24. Dezember 2023 Franziska Wiethold: Erinnerungen an Detlef Hensche (13.9.1938–13.12.2023)

Sich neuen Bewegungen und Fragen stellen

Detlef Hensche ist tot – er starb am 13.12.2023 im Alter von 85 Jahren. Es fällt schwer, ihn angemessen zu würdigen.

Was zeichnete ihn besonders aus: sein Intellekt, seine brillante Rhetorik, seine Integrität, seine tiefe Verbundenheit mit abhängig Beschäftigten, sein Kampf für Menschenwürde und gegen die herrschenden Machtverhältnisse, seine Fröhlichkeit und Liebenswürdigkeit? Er stand für all das gleichermaßen – und das macht ihn so einzigartig.

»Als ich 1969 beim WSI – dem wissenschaftlichen Institut des DGB – anfing, war mir das von der sozialen Herkunft her nicht vorgezeichnet. Ich stamme aus einem bürgerlichen Elternhaus.« So beschreibt er sich selber. Nach den juristischen Staatsexamina und anschließender Promotion standen ihm viele Karrierewege offen. Aber er hatte sich schon als Schüler – auch angeregt durch seine Mutter – gegen die Wiederaufrüstung, gegen den blinden Antikommunismus und die Illiberalität der Adenauer-Zeit engagiert.

Bereits mit 25 Jahren trat er 1963 in die SPD ein. Die 68er-Zeit – vor allem der Kampf gegen die Notstandsgesetze – gab ihm einen letzten Anstoß. Auch die Gewerkschaften öffneten sich teilweise dieser jungen kritischen Generation. So kam er zusammen mit anderen Wissenschaftlern zum WSI, das neue Themenfelder wie Zukunftsforschung, Humanisierung der Arbeit neu besetzte. Auch die Diskussion über Alternativen zum Kapitalismus war nicht mehr tabu. Detlef Hensche wurde außerdem Betriebsratsvorsitzender und setzte mit anderen eine Institutsreform im WSI durch, mit der alte Hierarchien abgeschafft wurden.

Der damalige DGB-Vorsitzende Heinz Oskar Vetter – einer seiner Kontrahenten in dieser Auseinandersetzung – holte Detlef Hensche trotzdem (oder deswegen?) 1971 zum DGB und machte ihn zum Leiter der Grundsatzabteilung. [...]

Franziska Wiethold war seit 1972 als hauptamtliche Gewerkschafterin beim DGB, bei der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) und zuletzt bei ver.di (mit dem Schwerpunkt Handel) aktiv, seit 2006 ist sie im (Un)Ruhestand. 2021 schrieb sie das Supplement zu Heft 12-2021 von Sozialismus.de: »Wie ernst nimmt Sahra Wagenknecht die soziale Frage?«

Beide vollständigen Nachrufe zusammen als pdf-Datei!

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