1. Oktober 2021 Bernhard Sander: Vor den Präsidentschaftswahlen 2022 in Frankreich

Ist das Rennen wieder offen?

Staatspräsident Emanuel Macron hat Standfestigkeit bewiesen und trotz der landesweiten Massen-Demonstrationen gegen den Gesundheitspass das umstrittene Gesetz nicht zurückgezogen.

Er hat damit nicht nur im Gesundheitswesen und in der Pflege erreicht, dass die Impfrate Frankreichs mit 81% mittlerweile einen Spitzenplatz in Europa erklommen hat. Die Proteste gegen den Impfpass lassen etwas nach. Das System operiert zwar auf den Intensivstationen an der Leistungsgrenze, aber die Fabriken und Bildungseinrichtungen konnten geöffnet bleiben. Trotz der zeitweilig hohen Inzidenzen wurde damit der zaghafte Konjunkturaufschwung nach dem Corona-Zusammenbruch im 2. Quartal des letzten Jahres nicht abgewürgt. Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe und vor allem im Dienstleistungsbereich, das Bruttoinlandsprodukt, die Beschäftigung und Löhne stiegen zuletzt, während die Inflationsrate sank.

Obwohl die Regionalwahlen für seine Partei desaströse Ergebnisse mit sich brachten, hält sich Macron damit die Chance offen, in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen einzuziehen. Der Politikwissenschaftler Jérôme Jaffré sieht in der niedrigen Wahlbeteiligung »eine Abstrafung der etablierten Parteien«, aber kein Präjudiz für die Wahlen im nächsten Jahr. Le Pens RN werde nicht mehr als Protestpartei wahrgenommen. Für Macron sei die Niederlage in den Regionalwahlen allerdings noch schwerwiegender. »Er zieht als einsamer Mann in die Präsidentenwahlen«, sagte Jaffré. Es müsse ihn beunruhigen, dass er in den Regionen kaum Unterstützer finde.

Bernhard Sander ist Redakteur von Sozialismus.de.

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