1. Mai 2010 Christina Ujma

Mehr Schatten als Licht

Berlusconis Hegemonie bröckelt, das war die einhellige Meinung von Politikexperten vor den italienischen Regionalwahlen am 28. und 29. März 2010. Grund dafür waren nicht nur die zahlreichen Aktionen des Gewerkschaftsverbands CGIL, der gegen die Arbeitsgesetzgebung der Rechtsregierung mit zahlreichen Streiks und Demonstrationen demonstriert hat, sondern mindestens genauso stark die so genannte Violette Bewegung der jungen Berlusconi-Gegner, die sich über das Internet organisieren und den antipolitischen Tiraden des Komikers Beppe Grillo nahestehen.

Die Violetten konnten im März erneut mehrere Hunderttausend junge Protestierende gegen Berlusconi mobilisieren. Daneben gab es politisch zugespitztere Großdemos, z.B. gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Es sollte sich bei den Wahlen aber erweisen, dass dieser Protest von den Parteien der Linken nicht in WählerInnenstimmen umgesetzt werden konnte, ja dass er teilweise sogar gegen die Linke durchschlug.

Eine Wahl, die die PD nur verlieren konnte

Für die Linke war die Ausgangssituation schwierig, jedes mögliche Ergebnis wäre als Niederlage gewertet worden, denn bei den letzten Regionalwahlen 2005 waren diejenigen Parteien, die sich kurze Zeit später dann zur PD (Partito Democratico) zusammenschlossen, wie auch die der linken Linken im Höhenflug gewesen. 2010 sieht das anders aus, die italienische Linke hat sich immer noch nicht von ihrer großen Wahlniederlage 2008 erholt. So war bereits im Vorfeld klar, dass man diesmal nicht an das Ergebnis von 2005 herankommen würde und kaum alle damals eroberten Regionen würde halten können; zumal die Amtsträger der PD in mehr als einer Region weniger durch gute Amtsführung als durch saftige Skandale aufgefallen sind. Um die Niederlage abzumildern, bemühte sich die PD im Vorfeld darum, die christdemokratische UDC (Unione di Centro) als Bündnispartner zu gewinnen.

Alarmiert durch den Linksrutsch, den die PD im Oktober 2009 mit der Wahl von Pierluigi Bersani zum Parteichef vollzogen hatte, stellte diese allerdings Bedingungen, die für eine Partei mit Selbstachtung eigentlich inakzeptabel waren. Die UDC verlangte eine Abgrenzung der PD nach links, d.h. das Aufkündigen von linken Bündnissen; besonders Nichi Vendolas – Parteivorsitzender der Sinistra Ecologia Libertà (SEL) – Linksadministration in Apulien erschien den Christdemokraten als eine "politische Anomalie". Die PD war dennoch bereit, auf diese Bedingungen einzugehen, der rechte wie der linke Parteiflügel schienen willig, diese Strategie mitzutragen. Massimo D’Alema, der eigentlich eher für den sozialdemokratischen Teil der PD steht, war verantwortlich dafür, sie in den Regionen umzusetzen, da der frisch gewählte Vorsitzende Bersani noch nicht eingearbeitet war.

Auf dem Altar der Bündnispolitik

Die einzigen, die laut und vernehmlich aufbegehrten, waren diverse Landesverbände der PD, die ihre bisherige Arbeit und Kandidaten auf dem Altar der Bündnisdisziplin geopfert sahen. Das wurde besonders in Apulien zum Drama, denn Vendola als Regional- bzw. Ministerpräsident galt als Erfolgsgeschichte, die italienweit Beifall gefunden hatte. Die Versuche der nationalen PD-Führung, Vendola aus Bündnisgründen und auch aus Abneigung gegen einen offen schwulen kommunistischen Katholiken, der erfolgreiche Landespolitik macht, abzusägen, trieben nicht nur weite Teile der PD auf die Barrikaden, sondern brachten der Partei monatelang negative Schlagzeilen, waren also ein PR-Desaster. Die Tatsache, dass D’Alema schließlich klein beigeben musste und Vendola wieder der Kandidat der PD wurde, das Bündnis mit der UDC platzte und die PD am Ende fast überall in einem Linksbündnis kandidierte, erschien als Niederlage. Die Strategie gegenüber Vendola war umso mehr eine Katastrophe, als die Linksregierungen in den sonstigen südlichen Regionen eine sehr gemischte Bilanz aufzuweisen hatten. Kalabrien und Kampagnien gingen in den Wahlen am 28./29. März mit starken Stimmeneinbrüchen verloren. Letzteres wäre mit einem Bündnis mit der UDC vielleicht zu halten gewesen, aber die Verluste der PD waren in einigen Landesteilen so drastisch, dass es vielleicht sinnvoller ist, zu versuchen, in der Opposition Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Der Müllskandal, Defizite im Gesundheitsbereich und wieder erstarkende Mafia-Aktivitäten in Neapel und Umgebung ließen die Landesregierung von Antonio Bassolino (PD) in der letzten Amtsperiode oft hilflos und wenig kompetent erscheinen, auch wenn sie in der Vergangenheit Erfolge aufzuweisen hatte. Hier wie überall in Italien reagierten viele WählerInnen mit Desinteresse und Wahlenthaltung.

