25. April 2022 Stephan Krull: Kein Aufstand bei der Betriebsratswahl im VW-Konzern

Solidarität und Sicherheit

Die IG Metall geht – allen Unkenrufen zum Trotz – gestärkt aus der Betriebsratswahl im VW-Konzern hervor. Mit einer Wahlbeteiligung zwischen 60 und 70% trotz vielwöchiger Kurzarbeit und teils zweijährigem Home-Office in den Büros wurde ein deutlich demokratisches Zeichen gesetzt.

Sie lag in etwa auf dem Niveau der vorhergehenden Betriebsratswahl und übersteigt die Wahlbeteiligung bei mancher Landtags- und Kommunalwahl. Entsprechend hoch ist die Legitimation der Betriebsräte. Die IG Metall gewann 349 von 377 Mandaten in den Werken von VW und Audi.

Warum das so ist und warum Berufspolitiker sich davon eine dicke Scheibe abschneiden könnten, beschreibt ein gewerkschaftlicher Vertrauensmann aus dem Werk Zwickau durchaus selbstkritisch: »Es war ein harter Kampf, dem wir uns vier Jahre lang gestellt haben. Wir haben Konzepte entwickelt, wie wir uns im Betrieb neu ausrichten, wie wir wieder präsenter werden; und das wichtigste: Wie bekommen wir wieder das Vertrauen unserer Mitglieder zurück. Verschiedene Schulungskonzepte für unsere Vertrauensleute wurden entwickelt, wir haben viel mit unseren Kolleginnen und Kollegen gesprochen, im Betrieb und an den Toren. Wir waren auch in schwierigen Zeiten als Ansprechpartner vor Ort und haben uns den Fragen gestellt und gemeinsam um Lösungen gerungen. Das und vieles mehr hat letztendlich zu diesem tollen Ergebnis geführt. Aber diesem Vertrauen müssen wir jetzt auch gerecht werden.«

Ein Spektakel wurde herbeifabuliert

Das öffentliche Interesse an Betriebsratswahlen ist oft regional begrenzt. Bei VW als einem der größten Konzerne der Autoindustrie mit spezieller Vergangenheit, dem VW-Gesetz und der Beteiligung des Landes Niedersachsen geht das Interesse weit darüber hinaus. Es geht um gut 250.000 Beschäftigte bei VW, Audi, Porsche und MAN in Deutschland. Hinzu kommt, dass mit Daniela Cavallo in Nachfolge von Klaus Volkert und Bernd Osterloh erstmals eine Frau als Betriebsratsvorsitzende antrat. Aus verschiedenen Gründen wurde bei dieser Betriebsratswahl ein Spektakel herbeigeredet. Daniela Cavallo selbst berichtet in einem persönlichem Statement am Auszählungstag, dass sie als Tochter italienischer Einwanderer unter genauer Beobachtung stand: »Seit einem Jahr werden alle Reaktionen immer im Vergleich mit meinem Vorgänger Bernd Osterloh bewertet. Es ging auch um die Frage, ob die Belegschaft mich als Frau an der Spitze des Betriebsrates unterstützt.«[1]

Stephan Krull war langjähriger Betriebsrat bei Volkswagen in Wolfsburg und ist jetzt Koordinator des Gesprächskreises »Zukunft Auto.Umwelt.Mobilität« der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

[1] WAZ-Online, 25.3.2022.

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