl von Menschen wendet sich gegen weitere Einschnitte in das soziale Sicherungssystem. Diese Ablehnung ist allerdings kein Selbstgänger, sondern muss kontinuierlich argumentativ unterfüttert werden.

Durch entsprechende Aktivitäten müssen die gesellschaftlichen Mehrheiten stabilisiert und ausgebaut werden. Aus diesem Grund hat die IG Metall eine "Initiative Neuer Generationenvertrag" und ein 5-Punkte-Programm beschlossen.[2] Es geht darum, die innergewerkschaftliche Debatte zu befördern und gewerkschaftliche Positionen in der interessierten Öffentlichkeit stärker zu verankern.

Das 5-Punkte-Programm beinhaltet eine grundlegende Erneuerung der Alterssicherung. Es zielt auf eine Stärkung des Sozialstaates.

Zum ersten geht es um die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung. Schrittweise müssen alle Selbständigen und Freiberufler sowie die Beamten und Parlamentarier in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) einbezogen werden. Dabei spielen zwei Gesichtspunkte eine Rolle: Zum einen müssen alle Erwerbstätigen ausreichend geschützt werden. Insbesondere die Solo-Selbständigen sind im jetzigen System nicht abgesichert. Zum anderen sind es Aspekte der Gerechtigkeit und der nachhaltigen Finanzierung. Es ist beispielsweise nicht einsehbar, warum sich Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte und Apotheker mit niedrigem Erwerbsminderungsrisiko in berufsständischen Versorgungswerken zusammenschließen dürfen und so zu Lasten der heute in der GRV Versicherten eine privilegierte Altersversorgung erhalten. Die Einführung der Erwerbstätigenversicherung könnte – je nach Ausgestaltung – bei gleichem Leistungsniveau über einen längeren Zeitraum ein bis zwei Beitragssatzpunkte in der GRV einsparen.[3]

Zum zweiten fordert die IG Metall eine Alterssicherung, die nach einem erfüllten Arbeitsleben Lebensstandardsicherung gewährleistet und generell Armut vermeidet. Dies erfordert mittelfristig eine moderate Anhebung der Beiträge zur GRV auf etwa 24 Beitragssatzpunkte und einen um knapp 20 Mrd. Euro erhöhten Steuerzuschuss.

Zum dritten muss die betriebliche Altersversorgung flächendeckend ausgebaut werden. Die IG Metall will ein so genanntes Arbeitgeberobligatorium durchsetzen. D.h. die Arbeitgeber sollen generell verpflichtet werden, allen Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten und sich an der betrieblichen Altersvorsorgung auch finanziell zu beteiligen.

Viertens müssen die Rente mit 67 verhindert und flexible Ausstiegsmöglichkeiten vor dem 65. Lebensjahr erleichtert werden. Rente mit 67 ist nichts anderes als eine Rentenkürzung und bereits heute halten viele Beschäftigte nicht einmal bis zum 65. Lebensjahr durch. Dem "DGB-Index Gute Arbeit 2007"[4] ist zu entnehmen, dass ein Drittel der Beschäftigten fürchtet, nicht bis zum 65. Lebensjahr arbeiten zu können.

Allerdings ist klar, dass auch eine grundlegende Erneuerung des Alterssicherungssystems allein die Probleme nicht lösen wird. Die Prekarisierung der Arbeit schreitet voran. 22% der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor. Die Lohnquote ist seit dem Jahr 2000 um über sechs Prozentpunkte gesunken, und der Anteil der oftmals nicht abgesicherten Selbständigen ist in den letzten zehn Jahren um etwa 17% angestiegen. Selbst wenn die ersten vier Punkte des IG Metall-Programms umgesetzt werden würden, wäre den Arbeitslosen, Niedriglöhnern und (Schein-)Selbständigen nur zum Teil geholfen. Auch deshalb engagiert sich die IG Metall gleichzeitig fünftens für eine grundlegende arbeitsmarkt- und verteilungspolitische Wende. Diese beinhaltet die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen und eine generelle Sozialversicherungspflicht für alle Formen der Erwerbstätigkeit.