Während die Wähler der Rechten Berlusconi und den seinen fast alles nachsehen, reagiert das Wahlvolk der Linken auf Skandale mit deutlichem Liebesentzug. Das wurde besonders in Latium deutlich, wo der Regionalpräsident Marrazzo (PD) im November 2009 wegen allzu exzessiven Verkehrs mit transsexuellen Prostituierten, Drogenkonsums und Verdachts auf Verstrickung in kriminelle Aktivitäten zurücktreten musste. Da half es auch nichts, dass die Hauptbelastungszeugen mittlerweile unter dubiosen Umständen zu Tode gekommen sind. Emma Bonino, prominente Politikerin der kleinen Radikalen Partei (Partito Radicale), wurde ad hoc zur Kandidatin des Linksbündnisses gekürt. Sie vertritt einen radikal säkularen Kurs, der in Rom und Umgebung so manchen katholischen Wähler verschreckt haben könnte; dafür gilt sie als sehr integer und vollkommen unbelastet durch die Skandale der Vorgängeradministration, was ihr von Seiten der PD einen Mangel an Unterstützung eingebracht hat. Da schon Marrazzo 2005 nur einen knappen Sieg einfahren konnte, ist die Tatsache, dass sie es als eine der wenigen SpitzenkandiatInnen schaffte, nah an das Ergebnis von 2005 heranzukommen, und nur knapp verloren hat, durchaus als respektable Leistung zu werten. Auch hier gab die UDC den Ausschlag, die im Rechtsbündnis der Kandidatin Berlusconis zur Mehrheit verhalf.

Hässliche Italiener – Der Erfolg der Lega Nord

Am Ende war Piemont eine der wenigen Regionen, in denen es ein großes Mitte-Links-Bündnis unter Einschluss der UDC gab, hier wollte man gemeinsam Berlusconis Regierungskoalition und der Lega Nord entgegenstehen. Die Regionalpräsidentin Mercedes Bresso (PD), die 2005 relativ knapp gewann, verlor diesmal extrem knapp. Ihr wurden die 3,6% der Stimmen, die der Kandidat von Beppe Grillos Protestbewegung einfahren konnte, zum Verhängnis, womit einmal mehr bewiesen ist, dass die italienische Linke effektiver in der Selbstdemontage ist als in allen anderen Aktivitäten. Das Ergebnis in Piemont ist in dieser Regionalwahl vermutlich die ernsthafteste Niederlage der PD, die nun im Norden fast bedeutungslos erscheint. Die Verluste im Norden sind eine Erfahrung, die die PD paradoxerweise mit Berlusconis Partei teilt, die gerade im Vergleich mit der Europawahl 2009 empfindliche Stimmenverluste einstecken musste. Die xenophobe Lega Nord kann als einziger Wahlgewinner bezeichnet werden, Berlusconis PdL (Popolo della Libertà) verlor im Vergleich zu den vorhergegangenen Wahlen italienweit mehr als 8%.

