28. September 2017 Günter Busch: Die Gewerkschaft ver.di auf neuen Wegen

Mehr Kampfkraft durch Organisationsreform?

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Nach dem seit 2011 laufenden Projekt »Perspektive: ver.di wächst« mit dem Schwerpunkt Trennung von individueller und kollektiver Mitgliederarbeit und deren Stärkung sollen nun der Fachbereichszuschnitt in ver.di neu geregelt und Fachbereiche zusammengefasst werden.

Überraschend wurde Ende Juni 2017 ein Papier des ver.di-Bundesvorstands zu einer neuen Fachbereichsstruktur vorgelegt und zur Diskussion freigegeben. Soweit ersichtlich ging dem Vorschlag keine strategische Branchenanalyse voraus. Vielmehr sieht der Bundesvorstand Handlungsdruck aufgrund einer Finanzprojektion für die nächsten Jahre unter der Prämisse weiter sinkender Mitgliederzahlen. Der Glaube, diese Entwicklung umkehren zu können, scheint zumindest in der obersten Führung verflogen.

An mehreren Wochenenden haben der 14köpfige Bundesvorstand und die Leitungen der zehn Landesbezirke sich in Klausur begeben und mit breiter Mehrheit den jetzt vorliegenden Entwurf erarbeitet. Wegen der fehlenden Analyse wirkt das Papier etwas handgestrickt und vorläufig, was aber sicherlich nachgebessert werden kann.

Eine Reform der Fachbereiche an sich dürfte in der Gesamtorganisation auf wenig Widerstand stoßen, zu offensichtlich sind die Probleme. Hingegen dürfte das wie und wann für heftige Kontroversen sorgen. Ein Hauptkritikpunkt ist bereits jetzt der von oben angestoßene Top-Down Ansatz. Das wird im ver.di-Apparat nicht geliebt, sagt aber noch nichts über die Qualität und die Notwendigkeit eines solchen Vorschlags aus.


Zurückgehende Mitgliederzahlen

Das Grundproblem zurückgehender Mitgliederzahlen in der Multibranchengewerkschaft ver.di wird noch verschärft durch die Ausweitung des Dienstleistungsbereiches in Deutschland insgesamt. Das bedeutet für ver.di – bei sehr unterschiedlichen Branchenbedingungen und verschiedenen Organisationsgraden in den Branchen und in einzelnen Betrieben – insgesamt sinkende Organisationsgrade und damit auch abnehmende Tarifmächtigkeit in vielen Bereichen. Bei einem über alle Bereiche hinweg bei 14% liegenden Organisationsgrad im Dienstleis­tungssektor (produzierender Bereich: 20%) und angesichts anderer Gewerkschaften, die auch Dienstleistungen organisieren, liegt der Organisationsgrad von ver.di bei unter 10% – mit weiter abnehmender Tendenz.

Günter Busch war bis 2014 stellvertretender Landesbezirksleiter des ver.di-Bezirks Baden-Württemberg.

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