22. August 2020 Redaktion Sozialismus

Linksbündnis unter Führung von Olaf Scholz?

Wenige Tage, nachdem Finanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD nominiert wurde, zeigt sich in den neuesten Wahlumfragen ein leichter »Scholz-Effekt«: Die SPD liegt zumindest kurzzeitig zwischen 16 und 18% und kann zu den inzwischen etwas geschwächten Grünen aufrücken.

Das Ziel der SPD-Führung, mit gut 20% eine rot-rot-grüne Koalition und damit eine linke Regierung anzuführen, scheint nicht ganz illusionär. Gleichwohl sind diese Tendenzen in den Umfragewerten nicht einfach fortzuschreiben und die politischen Hindernisse eines Linksbündnisses beträchtlich.

Es gibt im politischen Raum eine Tendenz, Olaf Scholz zu unterschätzen. Doch er ist in Umfragen seit Längerem der populärste Sozialdemokrat des Landes. Es gibt in der Partei niemanden, der ihm in Sachen Regierungserfahrung das Wasser reichen könnte. Scholz, früher auch als »Scholzomat« und »König Olaf« bespöttelt, könnte die von ihm geforderte Führung liefern. 2009, in einer früheren Krise der hanseatischen SPD, tönte er: »Wer bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt.« Diese Ansage passt zu einer von schwerer Wirtschaftskrise und Pandemie geprägten Berliner Republik. Aber auch ohne Pandemie zeigte die regulierte kapitalistische Gesellschaftsform massive Strukturdefizite. Führung ist aktuell populär, garantiert aber keineswegs Systemreformen.

Wer auf Führung setzt, hofft auf eine politisch-programmatische Reform­agenda. Scholz hat eine Vorstellung von den aktuellen Strukturdefiziten und Sackgassen, in die sich die europäische Sozialdemokratie teilweise verlaufen hat. Der hanseatische Sozialdemokrat hatte sich mit Zukunftsthesen in die Strategiediskussion der Partei eingemischt. Scholz ist gewiss nicht liberal, was viele Demonstrant*innen gegen die G20-Show vor drei Jahren in der Metropole Hamburg, damals war er noch Bürgermeister der Stadt, in »guter« Erinnerung haben. Aber Olaf Scholz ist nicht dumm und »kann auch Programm«.

Die politische Konkurrenz tut sich sichtlich schwer mit dem neuen Kandidaten. Die Unionsparteien sind noch meilenweit entfernt von einer Entscheidung über ihren Spitzenkandidaten und einem politisch-programmatischen Profil für die Zeit nach Angela Merkel und Corona. Söders maulige Reaktion, Scholz’ Kandidatur werde die Regierungsarbeit behindern, steht dafür exemplarisch.

Der unverzichtbare Hauptpartner in einem »progressiven Linksbündnis«, die Grünen, sind sichtlich überrumpelt und geben sich äußerst zugeknöpft. »Wir haben einen Führungsanspruch für dieses Land«, erklärt Robert Habeck.

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