Der wohlhabende Norden, besonders das neureiche Veneto, gefällt sich in der Rolle des hässlichen Italieners, der sich mit brachialer Rhetorik gegen den Rest des Landes abgrenzt und fiskalischen Föderalismus fordert, d.h. dass die norditalienischen Steuereinnahmen primär in den Regionen verbleiben und nicht dem Gesamtstaat zugute kommen. Tiraden gegen die etablierte Politik, Korruption, die Schurken in Rom usw. machen die Lega Nord auch für die Arbeiterklasse attraktiv, andererseits sind ihre Vertreter vielerorts brave Administratoren, deren Politik weit hinter der rabiaten Rhetorik zurückbleibt. Denn gegenüber Süditalienern und sonstigen Fremden wird zwar ein brachialer Abwertungsdiskurs betrieben, der oft genug rassistische Anklänge hat, aber dabei sind gerade die Großstädte des Nordens kaum noch ohne ausländische Arbeitskräfte denkbar. Diese fegen die Straßen, stehen bis spät am Pizzaofen oder hüten Kinder, d.h. sie machen im Regelfall für wenig Geld die Arbeiten, auf die viele Italiener keine Lust mehr haben.

Alphatiere als Auslaufmodell – zur Zukunft der PD

Dass nicht nur der Reichtum, sondern auch die politische Kultur für Wahl-Präferenzen entscheidend ist, zeigt sich in der Emilia Romagna, die, was das BIP pro Kopf betrifft, das vom Veneto noch übertrifft. In dieser linken Hochburg ist – wie allgemein in Mittelitalien – die Welt noch in Ordnung, die Leichtigkeit mit der die PD ihre Hochburgen hielt, zeigt, dass die Partei zumindest in einigen Teilen des Landes noch solide verankert ist und trotz italienweit zurückgehender Wahlbeteilung ihre Anhänger mobilisieren kann.

Auch hier gab es gelegentlich Einbußen, so kam der Kandidat Beppe Grillos in der Emilia Romagna auf 6%, was vermutlich auf den Skandal um den mittlerweile zurückgetretenen Bürgermeister von Bologna zurückzuführen ist, aber das hinderte den PD-Kandidaten nicht daran, einen deutlichen Sieg einzufahren. Toskana, Ligurien, Umbrien und Marken wurden ebenfalls mit überzeugenden Ergebnissen von Linksbündnissen gehalten.

Die Stärke in den Hochburgen bedeutet für die krisengeschüttelte PD, dass sie im Vergleich zur deutschen Sozialdemokratie oder zur englischen Labour Party immer noch eine relativ solide Ausgangsposition hat. Die Tatsache, dass die PD sich landesweit in den großen Städten wieder gut behauptete, dafür aber auf dem Land und in den kleinen und mittleren Ortschaften schwächelte, zeigt strukturelle Defizite und Probleme der politischen Kommunikation auf. Das Wahlergebnis, das landesweit hochgerechnet mit 26,1% dem der Europawahlen 2009 entspricht, zeigt, dass die Partei auf dem Weg der Krisenbewältigung noch nicht sonderlich weit vorangekommen ist.

Mit der entscheidenden Frage, wie man den dumpfen Appellen der Lega Nord etwas entgegensetzen kann, tut sie sich schwer. Die Tatsache, dass man vollkommen überraschend das Bürgermeisteramt in Venedig verteidigen konnte, macht aber deutlich, dass auch im Norden Erfolge möglich sind. Die 260.000 Einwohner Venedigs, die mehrheitlich nicht aus der Lagunenstadt stammen, sondern aus den industriell geprägten Vororten Mestre und Marghera, haben damit auch für eine solide und sozial engagierte Kommunalpolitik gestimmt. Wobei auffällt, dass Giorgio Orsone (PD), der Nachfolger des langjährigen Bürgermeisters und Philosophen Massimo Cacciari, ein unauffälliger Mann der leisen Töne und in allem das Gegenteil der grobschlächtigen Großmäuler von der Lega Nord ist.