Eine solche Initiative ist überfällig. Vergegenwärtigt man sich die Forderungen zur Alterssicherungspolitik aus dem Lambsdorff-Papier aus dem Jahr 1982, erweist sich die Rentenpolitik der letzten Jahre als Ironie der Geschichte: Weitgehend ohne (Regierungs-)Beteiligung der FDP wurden deren zentrale Forderungen umgesetzt. Lambsdorff forderte die Anhebung der Beteiligung an den Kosten der Krankenversicherung und die Einführung von Abschlägen bei der Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze. Beides wurde noch unter Blüm eingeführt. Ferner forderte er die Verschärfung der Bedingungen für die Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrente. Die BU-Rente wurde unter Rot-Grün abgeschafft, und die Bedingungen für die Erwerbsunfähigkeitsrente wurden ebenfalls verschärft. Zudem verlangte Lambsdorff die "Berücksichtigung des steigenden Rentenanteils in der Rentenformel". Rot-Grün hat dies mit dem so genannten "Nachhaltigkeitsfaktor" realisiert. Nun bleibt nur noch die Anhebung der Rentenaltereintrittsgrenzen. Auch hier ist in den letzten Jahren bereits einiges bei den vorgezogenen Altersrenten geändert worden. Die Krönung war die Politik der Großen Koalition, die die Einführung der Rente mit 67 beschlossen hat.

Diese Veränderungen haben schon jetzt zu einer Absenkung des Rentenniveaus geführt. Die schärferen Einschnitte stehen allerdings noch bevor: Wer heute in Westdeutschland 40 Jahre lang versicherungspflichtig zum Durchschnittseinkommen beschäftigt war, bekommt beim Renteneintritt mit 65 Jahren heute einen Rentenzahlbetrag von etwa 950 Euro. Werden die bereits beschlossenen Kürzungen umgesetzt, würden die Betroffenen unter gleichen Bedingungen nach heutigen Werten im Jahr 2030 nur noch etwa 700 Euro erhalten. Qualitative Verschlechterungen, wie z.B. die Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente, sind in dieser Berechnung noch gar nicht enthalten.

Wichtig bleibt, worum es bei diesen Maßnahmen letztlich geht, nämlich um eine Förderung der Kapitalmärkte durch staatliche Subventionierung der privaten Alterssicherung und durch die Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ein großer Teil der Betroffenen kann sich angesichts des wachsenden Umfangs des Niedriglohnsektors zwar keine zusätzliche Privatvorsorge leisten, gleichwohl ist die Strategie aus Sicht der Versicherungswirtschaft wirksam. Dies wird u.a. daran deutlich, dass die Riester-Rente bereits im Jahr 2021 knapp zehn Prozent der Gesamtversorgung ausmachen soll, obwohl gleichzeitig diese Gesamtversorgung noch unterhalb des Versorgungsniveaus liegt, das die gesetzliche Rentenversicherung im Jahr 2000 realisiert hatte.[5] Die Zahl der abgeschlossenen Riesterverträge beläuft sich auf über elf Millionen in der Bundesrepublik Deutschland.[6] Auch der Umfang sonstiger, staatlich geförderter privater Sicherung nimmt zu, z.B. die Entgeltumwandlung. Nicht, weil sie als wünschenswerte gesellschaftspolitische Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung angesehen wird, sondern weil die drastische Senkung des Versorgungsniveaus individuell kaum eine andere Lösung zulässt.

Daher hat sich die Ausgangslage für gewerkschaftliches Handeln verändert. Zwar ist das paritätisch finanzierte Umlagesystem nach wie vor vorbildlich. Aber das Leistungsniveau ist so unzureichend, dass die GRV massive Akzeptanzprobleme hat. Hinzu kommen Strukturprobleme: Immer mehr Menschen werden durch dieses Sicherungssystem nicht oder nicht hinreichend erfasst. Gleichzeitig gewinnen die 2. (betriebliche) und 3. (private) Säule an Bedeutung.

Eine Strategie für eine solidarische Alterssicherung muss diese Fakten berücksichtigen, wenn sie erfolgreich sein will.

