26. April 2017 Christoph Butterwegge: Zum Fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Verschleierung des Reichtums, Verharmlosung der Armut

Nach monatelangen Verzögerungen, die nicht zuletzt in Meinungsverschiedenheiten zwischen CDU/CSU und SPD wurzelten, liegt der Armuts- und Reichtumsbericht dieser Bundesregierung seit dem 12. April 2017 vor.

Erst im Oktober 2016 hatte das von Andrea Nahles (SPD) geleitete Arbeits- und Sozialminis­terium seinen ursprünglichen Berichtsentwurf zur ersten Ressortabstimmung an die übrigen Ministerien weitergeleitet. Ihm folgten aufgrund der Einwände des Bundeskanzleramtes und des Finanzministeriums, beide von Unionspolitikern geführt, zwei weitere Entwurfsfassungen, bevor am 23. März 2017 die endgültige Ressortabstimmung begann und das mehr als 600 Seiten umfassende Dokument ausgerechnet in der Woche vor Ostern, als eine geringe Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit dafür garantiert war, im Bundeskabinett beschlossen wurde.


Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministerien

Einwände des Bundeskanzleramtes und des Finanzministeriums hatten eine Streichung zentraler Aussagen des ursprünglichen Berichtsentwurfs zur Folge. Beanstandet wurden Passagen, in denen es um die Negativeffekte der sozialen Ungleichheit, die Notwendigkeit einer Behebung der Verteilungsschieflage, die Möglichkeit der Einflussnahme wohlhabender Bevölkerungsgruppen auf politische bzw. Regierungsentscheidungen und die Beeinträchtigung der politischen Repräsentation durch eine sinkende Wahlbeteiligung armer Bevölkerungsschichten ging.

Daraufhin entfielen die theoretischen Überlegungen zum Verhältnis von Armut, Reichtum und (repräsentativer) Demokratie. Gestrichen wurde das »Einfluss von Interessensvertretungen und Lobbyarbeit« überschriebene Unterkapitel, zusammengestrichen das Ergebnis einer Untersuchung, wonach die Wahrscheinlichkeit für eine Politikänderung wesentlich höher ist, wenn diese von vielen Befragten mit höherem Einkommen unterstützt wird.

Christoph Butterwegge ist Armutsforscher, Professor für Politikwissenschaft im Ruhestand an der Universität zu Köln, Mitglied der Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt).

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