24. Oktober 2018 Redaktion Sozialismus

Schweden: Erneuerung des Sozialstaates?

Die Parlamentswahl vom 9. September 2018 bescherte der schwedischen Gesellschaft bei hoher Wahlbeteiligung (84,4%) eine mehrfache Überraschung:

Auch in dem Kernland des europäischen Sozialstaates schlägt sich der Niedergang der politischen Arbeiterbewegung massiv nieder. Die Sozialdemokraten bleiben zwar weiterhin mit Abstand stärkste Kraft, aber die Partei von Premierminister Stefan Löfven holte nur 28,4% der Stimmen. Es ist das schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten seit mehr als hundert Jahren, noch 2014 hatten sie 31,1% erkämpft.

Der von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAP) geführte Mitte­Links-Block aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei verfügt nur noch über ein Mandat mehr als der Block einer bürgerlichen Allianz aus Konservativen, Christdemokraten, Liberalen und Zentrumspartei.

Eindeutiger Wahlsieger waren die rechtsnationalen oder rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD), die mit ihren 62 Mandaten dafür sorgen, dass weder das rot-grüne Lager noch die bürgerliche Allianz (144 beziehungsweise 143 Sitze) eine Mehrheit erreichen kann. Vor acht Jahren bei 6% und vor vier Jahren bei 13% liegend, haben sie mit einem Resultat von 17,6% einen neuerlichen deutlichen Zuwachs verbucht. Von einer Randerscheinung sind sie zu einem gewichtigen Faktor der schwedischen Politik avanciert. Mit ihrer nun erlangten Stärke kommt ihnen die Rolle des Züngleins an der Waage zu. Sie können die Politik jeder Regierung, komme sie nun aus dem rot-grünen oder aus dem bürgerlichen Lager, nahezu unmöglich machen. Aufgrund ihrer Herkunft aus dem rechtsextremen Umfeld der späten 1980er Jahre will von den übrigen Parlamentsparteien mit ihnen allerdings bisher niemand etwas zu tun haben, weder direkt als Koalitionspartner noch indirekt.

Eine Auflösung des politischen Patts ist bislang nicht erkennbar. Für eine handlungsfähige Regierung braucht es entweder eine Zusammenarbeit zwischen den beiden großen Blöcken. Oder die regierende Minderheit muss auf die Unterstützung der Schwedendemokraten zurückgreifen. Zwei Wochen nach der Wahl hat Schwedens Regierungschef Stefan Löfven die Vertrauensabstimmung im Parlament verloren. Er wird die Regierung trotzdem kommissarisch weiter führen, bis Koalitionsverhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind.

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