Neue Aspekte der IG Metall-Initiative

Es geht auch um eine Entlastung der Beschäftigten jetzt!

Den Gewerkschaften wird immer wieder vorgeworfen, sie würden eine höhere Belastung der Beschäftigten in Kauf nehmen. Das Gegenteil ist richtig: Die Rentenpolitik der Bundesregierung ist zwar vom Beitragssatzdogma und von der "Senkung der Lohnnebenkosten" geprägt. Die Bundesregierung betreibt damit Rentenpolitik nach selbst definierter Kassenlage und versucht den Eindruck zu erwecken, an der Stabilisierung der Beitragssätze würden auch die Beschäftigten partizipieren.

Tatsächlich führt diese Politik aber zu einer Mehrbelastung der Beschäftigten, während das IG Metall-Modell eine Entlastung zur Folge hat. Denn im Regierungsmodell sind zusätzlich mindestens 6% des Bruttomonatseinkommens für die Privatvorsorge aufzuwenden, um auf ein noch halbwegs vertretbares Rentenniveau zu kommen. Mithin liegt die Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Alterssicherung heute bei etwa 16% (knapp 10% Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung plus 6% Privatvorsorge). Die Belastung steigt sogar auf 17% im Jahr 2030 an, da bis dahin der Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung auf etwa 11% anwachsen wird.

Demgegenüber sieht das IG Metall-Modell eine deutliche Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. Zwar würde der Gesamtbeitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2030 auf etwa 24% anwachsen. Der hiervon paritätisch zu tragende Anteil von 12% liegt aber deutlich unter der Belastung, die die Bundesregierung vorsieht, nämlich die eben bereits genannten 17%. Das IG Metall-Modell kommt auf einen Gesamtbeitragssatz von lediglich 24%, da zusätzliche Steuermittel (z.Z. ca. 18 Mrd. Euro jährlich) für Maßnahmen zur Armutsvermeidung vorgesehen sind, die den Beitragssatz um knapp zwei Prozentpunkte reduzieren. Wie sich die Belastungen für die Beschäftigten im einzelnen auswirken, hängt von der Art der Steuer und ihrer Erhebung ab. So oder so ist die Belastung der Beschäftigten aber deutlich geringer, als dies das Regierungsmodell vorsieht.[7]

Entgegen der Regierungsrhetorik steht der besseren Versorgung der Rentnerinnen und Rentner nicht automatisch eine höhere Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen­über. Vielmehr liegt dem IG Metall-Konzept ein intelligentes Verteilungsmodell zugrunde, das auch die Arbeitgeberseite angemessen in die Verantwortung nimmt.

Das IG Metall-Modell bezieht die betriebliche Altersversorgung mit ein
Ein weiterer Vorwurf besteht darin, dass sich die Gewerkschaften gegen "zusätzliche" Alterssicherungen wehren würden. Dies ist bereits begrifflich unzutreffend. "Zusätzliche" Alterssicherung ist nur dann möglich, wenn sie nicht bisherige Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt, sondern dem Wortsinne nach zusätzlich erfolgt.

Dies erfordert zwei Elemente: zum einen die Stärkung der gesetzlichen Rente. Dies erfolgt im Wesentlichen durch die Verbreiterung des Personenkreises und darüber hinaus durch einen moderaten Anstieg der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Zum anderen muss die Rolle der betrieblichen Altersversorgung gestärkt werden. Wie bereits dargestellt, wächst der Anteil derjenigen, die schon heute im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung Vorsorge betreiben. Allerdings wächst auch der Anteil derjenigen, die dies aus eigenen Mitteln – ohne Arbeitgeberzuschüsse – tun. Zudem ist betriebliche Altersversorgung immer noch ausgeprägter in Westdeutschland und betrifft vor allem Männer in Großbetrieben.

