25. August 2022 Bernhard Müller

Schafft die Ampel-Koalition Entlastung für alle?

Die »Koalition der Vernunft« ist seit Wochen auf der Suche nach wirksamer Entlastung für die von der Teuerung beunruhigten Bürger*innen. Steigende Energiepreise und die Gas­umlage samt Mehrwertsteuer verunsichern die Menschen wegen der explodierenden Kosten des Lebensunterhalts.

Vor allem die FDP blockiert Kompensationen zur Überbrückung der sozialen Kluft. In der Gunst der Wähler*innen kann die Union zulegen, die Grünen liegen deutlich vor den Sozialdemokraten. Die Zufriedenheit mit der Ampel erreicht den bisher schwächsten Wert.

Das ratlose und zögerliche Krisenmanagement lässt die politischen Kräfteverhältnisse erodieren. Die Sozialdemokratie hat den Bonus, der sie in der Bundestagswahl zur stärksten politischen Kraft gemacht hat, aufgebraucht und liegt wieder deutlich unter 20%. Die »Respekt«-Kampagne, der sie ihre Stabilisierung verdankte, hat ihre Überzeugungskraft verloren. Zur Erosion der Ampel gehören auch die rückläufigen Zustimmungswerte der FPD, die sich zwischen 6% und 7% bewegen. Die vorderen Plätze in der Beliebtheitsskala nehmen CDU und Grüne ein, die sich gegenüber der Bundestagswahl mit zwischen 25% und 27% deutlich verbessern können.

Obwohl die Koalition unter dem Druck der Folgen des anhaltenden Wirtschaftskriegs gerade im Bereich der sozial-ökologischen Transformation z.T. den Rückwärtsgang einlegen musste, können die Grünen ihre Position behaupten bzw. sogar ausbauen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat dafür eine Erklärung: »Meine Partei hat in der aktuellen Situation immer die Verantwortung vor alles andere gestellt. Dieser Pragmatismus, das Handeln entlang der Notwendigkeiten, hat viele Menschen überrascht, mich nicht. Die Grünen sind aus den Krisen unserer Zeit gegründet worden, um sich in Krisen zu bewähren.«[1]

Der Hintergrund für den Vertrauensverlust insbesondere der SPD liegt in einer deutlichen Abschwächung der wirtschaftlichen Leistung und den erheblich gestiegenen Lebenshaltungskosten, die durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und den anschließenden Wirtschaftskrieg einen zusätzlichen Schub erfahren haben. Die Teuerungsrate in Deutschland ist zuletzt zwar leicht auf 7,5% gesunken. Im September laufen aber sowohl das Neun-Euro-Ticket als auch die Benzinsteuer-Rabatte aus. Das dürfte die Inflationsrate auf mehr als 8% steigen lassen.

Hinzu kommt, dass bisher noch nicht alle Preissteigerungen im Großhandel an die Privathaushalte weitergegeben worden sind, und ein weiterer drastischer Anstieg des Gaspreises nicht ausgeschlossen werden kann – insbesondere dann, wenn Russland den Gashahn zudreht. Allein die Gasumlage wird die Inflationsrate ab Oktober voraussichtlich zusätzlich um 1% erhöhen. Dies stellt auch Haushalte mit mittleren Einkommen vor große Probleme.

Schon jetzt stehen viele Lohnabhän­gigen- und Sozial­leis­tungs­beziehe­r*in­nen-Haushalte vor großen Problemen, die sie zur Einschränkung ihrer Konsumausgaben zwingen.

Bernhard Müller ist Redakteur von Sozialismus.de.

[1] Robert Habeck, »Das ist ein großer Kraftakt«, Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 13.8.2022.

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