28. August 2023 Thomas Jaitner
Spanisches Wahldrama in zwei Akten
Das Wahldrama in zwei Akten endete nicht mit dem befürchteten Durchmarsch der Rechten. Die Volkspartei PP kann weder allein noch im Bündnis mit der rechtsradikalen VOX die Regierung bilden.
Das ist die gute Nachricht. Es ist ein Patt entstanden zwischen einem rechten und einem linken Block, und die Frage bleibt offen, wie es sich auflösen wird.
Der unerwartet hohe Wahlsieg des rechten Blocks im Mai
Die Regional- und Kommunalwahlen im Mai endeten mit einem klaren Sieg der rechten Parteien, der in dieser Höhe selbst von ihnen nicht erwartet worden war. Entscheidend war, dass nicht nur die PP nach mehreren dürren Jahren die Stimmen der mittlerweile untergegangenen Partei Ciudadanos auf sich vereinigen konnte und meist gewählte Partei wurde. Auch VOX verbesserte sich und verdoppelte ihre Stimmen im Vergleich zu 2019 sogar. Die PP stellt nun in 12 der 17 autonomen Regionen den Ministerpräsidenten. Von besonderer Bedeutung war die Eroberung der Region Valencia: Es handelt sich hier um die viertgrößte Region, sie liegt im Zentrum der spanischen Mittelmeerküste und ist ein wirtschaftlicher Wachstumsraum, was vor allem an der neuen VW-Batteriefabrik in Sagunt deutlich wird. Zudem ist es das Stammland der PP-Korruptionsskandale, weswegen die Partei dort in den beiden vorausgegangenen Wahlen 2015 und 2019 deutlich abgestraft worden war. Auch in den meisten großen Städten stellt die PP nun den Bürgermeister. Unter den 10 größten Städten sind es allein sieben, lediglich Barcelona, Las Palmas und Bilbao fallen aus dem Rahmen.
Nach dem Wahlsieg kamen die rechten Parteien bei der Regierungsbildung rasch zur Sache. In Valencia ging es besonders schnell: Schon Mitte Juni wurde die neue Regionalregierung gewählt, eine Koalition aus PP und VOX. Sie sollte ein Signal sein für ähnliche Koalitionsvereinbarungen in anderen Regionen und auch in vielen Kommunen. Mittlerweile gibt es bereits fünf PP-VOX-Regionalregierungen.
Für die Linke war die Mai-Wahl ein Desaster, dies gilt für die PSOE, aber vor allem für Unidas Podemos. Während die PSOE 400.000 Stimmen verlor und von Platz eins verdrängt wurde, ging UP in einigen Regionen regelrecht unter. Dies geschah vor allem in Madrid und Valencia, wo sie unter der 5%-Hürde blieb und nicht mehr im Regionalparlament vertreten ist. Immerhin ging sie in Valencia als regionale Regierungspartei ins Rennen. Schmerzhaft war auch, dass in Barcelona und Cadiz die letzten beiden Bürgermeisterposten in Großstädten verloren wurden.
2015 hatte die Linke die Stadtspitzen in vier der fünf größten Städte übernommen, in Madrid, Barcelona, Valencia und Zaragoza, und große Erwartungen an eine Erneuerung der Kommunalpolitik geweckt. Das Hauptproblem bestand diesmal darin, dass viele linke Wähler*innen zu Hause geblieben waren.
Das Desaster war umso dramatischer, wenn man bedenkt, dass die konjunkturellen Daten Spaniens recht gut sind, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt.
Thomas Jaitner lebt in Köln. In Heft 4/2022 schrieb er über »Heißer Herbst in Spanien«.