21. Dezember 2017 Joachim Bischoff

Italien: Politische Hängepartie oder Rechtsruck?

Italien wird zu Beginn des Jahres 2018 Parlamentswahlen durchführen. Medienberichte deuten darauf hin, dass die Abstimmung am 4. März stattfinden wird. Es wird erwartet, dass Präsident Sergio Mattarella das Parlament Ende Dezember auflöst und damit den Weg zu vorgezogenen Wahlen freimacht.

Zuvor soll das Parlament noch den Haushalt verabschieden. Ministerpräsident Paolo Gentiloni ist seit dem Rücktritt seines sozialdemokratischen Parteikollegen Matteo Renzi seit einem Jahr im Amt, Renzi war damals mit seinem Referendum zur Verfassungsreform gescheitert. Seit Ende 2016 regiert eine von der sozialdemokratischen PD geführte Koalition unter Regierungschef Paolo Gentiloni. Bei der jüngsten Regionalwahl in Sizilien verbuchte das Mitte-Links-Bündnis eine krachende Niederlage.


Pulverisierung des Parteiensystems

Der italienische Senat hat nach dem Abgeordnetenhaus  ein neues Wahlgesetz verabschiedet, gemäß dem künftig zwei Drittel der Sitze proportional über Parteilisten vergeben werden. Ein weiteres Drittel wird in Einerwahlkreisen nach dem Winner-takes-all-Prinzip vergeben. Damit ist verfassungsrechtlich der Weg für Neuwahlen in Italien nach langen Auseinandersetzungen geebnet.

In der politischen Arena dreht sich der Streit um das nationale Budget und die Fortschritte in der Strukturpolitik. Bei der Bewertung der Budgets durch die EU- Kommission im November 2017 schnitt Italien schlecht ab (s.a. Abbildung 1). Die Regierung habe in den letzten Jahren zwar wichtige Reformen umgesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die Finanzen in den Griff zu bekommen, hieß es. Diese Fortschritte seien nun aber in Gefahr.

Die Regierung will das Defizit 2017 auf 2,1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken, 2018 auf 1,8%. Damit liegt die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone zwar klar unter der vom Stabilitätspakt gesetzten Grenze von 3%. Weil Italien nach Griechenland aber das am höchsten verschuldete Euro-Land ist, kann es sich auch weniger Fehlbeträge leisten als andere EU-Staaten. Außerdem werden diesmal die Vorgaben für die Reduktion des strukturellen Defizits verpasst.

Regierungschef Gentiloni hat auf dem Brüsseler EU-Gipfel im Dezember erneut größere Handlungsspielräume für die nationale Politik eingefordert. Es geht der italienischen Regierung vor allem darum, öffentliche Investitionen und Reformprojekte aus dem Haushaltsdefizit herauszurechnen.

Joachim Bischoff ist Mitherausgeber von Sozialismus.

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