Im Norden könnte die Umsetzung einer Politik, die sich wieder mehr um die Themen Arbeit und Soziales kümmert, wie vom neuen Vorsitzenden Bersani versprochen, sicher hilfreich sein, eine Förderalisierung der Parteistrukturen vermutlich weniger. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine eindeutigere Haltung zur weitverbreiteten Korruption bei den eigenen Funktionsträgern, deren Eskapaden Wasser auf die Mühlen der Lega sind. Weniger Arroganz im Umgang mit den zahlreichen Protestbewegungen ist überfällig, diese machen der PD das Monopol auf Oppositionspolitik streitig und das ärgert die Partei, aber sie haben eine AnhängerInnenschaft, die den ca. 6% der UDC zahlenmäßig nicht nachsteht. Die AnhängerInnen der Bewegungen haben gezeigt, dass sie nicht mehr automatisch linke KandidatInnen wählen, die für viele Teil einer abgekoppelten und abgehobenen Politikerkaste sind. Wie überhaupt Alphatiere und Grandseigneurs bei der Mitte-Links-Basis, die sich sichtlich von ihren Parteien emanzipiert hat, mittlerweile als Auslaufmodell gelten.

Das Wahlergebnis hat in der PD die unvermeidlichen innerparteilichen Beschimpfungen und Rüpeleien nach sich gezogen, besonders der rechte Flügel nutzt die Gelegenheit, gegen Bersani zu schießen, und behauptet, dass Vendola an allem, besonders aber am schlechten Abschneiden der PD schuld sei. Der kontert relativ zurückhaltend, dass das davon kommt, wenn man der Rechten zuliebe leichtfertig eigene Positionen aufgibt. Auch Antonio di Pietro von der IdV (Italia deo Valori) fordert vorsichtig ein schärferes inhaltliches und personelles Profil ein, keiner der Bündnispartner will die Partei in ihrem Auto-Destabilisierungsprozess vorantreiben.

Immerhin weiß Bersani sich zu wehren und hält nichts davon, sich zu sehr mit innerparteilichen Gefechten zu beschäftigen, denn gerade im Bereich der Arbeitswelt gebe es gegenwärtig wichtige soziale Kämpfe, die dringend die Solidarität und Aufmerksamkeit der PD benötigen würden.

Zwangsläufig taucht nach so einer Niederlage in den Medien, aber auch in der PD selber die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Partei auf. Die verschiedenen Flügel der Partei, die nun seit zweieinhalb Jahren existiert, haben immer noch relativ wenig miteinander gemein, über eine Trennung von christ- und sozialdemokratischem Flügel wird deshalb immer wieder gerne spekuliert, zumal alle befinden, dass gerade der linke Flügel mehr Gemeinsamkeiten mit den linken Parteien außerhalb der PD als mit den eigenen Kollegen hat. Den Protagonisten der PD mag diese Divergenz als großes Problem erscheinen, im europäischen Vergleich gibt es sicherlich zahlreiche Parteien, die eine noch breitere Spreizung der Positionen vorweisen können.

Dilemma der linken Linken und Ende von Rifondazione Comunista

Diese Spekulationen halten auch deshalb an, weil sich die Kräfte links der PD trotz Verlusten und Rückschlägen nicht davon abbringen lassen, ihre Existenz außerhalb der PD fortzusetzen. Diese brachten es bei der Regionalwahl gemeinsam immerhin noch auf ca. 9%, auf die das progressive Lager nicht verzichten kann, will es zukünftig Wahlen gewinnen. Aufgrund ihrer Zersplitterung haben diese aber politisch wenig zu melden, auch die Truppe von Beppe Grillo kam trotz spektakulärer Erfolge in einigen nord- und mittelitalienischen Regionen landesweit nur auf 1,7%. In Norditalien stellen die Grillini nicht nur für die PD, sondern auch für die Parteien der linken Linken ein ernsthaftes Problem dar, denn sämtliche Formationen, selbst die Grünen, die hier einstmals Hochburgen hatten, schnitten im Norden deutlich schlechter ab als Grillos Fünf-Sterne-Partei, der es hier gelungen ist, aus dem Stand ein Gutteil der linken Bewegungsstimmen an sich zu binden.