Hierauf nimmt das IG Metall-Konzept Bezug, indem es eine zusätzliche betriebliche Alterssicherung für alle verbindlich machen will. Dies soll im Rahmen eines so genannten Arbeitgeber-Obligatoriums erfolgen. D.h., die Arbeitgeber sollen grundsätzlich verpflichtet werden, allen ArbeitnehmerInnen eine betriebliche Altersversorgung anzubieten, die zumindest paritätisch durch die Arbeitgeber finanziert wird. In den Fällen, in denen dies aus organisatorischen Gründen so nicht zumutbar ist, muss ein entsprechendes wertgleiches Angebot im Rahmen der dritten Säule erfolgen. Bereits bestehende Vorsorge muss entsprechend in diese Systematik integriert werden können. Damit werden ArbeitnehmerInnen nicht gezwungen, zusätzliche Vorsorge zu betreiben, erhalten aber zu angemessenen Bedingungen eine entsprechende Möglichkeit, dies zu tun. So wird die geschlechtsspezifische und regionale Schieflage, die der betrieblichen Altersvorsorge innewohnt, beseitigt. Zudem müssen Beschäftigte nicht fürchten, dass sie überproportional mit Ausgaben für die Alterssicherung belastet werden.

Kein Ausspielen von Armutsvermeidung und Lebensstandardsicherung
In der aktuellen Rentendebatte werden die Ziele der Lebensstandardsicherung und Armutsvermeidung oftmals gegeneinander ausgespielt. Im IG Metall-Konzept bedingt das eine das andere. Dadurch, dass insgesamt das Niveau der gesetzlichen Rente angehoben wird, werden mehr Spielräume eröffnet, auch einen höheren Solidaranteil zu realisieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Armutsvermeidung zu leisten. Neben der allgemeinen Erhöhung des Niveaus fordert die IG Metall aber auch spezielle Maßnahmen zur Armutsvermeidung. Dies sind insbesondere die Rente nach Mindesteinkommen, die deutliche Erhöhung der Abführung von Rentenbeiträgen für ALG IIBezieher sowie die Anhebung der Grundsicherung im Alter.

Weiterer Diskussionsbedarf

Mit der Initiative soll eine interne und öffentliche ergebnisoffene Debatte ermöglicht werden. Nicht das Ziel, Sozialstaatlichkeit zu stärken und Privatisierungstendenzen zurückzudrängen, ist dabei zur Diskussion zu stellen. Die Debatte muss aber ergebnisoffen hinsichtlich der Konkretisierung dieser Ziele sein.

Folgende Probleme müssen in der Diskussion eine Rolle spielen:

Erstens ist die Frage zu beantworten, in welcher Reihenfolge welche Beschäftigtengruppen in die Erwerbstätigenversicherung integriert werden müssen und wie man Ent- und Belastungswirkungen im Einzelnen einschätzt.

Zweitens ist zu klären, ob zumindest für einzelne Selbständigengruppen – analog zur Künstler-Sozialversicherung – Zuschüsse für diese Erwerbstätigenversicherung aus Steuermitteln zu entrichten sind.[8]

Drittens müssen die Ziele Armutsvermeidung und Lebensstandardsicherung konkretisiert werden. Bis heute haben sich die Gewerkschaften nicht dazu durchgerungen, exakte Beträge hinsichtlich der Hartz IV-Regelsätze zu nennen. Letztlich ist immer noch offen, wie hoch aus gewerkschaftlicher Sicht das Existenzminimum sein soll und – daraus abgeleitet – wie hoch eine Grundsicherung im Alter sein muss, die armutsvermeidend ist.[9] Konkretisierungsbedarf besteht auch bei der Definition des Begriffs "Lebensstandardsicherung".

Viertens stellen sich weitere Fragen mit Blick auf die betriebliche Altersversorgung. Es ist darauf zu achten, auf der einen Seite bestehende Systeme in das Konzept zu integrieren, gleichzeitig aber die berechtigte Kritik an den kapitalgedeckten Systemen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Perspektiven

Bei der Rente mit 67 und bei flexiblen Altersübergängen bestehen weniger konzeptionelle Fragen, sondern die Erfolgschancen müssen diskutiert werden. Denn auch innergewerkschaftlich gibt es einige Stimmen, die die Erfolgsaussichten der IG Metall-Initiative skeptisch beurteilen.

