25. September 2019 Otto König/Richard Detje: Im Windschatten des Abschwungs: Arbeitgeber-Angriffe auf Mitbestimmung und Flächentarifverträge

Sozialpartnerschaft ade?

In den zurückliegenden Jahren kannte die deutsche Wirtschaft nur eine Richtung: nach oben. Seit Wochen nehmen jedoch die negativen Nachrichten zu – von einem »Stimmungswechsel« in den Betrieben ist die Rede.

Autokonzerne und Zulieferer haben ihre Prognosen für das laufende Jahr gesenkt. Unternehmen warnen Anleger vor Gewinneinbrüchen. Täglich gibt es neue Hiobsbotschaften: Sie reichen von Produktionskürzungen über Kurzarbeitsanzeigen bis zu Personalabbau und Werksschließungen. Industriekonzerne wie thyssenkrupp und Siemens, aber auch Finanzdienstleister wie die Deutsche Bank und die Commerzbank wollen tausende Stellen streichen. Zulieferbetriebe der Automobilindustrie sind ins Schlingern geraten.

Der konjunkturelle Abschwung hat vor allem Deutschlands industrielle Schlüsselbranche – die Metall- und Elektroindustrie – erfasst. Nach einem Rückgang um 1,6% im ersten Quartal ist die Produktion auch im zweiten Jahresviertel um 2,4% zum Vorquartal gesunken. In den kommenden Monaten droht sich diese Negativentwicklung zu verstärken. Denn noch mehr als die Produktion sind die Auftragseingänge eingebrochen: im 1. Halbjahr 2019 (gg. 1. Hj. 2018) um 6,2%, in der Metallerzeugung und -bearbeitung sogar um 10,6% (Abbildung 1). »Lange freute sich die Branche, die rund vier Millionen Menschen beschäftigt, über volle Auftragsbücher. Doch damit ist es vorerst vorbei: Im Juli gaben 30 Prozent der Unternehmen einen ›Auftragsmangel« als Hauptgrund für Produktionsbehinderungen an«, schreibt das Handelsblatt (9.8.2019).

Eine aktuelle Umfrage der IG Metall-Bezirksleitung Stuttgart untermauert diese Entwicklung: 36,7% der befragten Betriebsräte[1] bewerten die Lage in den baden-württembergischen Unternehmen als schlecht, 7,8% sogar als sehr schlecht. Nur in wenigen Betrieben wird sie noch als gut (12,7%) oder sehr gut (3%) beschrieben – Ende letzten Jahres waren es noch 34,9 bzw. 17,8% gewesen. Vor allem im Maschinenbau überwiegt die Skepsis: 54,3% der Betriebsratsgremien sehen die Auftragslage als schlecht und 14,3% als sehr schlecht an. Im Automobil- und Zuliefererbereich stellt sich die Lage mit 34,9% (schlecht) und 16,3% (sehr schlecht) nur wenig besser dar. Jeder zweite Betriebsrat erwartet für die nächsten drei bis sechs Monate eine weitere Verschlechterung (s.a. Abbildung 2).

Otto König ist Mitherausgeber, Richard Detje Redakteur von Sozialismus.de.

[1] IG Metall Bezirksleitung Stuttgart: Wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Lage und Aussichten. 12. Stimmungsbarometer, September 2019. An der Umfrage haben sich im Zeitraum vom 2. bis 11.9. etwa 200 Betriebsräte aus dem gesamten Organisationsbereich der IG Metall im Bezirk Stuttgart beteiligt.

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