24. Mai 2018 Redaktion Sozialismus: Neue Stufe der Zerstörung der italienischen Republik

Riskantes Regierungsexperiment

Zwei Monate nach den Parlamentswahlen vom 4. März schält sich immer deutlicher heraus, dass die Formierung einer Regierung eine neue Stufe der Erosion der italienischen Republik eröffnet.

Es hatte zwei »Sieger« gegeben: Die Protestbewegung Movimento Cinque Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung) von Beppe Grillo wurde mit 32% größte Einzelpartei, das Rechtsbündnis aus der fremdenfeindlichen Lega von Matteo Salvini, der Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi und den »Brüdern Italiens« mit 37% stärkste Parteienformation.

Auf eine regierungsfähige Mehrheit im Parlament kamen beide nicht – und auch andere Mehrheitskonstellationen kamen nicht zustande. Auch nicht mit der PD (Demokratische Partei), nachdem Italiens Ex-Regierungschef Matteo Renzi den Chef der M5S, Luigi Di Maio, hart angegriffen hatte, da dieser die Sozialdemokraten für alle Übel in Italien verantwortlich macht. Im Ergebnis der Wahlen ist jedoch eine europa- und ausländerfeindliche Regierungskoalition möglich geworden, die Italien und die EU in eine neue Phase politischer und ökonomischer Instabilität stürzen wird. Eine Regierung aus M5S und Lega ist – auch wenn sie durch ein Votum des Staatspräsidenten aufgehalten werden sollte – ein Resultat der Zerstörung der politischen Willensbildung und für die Zukunft Europas ein Worst-case-Szenario.

Staatspräsident Sergio Mattarella hatte den politischen Akteuren ein Ultimatum gesetzt: Kommt es in absehbarer Zeit nicht zu einem Kompromiss, werde er eine Persönlichkeit mit der Bildung einer Notregierung beauftragen. Die Befugnisse des italienischen Staatspräsidenten sind laut Verfassung weitreichend. Sollte er schwerwiegende Bedenken gegen den Koalitionsvertrag von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung haben, könnte er diesen ablehnen und die geplante Koalition platzen lassen. Mindestens indirekt wäre dies eine Gefährdung der Republik: Er müsste dann eine Person seines Vertrauens zum Ministerpräsidenten ernennen und mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragen.

Ob ein solcher Premier die obligatorische Vertrauensabstimmung in den beiden Parlamentskammern überstehen würde, ist fraglich. Sowohl Lega-Chef Salvini als auch M5S-Gegenüber Di Maio haben eine Unterstützung einer solchen Regierung bereits ausgeschlossen. Vor allem Letzterer drängte im Vorfeld auf sofortige Neuwahlen. Mattarella könnte mit der geschäftsführenden Regierung unter Paolo Gentiloni (PD) operieren und abwarten, bis sich die Parteien auf ein neues Wahlrecht geeinigt haben.

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