Zutreffend ist, dass sich die Initiative gegen die Überantwortung der öffentlichen Alterssicherung an die Kapitalmärkte wehrt. Damit hat sich sich international agierende Finanzmarktakteure als Gegner "ausgesucht". Die Erfolgschancen der Initiative werden daher maßgeblich davon beeinflusst, inwieweit sie in eine langfristige Strategie eingebettet wird. Wenn sie die Vorstufe einer Alterssicherungskampagne anlässlich der Bundestagswahl 2009 ist, kann sie erfolgreich werden. Eine solche Kampagne müsste ihre Zuspitzung in der Forderung gegen die Rente mit 67 und für eine Erwerbstätigenversicherung und flexible Ausstiege finden.

Damit wäre zwar nicht die gesamte Alterssicherungspolitik umfasst, aber ihr Kern wäre thematisiert. Bereits die Kampagne Anfang des letzten Jahres gegen die Rente mit 67 hat dazu beigetragen, dass bis heute Alterssicherungspolitik Gegenstand der politischen Debatte ist. Dabei steht diese Auseinandersetzung stellvertretend für die Auseinandersetzung um den gesamten Agendakurs. Zugeständnisse, wie beispielsweise die teilweise Rücknahme der Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere, sind auch Ergebnis der bisherigen Auseinandersetzung um die Alterssicherung.

Da die Bundesregierung in ihrem Gesetz zur Rente mit 67 selbst formuliert hat, dass dieses im Jahr 2010 überprüft werden solle (Revisionsklausel), bestehen hier – je nach Ausgang der Bundestagswahlen – erhebliche Erfolgschancen. Wenn es tatsächlich gelingt, Erfolge bei der Rente mit 67 zu erzielen, könnte dies von strategischer Bedeutung im Kampf gegen die Agendapolitik insgesamt sein.

Mit dieser Konzeption zur Alterssicherung werden auch bündnispolitische Perspektiven eröffnet. Der Ausgangspunkt der Überlegungen ist die persönliche Betroffenheit von Mitgliedern und potenziellen Mitgliedern. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept eine kritische Haltung gegen­über der Entfesselung der Kapitalmärkte und zielt auf eine solidarische Alterssicherung. Damit werden politische Anknüpfungspunkte zur globalisierungskritischen Bewegung ebenso aufgemacht wie zu Sozialverbänden und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Die IG Metall-Initiative zielt in ihrem Kern auf den Erhalt und den Ausbau eines öffentlichen Sicherungssystems. Sie kann und sollte daher breit unterstützt werden.

Axel Gerntke ist Ressortleiter Allgemeine Sozialpolitik im FB Sozialpolitik des Vorstands der IG Metall.

[1] Vgl. tns emmid, Umfrage für "Die Zeit", zit. nach www.zeit.de vom 9.8.2007.
[2] Vgl. www.igmetall.de
[3] Vgl. z.B. zur Einbeziehung der nicht obligatorisch abgesicherten Selbständigen: Sachverständigengutachten 2006/2007, S. 260ff., www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de
[4] Vgl. im einzelnen www.dgb-index-gute-arbeit.de/dgb-index_2007/die_ergebnisse_2007
[5] Vgl. Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2007, www.bmas.de/coremedia/generator/22472/rentenversicherungsbericht_2007.html
[6] Vgl. Presseerklärung BMAS vom 2.7.2008, www.bmas.de/coremedia/generator/26254/2008_06_02_riesterzahlen.html
[7] Zu den Kostenbelastungen von Reformmaßnahmen, Nürnberger, Ingo: Hintergründe, Kosten, Beitragssatz-Auswirkungen, in: Soziale Sicherheit, 5/2008, S. 178ff.
[8] Vgl. "Erwerbstätigenversicherung: Rente mit Zukunft", hrsg. von DGB, SoVD, Volkssolidarität, www.dgb.de
[9] Dabei könnte auf die Berechnung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandess zurückgegriffen werden, demzufolge der Regelsatz im Jahr 2006 415 Euro betragen müsste.

Zurück