Das wichtigste Ergebnis der Regionalwahlen ist aber das Ende von Rifondazione Comunista, die diesmal meist zusammen mit den Resten der Comunisti Italiani und einer weiteren trotzkistischen Kleinpartei unter dem Namen Federazione della Sinistra antrat. Trotz dieser Dreierkonstellation war das Ergebnis in den meisten Regionen, auch in den einstigen mittelitalienischen Hochburgen, vernichtend. Landesweit errang die Federazione della Sinistra 2,7% und wurde selbst von der geschwächten Sinistra Ecologia Libertà (SEL) überholt. Dass die Federazione eines ihre besten Ergebnisse in der Toskana zusammen mit den geschmähten Grünen und in den Marken mit der nicht minder verachteten SEL erringen konnte, mutet da schon fast ironisch an. Denn die Strategie von Parteichef Ferrerro (RC), keine Bündnisse mit solchen Linken außerhalb zu schließen, denen man Mangel an Klassenbewusstsein attestiert, und nur noch mit mehr oder weniger gleichgesinnten zusammenzuarbeiten, ist damit ad absurdum geführt. Auch dessen Idee, die Lega Nord durch eine klare klassenkämpferische Linie und das Hochhalten des Symbols von Hammer und Sichel zu bekämpfen, muss angesichts des Desasters im Norden als gescheitert angesehen werden.

Fast tragisch ist Ferrerros Kandidatur für den Posten des Regionalpräsidenten der Kampagna anzusehen, hier errang er mit 1,3%, genauso viel wie der vollkommen unbekannte Kandidat der Grillini. Dass sich Ferrerro nun lauthals für ein breites Bündnis aller Linken einsetzt, kann nur als schlechter Scherz angesehen werden, denn bislang hat er sich Verdienste nur beim Spalten erworben, so hat er sich z.B. große Mühe gegeben, den Vendola-Flügel aus Rifondazione Comunista herauszudrängen; er war auch federführend daran beteiligt, das Regenbogenbündnis zu zerschlagen, dessen Misserfolg bei den Wahlen 2008 auch durch die unentwegten Polemiken seines Parteiflügels gegen diese Formation mitverursacht wurde.

Es ist daher zweifelhaft, ob die anderen Linken bereit sind, ausgerechnet mit Ferreros Rifondazione ein Bündnis einzugehen.

Auch Sinistra, Ecologia e Libertàs Versuch, die pragmatischen linken Linken zu einen, ist nicht gelungen, weil sowohl die Grünen als auch die kleine PSI in letzter Minute abgesprungen sind. Zumindest letztere will nun doch wieder ein linkes Bündnis. Der SEL-Vorsitzende Vendola hat nach den vielen Friktionen, Zusammenschlüssen und Trennungen der letzten zwei Jahre aber erst einmal genug und schlägt vor, sich zukünftig mehr auf Bewegungen, Theorie und Politik als auf Parteien zu konzentrieren. Mit 3,1% bei den Regionalwahlen ist SEL die stärkste Partei der linken Linken, ein Ergebnis, das nach dem Verlust der Partner und angesichts der Tatsache, dass die Partei über keinen Apparat verfügt, ein Anerkennungserfolg ist. Nicht zuletzt durch Vendolas Triumpf in Apulien, stellt SEL auf der linken Linken gegenwärtig bei sämtlichen Versuchen, gemeinsame Linksaktivitäten auf die Beine zu stellen, einen zentralen Machtfaktor dar. Zudem gilt Vendola gegenwärtig als einzig erfolgreicher linker Politiker Italiens, was bereits Spekulationen über eine führende Rolle in einem zukünftigen Linksbündnis auslöst.

Falls die Querelen innerhalb der regierenden Rechtskoalition nicht zu vorgezogenen Neuwahlen führen, ist für die nächsten drei Jahren mit keinen wichtigen Wahlen in Italien zu rechnen; also hätte man eigentlich die Chance, endlich in Ruhe eine tragfähige linke Formation zu konstruieren. Gebraucht wird die allemal, denn Berlusconi macht sich nun ernsthaft an die Staatsreform und versucht, ein auf sich zugeschnittenes Präsidialsystem zu basteln. Darauf, dass Gianfranco Fini, Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer und Mitglied von Berlusconis PdL, diese Pläne weiterhin durchkreuzt oder die PD sich ihnen entschieden entgegenstellt, kann man kaum bauen, denn beide haben sich bislang nicht als sonderlich standfest erwiesen.

Christina Ujma arbeitet als Lehrbeauftragte am Otto-Suhr-Institut in Berlin. Sie schreibt in Sozialismus regelmäßig über Italien. Zuletzt erschien: "Zwischen Krise und Konsolidierung. Die italienische Linke vor den Regionalwahlen" (Sozialismus 3/2010).

Zurück